rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Bestimmung des Kindergeldberechtigten i. S. des § 64 Abs. 2 Satz 1 EStG; Voraussetzung für die Anwendung des § 78 Abs. 5 Satz 1 EStG. Familienleistungsausgleich
Leitsatz (amtlich)
1. Mit der Trennung von Eheleuten wird eine Bestimmung des Kindergeldberechtigten i. S. des § 64 Abs. 2 Satz 1 EStG hinfällig.
2. Für die Auszahlung des Kindergeldes ist allein die Frage maßgebend, ob die berechtigten Eltern zusammenleben, und wenn das nicht der Fall ist, in wessen Haushalt die Kinder aufgenommen worden sind.
3. Die Voraussetzung der Anwendung des § 78 Abs. 5 Satz 1 EStG, dass „die Kinder die Voraussetzungen ihrer Berücksichtigung weiterhin erfüllen”, ist so zu verstehen, dass die Kinder die Voraussetzungen ihrer Berücksichtigung bei dem nach dem Recht der DDR Berechtigten weiterhin erfüllen. Dies ist nicht der Fall bei einer Änderung der Verhältnisse, insbesondere wenn die Kinder oder der betreffende Berechtigte den gemeinsamen Haushalt verlassen.
Normenkette
EStG § 64 Abs. 2, § 78 Abs. 5
Tenor
1. Der Aufhebungsbescheid vom 29. Mai 1996 wird insoweit aufgehoben, als der Kläger zur Rückzahlung eines DM 800,00 übersteigenden Betrages verpflichtet wird. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger zu 17 % und der Beklagte zu 83 % zu tragen.
3. Die Kostenentscheidung ist für den Kläger ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungspruchs des Klägers abwenden, soweit nicht der Kläger zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
Der Kläger erhielt aufgrund des Bescheides vom 01. Januar 1992 Kindergeld für seine beiden ehelichen Kinder. Das Kindergeld betrug unter Berücksichtigung eines Zählkindes im Jahr 1996 DM 500,00 und im Jahr 1997 DM 520,00 pro Monat. Da das Zählkind bei der Ehefrau des Klägers nicht zu berücksichtigen ist, hätte diese im Jahr 1996 nur DM 400,00 und im Jahr 1997 nur DM 440,00 Kindergeld pro Monat erhalten.
Im August 1996 trennte der Kläger sich von seiner Ehefrau, ohne daß jedoch konkrete Scheidungsabsichten bestanden. Die gemeinsamen Kinder lebten fortan bei der Ehefrau des Klägers; der Kläger leistete Unterhaltszahlungen für die Kinder an seine Ehefrau und leitete das erhaltene Kindergeld an Sie weiter. Die Ehefrau des Klägers bestätigte diesen Umstand durch eine schriftliche Bescheinigung, die dem Beklagten zuging.
Mit dem angefochtenen Bescheid hob der Beklagte den Bescheid über die Kindergeldfestsetzung auf und ordnete die Rückzahlung des seit dem 01. September 1996 gezahlten Kindergeldes in Höhe von insgesamt DM 4.600,00 an. Im Juni 1997 beantragte die Ehefrau des Klägers, ihr das Kindergeld auszuzahlen.
Der Kläger ist der Auffassung, daß der angefochtene Bescheid rechtswidrig sei. Er trägt vor, daß seine Ehefrau und er übereingekommen gewesen seien, daß er das Kindergeld erhalten solle. Durch die Trennung der Eheleute, die erst im September 1996 stattgefunden habe, habe sich daran nichts geändert. Erst der Antrag seiner Ehefrau vom Juni 1997 führt seiner Ansicht nach dazu, daß das Kindergeld nunmehr an diese auszuzahlen sei.
Der Kläger trägt weiter vor, daß er seine Mitwirkungspflicht nicht verletzt habe. Er meint, nicht verpflichtet gewesen zu sein die u.U. nur zeitweilige Trennung von seiner Ehefrau anzuzeigen. Selbst wenn er dazu verpflichtet gewesen sei, macht er geltend, daß er mündlich die Personalverwaltung des Beklagten umgehend von der Trennung von seiner Ehefrau und den Kindern informiert gehabt habe, weil er für seine Unterhaltszahlungen eine Verdienstbescheinigung benötigt habe. Auch habe er im Januar 1997 seine Lohnsteuerklasse ändern lassen. Danach sei der Beklagte verpflichtet gewesen, ihn auf seine Mitwirkungspflicht hinsichtlich der Familienkasse hinzuweisen.
Der Kläger beantragt,
den Aufhebungsbescheid vom 29. Mai 1996 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 01. Juli 1997 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung erklärt, daß er auf die Rückforderung von DM 3.800,00 verzichte.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, aber nur zum Teil begründet.
Der Beklagte kann von dem Kläger nur DM 800,00 zurückfordern.
Allerdings steht das Kindergeld gemäß § 64 Abs. 2 Satz 1 EStG seit September 1996 – in der wegen Nichtberücksichtigung des Zählkindes verminderten Höhe – der Ehefrau des Klägers zu. Seit Anfang September lebten die Kinder im Haushalt der Ehefrau. Sofern der Kläger im Klageverfahren vorgetragen hat, daß die Trennung der Eheleute erst im September 1996 stattgefunden habe, hat er dafür keine Nachweise erbracht. Der Senat geht daher davon aus, daß der Kläger und seine Ehefrau – wie der Kläger im Einspruchsverfahren selbst erklärt hatte – bereits seit August 1996 getrennt lebten.
Dem steht nicht entgegen, daß die Eheleute zur Zeit ihres Zusammenlebens den Kläger als den Berechtigten i.S.d. § 64 Abs. 2 Satz 2 EStG bestimmt ha...