rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindergeldberechtigung nach Auszug der Mutter aus dem Familienhaushalt. Rückforderung vom Nichtberechtigten
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Bestimmung des Kindergeldberechtigten durch mehrere Berechtigte wird gegenstandslos, wenn deren Gleichrangigkeit infolge geänderter Obhutsverhältnisse entfällt.
2. Nach der Trennung der Eltern und dem Auszug der bisher als vorrangig Berechtigte bestimmten Mutter aus dem Familienhaushalt erlischt die Kindergeldberechtigung der Mutter.
3. Nach der Trennung an die Mutter weitergezahltes Kindergeld ist zurückzufordern, wenn der Vater infolge seines eigenen Antrags Kindergeld für denselben Zeitraum festgesetzt und ausgezahlt bekam.
Normenkette
EStG § 64 Abs. 2, § 31; AO § 37 Abs. 2
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens und die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen hat die Klägerin zu tragen.
Tatbestand
In 2009 trennten sich die Klägerin und ihr Ehemann (im Folgenden: Beigeladener). Ihre Kinder S. und T. lebten weiterhin im bisherigen Familienhaushalt. Nachdem die Klägerin der Beklagten mitgeteilt hatte, sie lebe seit dem 8.4.2009 von dem Beigeladenen getrennt, hob diese mit Bescheid vom 29.06.2009 die bisher zu Gunsten der Klägerin erfolgte Kindergeldfestsetzung ab Mai 2009 auf und forderte überzahltes Kindergeld in Höhe von 1.002,00 EUR (Mai-Juni) zurück. Der Betrag setzte sich aus 3 × 164 EUR und 3 × 170 EUR zusammen, denn bei der Klägerin war ein Zählkind berücksichtigt worden. Auf die Möglichkeit der Einreichung einer Weiterleitungsbestätigung wurde die Klägerin hingewiesen.
Nach Zurückweisung ihres Einspruchs – zu diesem Verfahren war der Beigeladene hinzugezogen worden – hat die Klägerin Klage erhoben und wendet sich gegen die Rückforderung. Das Kindergeld sei für den Zeitraum Mai bis Juni 2009 auf das gemeinsame Konto der Eheleute, auf das auch der Beigeladene Zugriff hatte, geflossen. Daher sei das Kindergeld auch dem Beigeladenen zugeflossen, denn er sei darüber verfügungsberechtigt gewesen. Das Kindergeld für Juli 2009 wurde auf das Konto der Klägerin gezahlt, welche es aber an den Beigeladenen weiterleitete.
Im gerichtlichen Verfahren wurde die Klägerin aufgefordert, eine formelle Weiterleitungsbestätigung beizubringen. Der Beigeladene weigerte sich jedoch, das vorgesehene Formular auszufüllen. Zur mündlichen Verhandlung am 06. Dezember 2011 brachte die Klägerin eine Bestätigung des Beigeladenen bei, nach der er das Kindergeld von der Familienkasse M. erhalten habe und sein Anspruch damit erfüllt sei. Da gleichzeitig offenbar wurde, dass der Beigeladene für den streitigen Zeitraum erfolgreich einen eigenen Antrag auf Kindergeldfestsetzung gestellt hatte, begründete die Klägerin ihre Klage nun damit, dass sie erst am 11. Juni 2009 aus dem gemeinsamen Haushalt ausgezogen sei und bis dahin noch den Haushalt wie bisher geführt habe. Auch wenn sie sich zeitweise ein anderes Domizil habe suchen müssen, so habe sie sich bis zum 11.6.2009 regelmäßig noch um die Wäsche und andere Dinge des Haushalts gekümmert.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 29. Juni 2009 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 16. November 2009 dahingehend zu ändern, dass die Kindergeldfestsetzung zu Gunsten der Klägerin erst ab August 2009 aufgehoben wird.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Da der Beigeladene infolge seines Antrages für den streitigen Zeitraum ebenfalls Kindergeld erhalten habe, könne er keine wirksame Weiterleitungsbestätigung abgeben. Die gemeinsame Haushaltsführung habe die Klägerin, wie sie ihrem Dienstherrn gegenüber mit der Veränderungsanzeige vom 12. Juni 2009 erklärte, am 08. April 2009 beendet.
Der Beigeladene beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Klägerin lebe von ihm seit dem 08. April 2009 getrennt. Sie habe an diesem Tag die eheliche Wohnung verlassen und nicht wieder aufgesucht, um die Kinder zu versorgen. Sie sei nur in den ehelichen Haushalt zurückgekehrt, um persönliche Dinge und Haushaltsgegenstände abzuholen. Seit diesem Tag habe der Beigeladene die Kinder allein erzogen und betreut. Im Mai 2009 habe die Klägerin ihre gesamten Einnahmen dem gemeinsamen Konto entnommen bzw. seien für die Klägerin Kranken-, Rentenversicherungen etc. bezahlt worden, so dass dem Beigeladenen das Kindergeld nicht mehr zur Verfügung gestanden habe.
Mit Beschluss vom 14. Dezember 2011 hat das Gericht den damaligen Ehemann der Klägerin, Herrn B, auf Antrag der Beklagten nach § 174 Abs. 5 Abgabenordnung (AO) beigeladen.
Dem Gericht haben die für die Klägerin geführte Kindergeldakte und die für den Beigeladenen geführten Vorgänge vorgelegen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Klägerin stand das Kindergeld ab Mai 2009 nicht mehr zu, denn sie hatte im April 2009 die gemeinsame Haushaltsführung beendet und im Folgenden die Kinder auch nicht in ihren Haushalt aufgenommen.
Gemäß § 64 Abs. 2 Satz 1 Einkommensteuergesetz (EStG) wird das Kindergeld bei mehreren Berechtigten demjenigen gezahlt, der das...