rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Bindung des FG an einen Verweisungsbeschluss des Amtsgerichts und Zuständigkeit des FG auch bei verfassungsrechtlichen Einwendungen gegen Steuerbescheide. Begriff des „Rechtsstreits verfassungsrechtlicher Art”. Keine ernstlichen Zweifel an der Fortgeltung des GG und der Steuergesetze nach der Wiedervereinigung. BVerfG, Justizorgane und OFD keine privaten Unternehmen. Keine Nichtigkeit einfachgesetzlicher Bestimmungen wegen eines Verstoßes gegen das Zitiergebot. das EStG ist nicht insgesamt verfassungswidrig
Leitsatz (redaktionell)
1. Hat das Amtsgericht ein einen Einkommensteuerbescheid betreffendes Verfahren an das FG verwiesen, bedeutet die durch § 17a Abs. 2 S. 3 GVG angeordnete Bindungswirkung, dass es dem FG verwehrt ist, den Rechtsstreit unter Berufung auf § 17a Abs. 2 S. 1 GVG wie vom Kläger beantragt an das Amtsgericht zurückzuverweisen.
2. § 33 FGO begründet keine Zuständigkeitsbestimmung für verfassungsrechtliche Streitigkeiten. Soweit für verfassungsrechtliche Streitigkeiten nach Art. 19 Abs. 4 S. 2 GG der ordentliche Rechtsweg in Betracht gezogen werden könnte, ist zu berücksichtigen, dass die Regelung des Art. 19 Abs. 4 S. 2 GG lediglich einen Auffangtatbestand darstellt. Zudem liegt ein Rechtsstreit verfassungsrechtlicher Art nur vor, wenn Kläger und Beklagter des Verfahrens Verfassungsorgane bzw. deren Teile oder sonst am Verfassungsleben unmittelbar Beteiligte sind, und um Rechte und Pflichten gestritten wird, die unmittelbar dem Verfassungsrecht entnommen werden, nicht aber, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Streit zwischen dem Bürger und dem Staat ist.
3. Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Fortgeltung des Grundgesetzes und einfachgesetzlicher Vorschriften nach dem Beitritt der ehemaligen DDR zur BRD. Daher bedarf es auch keines „Beweises” für die Existenz und Gültigkeit des Grundgesetzes nach der Wiedervereinigung der beiden Teile Deutschlands und ebenso wenig des „Nachweises,” dass diese Verfassung und die Regierung vom Volk „frei gewählt” worden sind.
4. BVerfG, das Ministerium der Justiz und die OFD sind entgegen der Auskunft des sog. Wirtschaftsauskunftsdienstes „manta” keine Unternehmen der Privatwirtschaft.
5. § 125 AO ist nicht wegen einer Verletzung des sog. Zitiergebotes unwirksam.
6. Ein Einkommensteuerbescheid ist weder wegen eines Verstoßes gegen das Zitiergebot noch unter dem Gesichtspunkt unwirksam und nichtig, dass er keine Unterschrift trägt oder das EStG insgesamt verfassungswidrig wäre. Die Auffassung, verfassungsrechtlich sei eine Steuerpflicht des Bürgers nicht vorgesehen, widerspricht dem Wortlaut des Grundgesetzes.
7. § 32a EStG verstößt nicht gegen das Gebot der Normenklarheit.
Normenkette
GVG § 17a Abs. 2 S. 3; FGO § 33 Abs. 1 Nr. 1; GG Art. 19 Abs. 1 S. 2, Abs. 4 S. 2, Art. 101, 20 Abs. 4, Art. 23; AO § 125 Abs. 1, § 119 Abs. 3 S. 2; EStG § 32a Abs. 1-5
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens haben die Kläger als Gesamtschuldner zu tragen.
Der Streitwert für das Verfahren beträgt 5.420,00 Euro.
Tatbestand
Die Kläger wenden sich gegen den ihnen für 2009 erteilten Einkommensteuerbescheid vom 01. November 2010 bzw. vom 27. Januar 2011.
Der Kläger zu 1) betrachtet sich ausweislich der Proklamation der natürlichen Person A. H. ? Staatsangehöriger Deutsches Reich unter Selbstverwaltung vom 17. Januar 2011, die sich bei den Verwaltungsakten des Beklagten befindet, als exterritoriale Person, die nicht der Staatsgewalt der Bundesrepublik Deutschland und ihrer Organe und Behörden unterliegt.
Mit Bescheid für 2009 über Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag vom 01. November 2010 wurden die Kläger von dem Beklagten zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Die mit diesem Bescheid festgesetzte Einkommensteuer in Höhe von 4.722,00 Euro basiert auf einer von dem Beklagten vorgenommenen Schätzung der Besteuerungsgrundlagen, da die Kläger eine Steuererklärung nicht eingereicht hatten.
Mit Bescheid vom 27. Januar 2011 änderte der Beklagte die Einkommensteuerfestsetzung im Hinblick auf den ihm zwischenzeitlich zugegangenen Feststellungsbescheid vom 07. Dezember 2010 über die Einkünfte des Klägers zu 1) aus der Beteiligung an der AH – Ltd. & Co. KG. dahin ab, dass nunmehr eine Einkommensteuer in Höhe von 5.420,00 Euro festgesetzt wird.
Der Kläger erhob mit Schreiben vom 01. Februar 2011 gegen den Einkommensteuerbescheid des Beklagten den Einwand, dass dieser nichtig sei, da das ihm – dem Kläger – zugesandte Exemplar des Bescheides keine Unterschrift trage und daher „niemand für den Vorgang verantwortlich” sei. Weiter führte er an, dass er, wenn er – der Kläger – nicht entsprechend geschult wäre, „als gewöhnlicher Laie auf diese perfide Täuschung hereinfallen und Einspruch einlegen” würde.
Der Beklagte legte den Klägern hierzu mit Schreiben vom 07. April 2011 dar, dass er es an sich widersprüchlich sei, einerseits den Einwand der Nichtigkeit des Einkommensteuerbescheides zu erheben, gleichzeitig aber zu erklären, keinen Einspruch...