Entscheidungsstichwort (Thema)
Zufluss von Einnahmen bei Schneeballsystem. Aussetzung der Vollziehung bezüglich Einkommensteuer 1998 bis 2001
Leitsatz (redaktionell)
Nach der Rechtsprechung des BFH kann ein Zufluss i.S. des § 11 Abs. 1 EStG sowohl in den Fällen der bloßen Gutschrift des betreffenden Betrages in den Büchern des Schuldners als auch in den Fällen der Novation grundsätzlich nur dann angenommen werden, wenn der Schuldner in dem betreffenden Zeitpunkt zur Zahlung des Betrages in der Lage gewesen wäre, also nicht zahlungsunfähig war (vgl. BFH-Urteil vom 10. Juli 2001 VIII R 35/00, BStBl II 2001, 646). Als Zahlungsunfähigkeit in diesem Sinne ist das auf dem Mangel an Zahlungsmitteln beruhende dauernde Unvermögen des Schuldners anzusehen, seine sofort zu erfüllenden Geldschulden noch im Wesentlichen zu berichtigen. Bei Anwendung dieser Grundsätze sind streitige „Renditen” Anlegern zugeflossen, soweit außer einem kurzen Zeitraum von einem Monat kein Zahlungsengpass ersichtlich ist. Dies gilt insbesondere dann, wenn anschließend die Gesellschaft ihre „Geschäftstätigkeit” noch über drei weitere Jahre ausübt und bei Beschlagnahme der Firmenkonten sich darauf mit rd. 14,5 Mio. DM eine Summe findet, die unter Zugrundelegung einer aus den Vorjahren errechneten durchschnittlichen Auszahlungssumme von rd. 5 Mio. DM ausgereicht hätte, entsprechenden Auszahlungsbegehren von Anlegern noch für fast drei Monate zu entsprechen.
Normenkette
EStG § 11
Tenor
Der Einkommensteuerbescheid 2001 wird bis einen Monat nach Zustellung der Einspruchsentscheidung von der Vollziehung ausgesetzt. Im Übrigen wird der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Antragsteller zu 64/100 und der Antragsgegner zu 36/100.
Die Entscheidung ergeht unanfechtbar.
Tatbestand
I.
Die Antragsteller werden als Eheleute zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Sie wenden sich gegen die vom Antragsgegner vorgenommene Zurechnung von Einkünften aus Kapitalvermögen.
Die Antragsteller überließen ab dem Jahre 1989 der Fa. CTS Geldbeträge. Gegenstand der 1985 gegründeten CTS war die Unternehmensberatung und die Vermittlung von Kapitalanlagen. Alleiniger Gesellschafter-Geschäftsführer der CTS war seit 1986 Herr K. Zum 1. Oktober 2001 wurde Frau J, die zuvor als Prokuristin fungierte, zur weiteren Geschäftsführerin bestellt. Über das Vermögen der CTS wie auch über dasjenige des K wurde im November 2001 das Insolvenzverfahren eröffnet.
Im Jahr 1989 stellte die Antragstellerin der CTS 10.000 DM zur Verfügung. Ausweislich der seitens der CTS erteilten Auftragsbestätigung (Steufa Bl. 108) sollte die CTS mit dem Betrag über ein Frankfurter Brokerhaus den Handel mit US-Commodities durchführen. Die Zahlung sollte per Scheck an das Brokerhaus unter Angabe des Verwendungszweckes „Treuhandkonto TZ 011981” erfolgen. Tatsächlich wurde der am 18. Mai 1989 ausgestellte Scheck der CTS übergeben. Diese leitete ihn „zur Gutschrift auf unser Konto” an das Brokerhaus weiter (Steufa, Bl. 104). Unter dem 26. Juni 1989 bestätigte die CTS der Antragstellerin die Einbuchung des Betrages von 10.000 DM beim Brokerhaus (Steufa, Bl. 106). Ob darüber hinaus weitere Einzahlungen seitens der Antragsteller geleistet wurden, lässt sich Verwaltungsakten nicht entnehmen.
In der Folge erhielten die Antragsteller seitens der CTS regelmäßige Abrechnungen über ihre Kontostände sowie über die eingetretenen Gewinne bzw. Verluste (Steufa, Bl. 18 ff.). Auch wurden auf entsprechende Anforderung hin Auszahlungen geleistet. Diese summieren sich auf 71.368 DM zzgl. 11.151,65 US $. Die letzte Auszahlung über 20.000 DM erfolgte zum 20. November 2000 (Steufa, Bl. 9).
Im Verlaufe des Jahres 1999 veranlassten die CTS bzw. K die Antragsteller zur Übertragung ihrer Guthaben (42.009,41 US $) auf I- (Steufa, Bl. 15).
Im Jahre 2001 trat gegenüber den Verantwortlichen der CTS, vornehmlich deren Geschäftsführer K, der Verdacht der Begehung diverser Straftaten (u.a. Betrug zu Lasten zahlreicher Anleger) auf. K wurde verhaftet. Das gegen ihn eingeleitete Strafverfahren ist derzeit noch nicht abgeschlossen. Nach Angaben des K im Zuge der Vernehmungen praktizierte die CTS nach ihrer Gründung Warentermingeschäfte (Grundlagenbericht des Insolvenzverwalters -GI- Bl. 20). Nachdem anfänglich Gewinne erzielt worden seien, sei es bereits 1993 zu Verlusten gekommen. Diese hätten K dazu gebracht, Anlegern gegenüber fingierte Abrechnungen zu erteilen. Bis 1998 seien reale Geschäfte mit Brokern vollzogen worden, gleichzeitig seien aber auch fingierte Abrechnungen ohne reale Geschäftsbasis erfolgt. Bereits damals hätten die Einlagen und Gewinne abzüglich der Auszahlungen nicht ausgereicht, um die Gesamteinlagen der Kunden abzudecken (GI, Bl. 21). Ab Mitte 1998 seien keine Börsengeschäfte mehr getätigt worden. Gelder seien nur im Rahmen eines „Schneeballsystems” von einem zum andern Konto gebucht worden (GI, Bl. 22).
Seitens der Steuerfahndung wurden im Fall der Antragsteller durc...