rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer 1993

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 10.10.1996; Aktenzeichen III R 118/95)

 

Tenor

Der Einkommensteuerbescheid für 1993 vom 27. April 1994 und die Einspruchsentscheidung vom 14. Oktober 1994 werden dahingehend geändert, daß weitere DM 5.649,60 als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen sind.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Beschluß:

Der Streitwert wird festgesetzt auf DM 715,–.

 

Gründe

Die Kläger machten in ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr Aufwendungen für Fahrten geltend, die entstanden waren, weil sie ihr 1987 geborenes Kind C. in den von ihrer Wohnung 12 km entfernten Kindergarten gebracht hatten.

C. besuchte bis zum Sommer 1992 einen von der Wohnung der Kläger nur 2 Minuten Fußweg entfernten Kindergarten. Da bei ihr Sprachstörungen auftraten, riet die Sonderpädagogische Beratungsstelle für Sprach-, Stimm- und Hörgeschädigte S. den Klägern, ihr Kind in einer logopädisch betreuten Kindertagesstätte unterzubringen. Daraufhin wechselte C. im August 1992 in die 12 km von der Wohnung der Kläger entfernte Integrationseinrichtung für sprachgestörte Vorschulkinder in S., die sie bis zum Sommer 1994 besuchte. In dieser Einrichtung waren sowohl nichtbehinderte als auch behinderte Kinder untergebracht, die in verschiedene Gruppen eingeteilt waren, wobei die behinderten Kinder von Logopäden betreut wurden und täglich eine Stunde spezielles Sprachtraining erhielten.

Die Kläger brachten ihre Tochter abwechselnd jeweils morgens in die Integrationseinrichtung und fuhren allein nach Hause bzw. zu ihrer Arbeitsstätte, wobei sie S. wegen der Lage ihrer Arbeitsstätten wieder passieren mußten. Mittags fuhren sie dann abwechselnd von zu Hause bzw. von ihrer Arbeitsstätte in die Integrationseinrichtung und holten C. dort ab und brachten sie nach Hause.

In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1993 setzten die Kläger für die Fahrten zum Kindergarten Fahrtkosten in Höhe von DM 5.649,60 als außergewöhnliche Belastungen an, die sich wie folgt zusammensetzten:

Tägliche Fahrt in die Sprachheilgruppe der Kindertagesstätte … (jeweils wöchentlich Montag-Freitag)

  • 44 Wochen × 5 Tage × 24 km × DM 0,55 = DM 2.904,–
  • 44 Wochen × 5 Tage × 24 km × DM 0,52 = DM 2.745,60

Hierzu fügten sie ein Schreiben der Logopädin Frau T. von der Sonderpädagogischen Beratungsstelle für Sprach-, Stimm- und Hörgeschädigte in S. vom 20. September 1993 bei, in dem es hieß:

„Durch intensive Einzelarbeit einer Logopädin und individuelle Gruppenarbeit mit einer geringeren Gruppenkapazität erlernen die Kinder sehr schnell den normgerechten Sprachgebrauch und schaffen den altersgerechten Einschulungstermin für die Grundschule. Das Kind C. S. erreichte durch diese intensive sprachheilpädagogische Arbeit gute Spracherfolge und braucht bis Juli 1994 noch die Zeit, sich in ihrem Sprachgebrauch stark zu festigen, damit sie den Anforderungen im mündlichen und schriftlichem Spracherwerb in der Schule gewachsen sein wird.”

Der Beklagte lehnte im Einkommensteuerbescheid vom 27. April 1994 die geltend gemachten Fahrtkosten ab und begründete dies damit, daß die Aufwendungen nicht außergewöhnlich und- mit dem Kinderfreibetrag abgegolten seien.

Hiergegen legten die Kläger fristgerecht Einspruch ein. Sie machten geltend, daß durch den Besuch der Integrationseinrichtung sowohl ein altersgerechter Einschulungstermin als auch die Förderung des Spracherwerbs gewährleistet worden sei. Während des Einspruchsverfahrens ist mit Datum vom 30. August 1994 ein Änderungsbescheid wegen anderer, nicht den Gegenstand des Klageverfahrens betreffender Punkte erlassen worden.

Mit Einspruchsentscheidung vom 14. Oktober 1994 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Er begründete dies damit, daß es sich um Aufwendungen für den Besuch eines Kindergartens gehandelt habe, die durch die Gewährung des Kinderfreibetrages abgegolten gewesen seien. Eine außergewöhnliche Belastung sei nicht erkennbar gewesen, da die überwiegende Anzahl von Kindern Kindertagesstätten aufsuche und in zahlreichen Fällen die Eltern längere Anfahrtswege aus den unterschiedlichsten Gründen auf sich nehmen müßten.

Hiergegen wenden sich die Kläger mit ihrer am 11. November 1994 erhobenen Klage. Sie sind der Ansicht, daß die Fahrtaufwendungen aufgrund der Krankheit des Kindes C. entstanden seien. Der Besuch der Integrationseinrichtung habe der Heilung einer bestehenden Krankheit gedient. Eine logopädische Behandlungsmöglichkeit habe in anderen Kindertageseinrichtungen nicht bestanden, so daß die Fahrtkosten durch die Krankheit hervorgerufen worden seien. Der Erfolg dieser Integrationseinrichtung zeige sich darin, daß C. mittlerweile weitgehend gesund sei. Die Kläger beziehen sich des weiteren auf ein ...

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