rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufhebung der Vollziehung des bereits vollzogenen und vollstreckten Einkommensteuerbescheids 1999 bezüglich darin besteuerter Wertpapier-Spekulationsgeschäfte. Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (§ 69 FGO). Einkommensteuer 1999
Leitsatz (redaktionell)
Es bestanden im Hinblick auf die Rechtsprechung des BVerfG zum strukturellen Vollzugsdefizit bereits vor dem Jahr 2001 ernstliche, die nachträgliche Aufhebung der Vollziehung (auch bezüglich entstandener Säumniszuschläge und vom FA vorgenommener oder erwirkter Vollstreckungsmaßnahmen) rechtfertigende Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines Einkommensteuerbescheids, in dem für den Veranlagungszeitraum 1999 private Veräußerungsgeschäfte aus Wertpapiergeschäften „Spekulationsgewinne”) besteuert wurden.
Normenkette
EStG 1999 § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Buchst. b; GG Art. 3 Abs. 1; FGO § 69 Abs. 3 Sätze 1, 3, Abs. 2 S. 2, Abs. 4 S. 1; AO 1977 §§ 218, 240
Tenor
Die Vollziehung des Einkommensteuerbescheides 1999 vom 22.11.2001 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 02.10.2003 wird (zusätzlich zu der vom Finanzamt gewährten Aufhebung der Vollziehung) für die Zeit vom 28.12.2001 bis 10.06.2003 aufgehoben, und zwar insbesondere hinsichtlich der verwirkten und nicht erlassenen Säumniszuschläge und der vom Antragsgegner vorgenommenen oder erwirkten Vollstreckungsmaßnahmen.
Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Antragsgegner auferlegt.
Tatbestand
Die Antragsteller wurden mit Bescheid des Antragsgegners vom 10.05.2001, der gemäß § 164 Abs. 1 Abgabenordnung –AO –unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erging, für das Streitjahr 1999 als Ehegatten zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.
Am 22.11.2001 erließ der Antragsgegner einen geänderten Einkommensteuerbescheid für 1999, in dem er die von den Antragstellern erklärten Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften (Spekulationsgewinne) in Höhe von 7.055.938 DM als Besteuerungsgrundlagen berücksichtigte. In dem Bescheid wurden nunmehr die Einkommensteuer 1999 auf 4.030.574 DM, der Solidaritätszuschlag auf 215.788,70 DM sowie Zinsen gemäß § 233 a AO auf 131.149 DM festgesetzt und die Antragsteller aufgefordert, bis zum 27.12.2003 die in dem Verwaltungsakt aufgeführten Zahllasten zu begleichen.
Dagegen erhoben die Antragsteller mit Schreiben vom 21.12.2001 Einspruch und beantragten zugleich die einstweilige Aussetzung der Vollsteckung der festgesetzten Steuern. Dies behandelte der Antragsgegner als Antrag auf Aussetzung der Vollziehung, den er am 10.01.2002 ablehnte.
Im Zusammenhang mit den danach vom Antragsgegner durchgeführten Vollstreckungsmaßnahmen entstanden Vollstreckungskosten für die Eintragung von Sicherungshypotheken in Grundstücke der Antragsteller, für Mietzinspfändungen sowie für die Mobiliarvollstreckung am 31.05.2002.
Mit dem am 02.07.2002 vom Antragsgegner erlassenen Einkommensteuerbescheid für 1999 reduzierte sich die Steuerschuld zugunsten der Antragsteller aufgrund der Verrechnung mit Verlusten aus Spekulationsgeschäften aus dem Jahre 2000, so dass sich für die Antragsteller geringere Zahllasten ergaben.
Dagegen legten die Antragsteller wiederum Einspruch ein und beantragten ferner am 29.08.2002 die Aussetzung der Vollziehung sowie hinsichtlich der bisher schon geleisteten Zahlung die Aufhebung der Vollziehung. Zur Begründung beriefen sie sich auf den Vorlagebeschluss des Bundesfinanzhofes –BFH –vom 16.07.2002 an das Bundesverfassungsgericht –BVerfG –zum Aktenzeichen IX R 62/99 (Bundessteuerblatt –BStBl. –II 2003, 74) wegen der Frage der Vereinbarkeit des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 lit. b Einkommensteuergesetz –EStG –in der für den Veranlagungszeitraum 1997 maßgeblichen Fassung mit dem Grundgesetz. Durch Bescheid vom 06.09.2002 lehnte der Antragsgegner die Aussetzung der Vollziehung weiterhin ab.
Nach Ergehen eines weiteren Änderungsbescheides vom 05.09.2002 zur Einkommensteuer 1999 verfügte der Antragsgegner am 24.09.2002 das Ruhen des Einspruchsverfahrens und erließ am 11.11.2002 einen Abrechnungsbescheid nach § 218 Abs. 2 AO über entstandene Säumniszuschläge zur Einkommensteuer und zum Solidaritätszuschlag 1999. Danach beträgt die Summe der verwirkten Säumniszuschläge zur Einkommensteuer 1999 insgesamt 124.888,75 EUR und zum Solidaritätszuschlag 1999 insgesamt 3.982,72 EUR. Gegen den Abrechnungsbescheid wandten sich die Antragsteller mit Einspruch vom 11.12.2002, über den der Antragsgegner noch nicht entschieden hat.
Auf den am 02.12.2002 erneut geänderten Einkommensteuerbescheid 1999 mit wiederum anderen Zahllasten hin, begehrten die Antragsteller den Erlass von Säumniszuschlägen und Vollstreckungskosten. Dies lehnte der Antragsgegner bis auf Säumniszuschläge in Höhe von 13.590 EUR für Rückstände ab 24.06.2002 ab, wogegen sich die Antragsteller mit einem als Einspruch zu behandelnden Rechtsbehelf wandten, über den noch nicht entschieden ist.
Am 22.07.2003 erging an die Antragsteller nochmals ein geänderter Einkommensteuerbescheid für 1999. Nach...