Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachforderungsbescheid für Lohnsteuer 1991 und Solidaritätszuschlag 1991
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Beschluß:
Der Streitwert wird festgesetzt auf DM 1.624.126,–.
Gründe
Die X… Aktiengesellschaft (X.AG) zahlte im Januar 1991 Jahresendprämien an ihre Arbeitnehmer für den Braunkohlebereich N… in Höhe von DM 7.961.402,– aus. Im Rahmen einer bei der X.AG durchgeführten Lohnsteueraußenprüfung gelangte der Außenprüfer des Beklagten zu der Auffassung, daß die Jahresendprämien der Besteuerung zu unterwerfen seien. Der Außenprüfer ermittelte, nachdem die Klägerin einen Antrag auf Pauschalierung gestellt hatte,unter Anwendung eines Bruttosteuersatzes eine Lohnsteuer von DM 1.353.498,– und unter Anwendung eines Nettosteuersatzes eine Lohnsteuer von DM 1.624.126,–; zugleich hielt er im Prüfungsbericht fest, daß der Nettolohnsteuersatz zur Anwendung käme.
Mit Datum vom 12.03.1992 erließ der Beklagte einen Haftungs- und Nachforderungsbescheid gegen die X.AG und setzte u.a. unter Angabe des Zeitraums 1992 gemäß §§ 40, 40 a, 40 b Einkommensteuergesetz (EStG) Lohnsteuer in Höhe von DM 1.354.143,– und Kirchensteuer in Höhe von DM 17.061,85 (evangelisch) bzw. DM 1.896,– (katholisch) sowie den Solidaritätszuschlag in Höhe von DM 17,60 fest. In diesen Beträgen waren u. a. die auf die Jahressendprämien – unter Anwendung des Bruttosteuersatzes – entfallenden Steuern enthalten.
Hiergegen legte die X.AG fristgerecht Einspruch ein. Sie begründete diesen damit, daß die Jahresendprämien steuerfrei gewesen seien. Die Steuerpflicht sei nicht deshalb entfallen, weil die Auszahlung der Jahresendprämien erst im Jahr 1991 erfolgt sei. Das bundesdeutsche Steuerrecht könne nur auf Tatbestände Anwendung finden, die nach dem 01.01.1991 verwirklicht worden seien. Der Tatbestand in Gestalt der Ausübung nichtselbständiger Arbeit sei hier aber noch in der DDR verwirklicht worden, und zwar zu einem Zeitpunkt, als die Steuerbefreiung des § 3 Abs. 2 Nr. 8 der Verordnung über die Besteuerung des Arbeitseinkommens (AStVO) gegolten habe. Würde man bundesdeutsches Steuerrecht auf die Auszahlung der Jahresendprämien im Jahr 1991 anwenden, so käme es zu einer echten und damit unzulässigen Rückwirkung bundesdeutschen Rechts.
Während des Vorverfahrens wurde die X.AG in die Y… Verwaltungs GmbH (Y.) und die X.AG (neu) aufgespalten.
Mit Schreiben vom 10.11.1994 teilte der Beklagte dem Bevollmächtigten der Y. mit, daß er, der Beklagte, festgestellt habe, daß die Nachforderung der pauschalen Lohnsteuer auf die ausgezahlten Jahresendprämienbeträge entgegen § 40 Abs. 1 Satz 2 EStG nicht zum Nettosteuersatz erfolgt sei. Zugleich wies der Beklagte auf § 367 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) hin.
Nachdem die Y… dem Beklagten mitgeteilt hatte, daß sie den Einspruch nicht zurücknehmen werde, wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 17.11.1995 den Einspruch als unbegründet zurück und setzte die Lohnsteuer durch einen geänderten Nachforderungsbescheid vom 17.11.1995 unter Angabe des Zeitraums 1991 in Höhe von DM 1.624.126,– fest; die Kirchensteuer setzte der Beklagte auf DM 20.463,– (evangelisch) und DM 2.274,– (katholisch) fest. Zur Begründung führte der Beklagte aus, daß nach dem Einigungsvertrag bundesdeutsches Steuerrecht anwendbar sei, das eine Steuerbefreiung von Jahresendprämien nicht vorsehe. Die Anwendung des bundesdeutschen Steuerrechts ergebe sich auch daraus, daß der Zufluß des Arbeitslohns gemäß § 38 a Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 11 EStG erst im Jahr 1991 erfolgt sei. Die Verböserung durch Anwendung des Nettosteuersatzes sei erforderlich gewesen, da die X.AG die sich aufgrund der Außenprüfung ergebende Lohnsteuer übernommen habe. Hiergegen hat die Y. am 19.12.1995 Klage erhoben. Bereits vor Klageerhebung ist die Y. durch Verschmelzung auf die Z…. -Verwaltungsgesellschaft mbH, die Klägerin, übergegangen; die Verschmelzung ist am 22.12.1995 in das Handelsregister eingetragen worden. Zur Begründung der Klage führt nunmehr die Klägerin aus, daß ihre Rechtsvorgängerin, die X.AG, aufgrund von Betriebskollektivverträgen verpflichtet gewesen sei, ihren Arbeitnehmern Jahresendprämien zu gewähren. Da diese Verpflichtung über den 01.07. 1990 hinaus bestanden hätte, seien auch in der zweiten Jahreshälfte 1990 Zuführungen zu einer entsprechenden Rückstellung erfolgt. Die entsprechende Auflösung dieser Rückstellung durch Auszahlung der Jahresendprämien an die Arbeitnehmer im Januar 1991 unterliege der Steuerbefreiung des § 3 Abs. 2 Nr. 8 AStVO. Diese Steuerbefreiungsnorm habe bereits im Jahre 1990 den Steuergegenstand im Sinne des § 2 EStG eingegrenzt und bewirkt, daß die im Jahr 1990 ausgeübte nichtselbständige Tätigkeit der Arbeitnehmer nicht steuerpflichtig gewesen sei und daher auch durch Auszahlung im Jahr 1991 nicht steuerpflichtig habe werden können. Daß nicht der Zahlungszeitpunkt, sondern die Ausübung der Tätigkeit – und damit das Jahr 1990 – entscheidend sei, ergebe sich auch aus den Vorschriften de...