rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorweggenommener Werbungskostenabzug bei den Vermietungseinkünften, Erwerb eines zur Bebauung zu gastronomischen Zwecken und zur Verpachtung an den Ehemann bestimmten Grundstücks

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Erwirbt die Ehefrau ein an einer Zufahrtsstraße zum Stadtzentrum in der Nähe des Bahnhofs sowie eines Gymnasiums belegenes Grundstück, das mit einem zur gastronomischen Nutzung vor allem durch Schüler und junge Leute bestimmten Schnellrestaurant /Imbiss mit Kiosk bebaut und an den Ehemann als Betreiber verpachtet werde soll, lässt sich das bau- und planungsrechtlich verfolgte Projekt aber nicht verwirklichen, weil sich das Gymnasium nunmehr für den Aufbau einer eigenen Mittagsversorgung der Schüler in der Schule entscheidet, so kann die Ehefrau die Kosten für die ernsthaft betriebene Planung dieses Projekts als vorweggenommene Werbungskosten bei den Vermietungseinkünften abziehen.

2. Prüft nach dem Scheitern des Projekts unter 1. der Ehemann über mehrere Jahre diverse Möglichkeiten einer anderweitigen gastronomischen Nutzung des Grundstücks, lässt sich eine solche Nutzung aber nicht realisieren, weil u.a. durch Bau einer Umgehungsstraße der Durchgangsverkehr und damit der potenzielle Kundenkreis deutlich abgenommen hat und das Grundstück schließlich als vorläufig gesichertes Überschwemmungsareal klassifiziert und somit unbebaubar wird, hat die Ehefrau aber selbst keine eigenen Vermietungsmaßnahmen mehr unternommen, z. B. weder Anzeigen in Tageszeitungen oder Anzeigenblättern geschaltet noch einen Makler mit der Vermarktung beauftragt, so steht ihr für die Grundstücksaufwendungen mangels nachgewiesener oder glaubhaft gemachter wirklicher Vermietungsabsicht kein Werbungskostenabzug mehr zu.

 

Normenkette

EStG § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 9 Abs. 1 S. 1, § 15 Abs. 2, § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 6, Abs. 2 Nr. 2

 

Tenor

Der Einkommensteuerbescheid für 1999 vom 03. Juli 2009 und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung vom 06. November 2009 werden dahingehend geändert, dass Einkünfte der Klägerin aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von -18.094,00 DM berücksichtigt werden.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens haben die Kläger zu 80 v.H. und im Übrigen der Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht die Kläger ihrerseits zuvor Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

 

Tatbestand

Streitgegenständlich ist die Frage, ob die Klägerin hinsichtlich des Grundstücks … in S. eine einkommensteuerlich relevante Tätigkeit entfaltet hat, sodass hieraus resultierende Verluste trotz fehlender Betriebseinnahmen steuerlich anzuerkennen sind, oder ob mangels Gewinnerzielungsabsicht eine sog. Liebhaberei vorliegt.

Die Kläger sind Eheleute und wurden in den Streitjahren zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.

Seit 1982 leitete der Kläger als Serviermeister das damalige „…” (jetziges Kulturhaus) in S. Seit 1990 ist der Kläger Inhaber des von der Stadt gepachteten Restaurants „K.” im Kulturhaus, wobei er auch für die Versorgung und Ausrichtung von Großveranstaltungen in den Sälen des Kulturhauses verantwortlich ist. Die Klägerin ist seit 1990 im Betrieb des Klägers im Rahmen eines Angestelltenverhältnisses tätig.

Nachdem die Kläger im Jahr 1997 von der Stadt S. darüber informiert worden waren, dass eine grundlegende Sanierung und ein Umbau/Neubau des Kulturhauses beabsichtigt sei und die Kläger befürchteten, dass dadurch der Betrieb des „K.” einhergehend mit erheblichen Umsatzeinbußen maßgeblich beeinträchtigt werden würde, entschieden sie sich, Ausschau nach einer alternativen gewerblichen Tätigkeit in der Gastronomie zu halten.

Nach mehreren Alternativangeboten erwarb die Klägerin im April 1998 auf Anraten einer ortsansässigen Bank das streitgegenständliche Grundstück zu einem Kaufpreis von 220.000 DM, finanziert durch die … Das Objekt nahe dem örtlichen Bahnhof lag zu diesem Zeitpunkt an einer der Zufahrtsstraßen von L. zum Stadtzentrum S. Direkt gegenüber befindet sich das J-Gymnasium, in dem rund 900 Schüler unterrichtet werden. Das auf dem Grundstück befindliche Gebäude wurde zuletzt gastronomisch genutzt und war als „Café …” in S. gut eingeführt, hatte jedoch einen erheblichen Reparaturstau zu verzeichnen.

Die Kläger hatten ein Existenzgründerkonzept erstellt, dass von folgenden Rahmenbedingungen ausging:

  1. Erwerb der Immobilie durch die Klägerin
  2. Abbruch des Bestandgebäudes
  3. Errichtung eines Neubaus
  4. Vollausstattung des Gebäudes mit gastronomischer Einrichtung durch die Klägerin
  5. anschließende Verpachtung an den Kläger als Betreiber

Vor dem Hintergrund der seinerzeit nicht vorhandenen Schulspeisung am benachbarten Gymnasium sollte ein Schnellrestaurant/Imbiss mit Kiosk entstehen, dass sich vorrangig auf die Bedürfnisse von Schülern und Publikum im Alter von 20 bis 40 Jahren konzentri...

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