Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsschutz gegen die Festsetzung eines Verspätungszuschlags nach unzureichend begründeter Aufforderung zur vorzeitigen Abgabe einer Steuererklärung
Leitsatz (redaktionell)
1. Ob die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Festsetzung eines Verspätungszuschlags erfüllt sind, ist eine von den Gerichten voll überprüfbare Rechtsentscheidung.
2. Hat sich ein an einem Begründungsmangel leidender Verwaltungsakt (hier die Aufforderung zur vorzeitigen Abgabe der Umsatzsteuererklärung) vor der Einlegung des Einspruchs durch Zeitablauf oder in sonstiger Weise erledigt, ist eine Heilung nicht mehr möglich, da die Heilung einen wirksamen Verwaltungsakt voraussetzt.
3. Ein Einspruch zur Feststellung der Rechtswidrigkeit eines erledigten Verwaltungsakts, ein sog. Fortsetzungsfeststellungseinspruch, ist nicht statthaft.
4. Die Frage der Rechtswidrigkeit der Aufforderung zur vorzeitigen Abgabe einer Steuererklärung kann ohne weiteres als Vorfrage bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit des Verspätungszuschlags geprüft werden.
Normenkette
AO § 152 Abs. 1, § 124 Abs. 2, § 126 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2
Tenor
Der Bescheid über die Festsetzung eines Verspätungszuschlages zur Umsatzsteuer 2015 vom 12. Dezember 2016 sowie die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 28. März 2017 werden aufgehoben.
Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten sich über die Rechtmäßigkeit der Festsetzung eines Verspätungszuschlages
Die Klägerin wurde im Jahr 1994 gegründet. Unternehmensgegenstand war und ist ausweislich der Eintragung im Handelsregister B des Amtsgerichts Stendal (HRB) u.a. der Betrieb eines Landmaschinenhandels.
Die Klägerin war im Streitjahr 2015 steuerlich beraten.
Am 26. Februar 2016 versandte der Beklagte an den steuerlichen Vertreter der Klägerin für diese ein nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehenes Schreiben mit Überschrift „Abgabe von Steuererklärungen 2015”. Er führte hierin aus, dass Steuererklärungen nach § 149 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) bis zum 31. Mai des dem Veranlagungszeitraum oder Feststellungszeitpunkt folgenden Kalenderjahres einzureichen seien. Diese Frist werde allgemein bis zum 31. Dezember verlängert, wenn die Steuererklärungen von einem Angehörigen der steuerberatenden Berufe erstellt würden. In bestimmten Fällen können die Steuererklärungen auch vor dem 31. Dezember vom Finanzamt angefordert werden. Es folgte der Satz „Im Hinblick darauf, dass die Arbeitslage im Finanzamt das erfordert Umsatzsteuererklärung 2015 spätestens 31.08.2016 abzugeben”. Ein Verb im Sinne einer wörtlichen Aufforderung war in dem Satz nicht enthalten.
Nachdem die Klägerin hierauf nicht reagierte, drohte der Beklagte mit Bescheid vom 9. November 2016 der Klägerin ein Zwangsgeld i.H.v. 1. EUR für den Fall an, dass die Umsatzsteuererklärung für 2015 nicht bis zum 30. November 2016 beim Beklagten eingehen sollte.
Die Klägerin reichte daraufhin am 17. November 2016 die Umsatzsteuerjahreserklärung beim Beklagten ein, in der sie eine Umsatzsteuer von EUR erklärte und einen Nachzahlungsbetrag von EUR berechnete. Die Erklärung stand damit einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleich.
Mit Bescheid vom 12. Dezember 2016 setzte der Beklagte gegenüber der Klägerin einen Verspätungszuschlag zur Umsatzsteuer für 2015 i.H.v EUR fest. Zur Erläuterung führte er aus, dass der Verspätungszuschlag festgesetzt worden sei, da die Steuererklärung erst am 17. November 2016 beim Beklagten eingegangen sei.
Hiergegen legte die Klägerin am 21. Dezember 2016 Einspruch ein. Zur Begründung führte sie aus, dass sie die Erklärung innerhalb der mit Zwangsgeldandrohung vom 9. November 2016 gesetzten Frist eingereicht habe. Nachdem der Beklagte der Klägerin mitgeteilt hatte, dass die Abgabefrist bereits am 31. August 2016 geendet habe, teilte die Klägerin mit weiterer Begründung vom 1. Februar 2017 mit, dass die Aufforderung vom 26. Februar 2016 zur Abgabe der Steuererklärungen des Jahres 2015 ermessensfehlerhaft gewesen seien. Im Aufforderungsschreiben fehlten gänzlich konkrete und nachprüfbare Ermessenserwägungen warum ausgerechnet die Klägerin zur vorzeitigen Abgabe aufgefordert worden sei. Das Schreiben sei daher hinfällig und es gelte die allgemeine Frist für Steuerberater bis zum 31. Dezember 2016.
Mit Einspruchsentscheidung vom 28. März 2017 wies der Beklagten den Einspruch als unbegründet zurück. In der Begründung führte er im Hinblick auf die vorzeitige Anforderung der Steuererklärungen im Rahmen des Punktes „Verspätungszuschlag dem Grunde nach” aus, dass die vorzeitige Anforderung bestandskräftig geworden sei. Selbst wenn die Anforderung ermessensfehlerhaft gewesen sein sollte, so hätte dieses nur im Rahmen eines even...