rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Termins- oder Erledigungsgebühr bei sofortigem Erlass eines Abhilfebescheids nach Klageerhebung und Erklärung der Erledigung der Hauptsache

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Wurde sofort nach Klageerhebung vom FA ein Abhilfebescheid erlassen und einvernehmlich die Erledigung der Hauptsache erklärt, so steht dem Bevollmächtigten weder eine Termins- noch eine Erledigungsgebühr zu, wenn keine mündliche Verhandlung stattgefunden hat und der Berichterstatter des FG lediglich einen Kostenbeschluss (gemäß § 79a Abs. 1 Nr. 3 FGO) erlassen hat.

2. Für das Entstehen einer Erledigungsgebühr reicht die bloße Teilnahme des Rechtsanwalts an der formellen Beendigung des Verfahrens nicht aus. Der Rechtsanwalt muss vielmehr eine besondere, auf die Beilegung der Sache ohne Entscheidung des Gerichts abzielende Tätigkeit entfaltet haben; das ist nicht der Fall, wenn das FA allein aufgrund der Klageschrift dem Klagebegehren entspricht.

 

Normenkette

FGO § 79a Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2, 4, § 90a Abs. 2, § 138 Abs. 2; Vergütungsverzeichnis zum RVG Nrn. 3302, 1002

 

Tenor

Die Erinnerung wird zurückgewiesen. Die Kosten des Verfahrens werden der Erinnerungsführerin auferlegt. Gerichtsgebühren werden nicht erhoben.

 

Tatbestand

Die Erinnerungsführerin erhob am 14.7.2005 gegen das Finanzamt L… Klage unter dem Aktenzeichen 3 K 1114/05. Nach Eingang der Klagebegründung am 25.8.2005 teilte das Finanzamt mit Schreiben vom 30.9.2005 mit, dass die angefochtenen Verwaltungsakte geändert worden seien und der Rechtsstreit für erledigt erklärt werde. Die Erinnerungsführerin schloss sich der Erledigungserklärung an. Die Kosten des Verfahrens 1 K 1114/05 werden dem dortigen Beklagten auferlegt. Mit Beschluss vom 6.4.2006 hat die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle die zu erstattenden Kosten auf 180,96 EUR festgesetzt. Sie lehnte dabei insbesondere den Ansatz einer Terminsgebühr und einer Erledigungsgebühr ab.

Mit ihrer Erinnerung vom 27.4.2006, der die Urkundsbeamtin nicht abgeholfen hat, macht die Erinnerungsführerin geltend, dass ihr eine Terminsgebühr nach Vergütungsverzeichnis – VV – Nr. 3104 und eine Erledigungsgebühr nach VV Nr. 1003 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz – RVG – zustehe. Es liege eine Entscheidung gemäß § 79a Abs. 1 und 2 in Verbindung mit § 90a Finanzgerichtsordnung – FGO – vor. Nach der Rechtsprechung des Finanzgerichts Baden-Württemberg werde die Kostenentscheidung dem Bereich des § 79a Abs. 1 Nr. 3 FGO zugeordnet. Nach Ansicht des Finanzgerichts Münster handele es sich bei dieser Kostenentscheidung um einen Fall des § 79a Nr. 5 FGO. Gemäß § 79a Abs. 2 S. 1 FGO könne der Vorsitzende ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid gemäß § 90a FGO entscheiden. Gemäß § 79a Abs. 4 FGO könne dies auch der Berichterstatter. Daher könne eine 1, 2fache Terminsgebühr abgerechnet werden. Denn gemäß VV 3202 entstehe die Gebühr auch, wenn gemäß § 79a Abs. 2, § 90a oder 94a FGO ohne mündliche Verhandlung entschieden werde.

Zudem habe sie eine Erledigungsgebühr verdient. Die Erinnerungsführerin verweist insoweit auf einen von ihr in Kopie vorgelegten Anwaltskommentar zu VV 1000.

Die Erinnerungsführerin beantragt sinngemäß,

den Beschluss vom 6.4.2006 im Verfahren 3 K 1114/05 dahingehend abzuändern, dass zu ihren Gunsten eine Terminsgebühr und eine Erledigungsgebühr festgesetzt wird.

Der Erinnerungsgegner beantragt,

die Erinnerung abzuweisen.

Der Erinnerungsgegner ist der Erinnerung entgegengetreten. Er trägt im Wesentlichen vor, dass die Kostenentscheidung im vorbereitenden Verfahren nach § 79a Abs. 1 FGO ergangen sei. Diese Kostenentscheidung stelle jedoch keinen Gerichtsbescheid dar. Eine Erledigungsgebühr sei nicht verdient worden, weil der Bevollmächtigte der Erinnerungsführerin keine wesentliche Mitwirkung bei der Erledigung erbracht habe. Das Finanzamt habe dem Klagebegehren ohne weiteres in vollem Umfang entsprochen.

 

Entscheidungsgründe

Die Erinnerung ist unbegründet. Der Erinnerungsführerin steht weder eine Terminsgebühr noch eine Erledigungsgebühr zu.

Eine Terminsgebühr nach VV 3302 zum RVG erhält der Rechtsanwalt für die Vertretungen in einem Verhandlungs-, Erörterungs- oder Beweisaufnahmetermin oder für die Wahrnehmung eines von einem gerichtlich bestellten Sachverständigen anberaumten Termins oder für die Mitwirkung an einer auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechung ohne Beteiligung des Gerichts. Die vertretungsbereite Teilnahme des Rechtsanwalts an den genannten Terminen reicht für die Entstehung der Gebühr aus. Für das finanzgerichtliche Verfahren sieht VV 3202 II die Besonderheit vor, dass die Terminsgebühr auch dann entsteht, wenn gemäß § 79a Abs. 2 FGO ohne mündliche Verhandlung entschieden wird (vergleiche – vgl. – zum Ganzen Stapperfend in Gräber, Kommentar zur FGO, 6. Auflage München 2006, § 139 Randziffer – Rz. – 64 fortfolgende).

Ein Hauptsacheerledigungsbeschluss, der wie vorliegend nach § 79a Abs. 1 FGO ergangen ist, kann nicht unter VV 3202 subsumiert werden. Weder h...

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