rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Abzugsfähigkeit von Schuldzinsen für ein nach der Veräußerung einer vermieteten Immobilie zum Erwerb von Wertpapieren verwendetes Darlehen. Überschusserzielungsabsicht bei Kapitaleinkünften
Leitsatz (redaktionell)
Wird das der Finanzierung einer vermieteten Immobilie dienende Darlehen bei der Veräußerung der Immobilie –aufgrund der Entstehung einer hohen Vorfälligkeitsentschädigung bei Darlehensablösung– steuerlich wirksam zum Erwerb von Wertpapieren, welche der Darlehenstilgung bei Fälligkeit dienen sollen, umgewidmet, sind die Schuldzinsen insoweit nicht als Werbungskosten bei den Kapitaleinkünften abzugsfähig, wie sie in Zusammenhang mit der Anschaffung von Wertpapieren stehen, die vorrangig der Erzielung nicht einkommensteuerbarer Wertsteigerungen des Vermögens unter bloßer Mitnahme laufender Erträge dienen und dadurch eine Absicht zur Erzielung steuerbarer Kapitaleinkünfte nicht besteht.
2 Die Schuldzinsen, die Wertpapieren zuzurechnen sind, bei denen regelmäßig einkommensteuerbare Ertragsauszahlungen vorgesehen sind, mithin vom Bestehen einer Überschusserzielungsabsicht ausgegangen werden kann, sind hingegen als Werbungskosten abzugsfähig.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 1, § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 5, § 20 Abs. 1, § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
Tenor
1. Unter Änderung des Bescheides vom 2. September 2003 in Form der Einspruchsentscheidung vom 27. April 2004 wird die Einkommensteuer 2001 unter Berücksichtigung von Einkünften aus Kapitalvermögen i.H.v. 0 DM festgesetzt. Dem Beklagten wird aufgegeben, die Steuer neu zu berechnen. Im übrigen wird die Klage als unbegründet abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten zu ¼ und den Klägern zu ¾ auferlegt. Der als Urteil wirkende Gerichtsbescheid ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden, sofern nicht die Kläger zuvor Sicherheit leisten.
Tatbestand
Die Kläger sind Eheleute, die beim Beklagten zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Zur Einkommensteuer 2001 erklärten sie Einnahmen aus Kapitalvermögen i.H.v. 6.820 DM (Kläger) und 7.484 DM (Klägerin). Bei den Werbungskosten machten sie 1.326 DM (Kläger) und 23.397 DM (Klägerin) geltend. Bei dem Rechtsstreit geht es um die Anerkennung des letztgenannten Betrages, und zwar i.H.v. 22.660 DM. Dem liegt im wesentlichen folgender Sachverhalt zugrunde:
Die Klägerin erwarb 1984 eine bebaute Immobilie, die sie durch ein Darlehen finanzierte (Restkapital zum 31. Dezember 2001: 540.000 DM). Zur Sicherung des Darlehens wurde an dem vermieteten Objekt eine Grundschuld über 442.000 DM bestellt. Am 30. März 2000 veräußerte die Klägerin das Anwesen für 440.000 DM. Wegen drohender Vorfälligkeitszahlungen verwendete sie den Kaufpreis nicht zur Darlehenstilgung, sondern zum Erwerb von Wertpapieranlagen. Das Darlehen sollte zum Fälligkeitszeitpunkt, dem 30. April 2009, unter Einsatz der Wertpapieranlagen getilgt werden. Gemeinschaftlich mit dem Kläger erwarb sie nach mehreren Beratungsgesprächen durch die X-Bank Anlagen im Wert von 442.259 DM und zwar:
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am 7. September 2000: |
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Schweiz Dynamik Depot Wachstum |
50.000,00 DM |
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Schweiz Dynamik Depot Chance |
100.000,00 DM |
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Landesbank 3,125 % |
37.070,08 DM |
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Argentinien Anleihe 96/05 8,5 % |
31.370,00 DM |
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Deka Team Biotech |
19.405,75 DM |
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Deka Internet |
19.675,65 DM |
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257.521,48 DM |
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am 8. und 11. September 2000: |
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DT:Telek. Intl. F 00/05 6,125 % |
30.021,99 DM |
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Deka Lux Treasury USD |
20.378,98 DM |
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50.400,97 DM |
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am 13. November 2000: |
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State Street Bank w./Gamax Funds |
29.337,45 DM |
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Bayernfonds München |
105.000,00 DM |
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134.337,45 DM |
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Summe |
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442.259,90 DM |
Die Klägerin hat die Schuldzinsen des Streitjahres, insgesamt 27.810 DM, mit einem Anteil von 81,48 %, also 22.660 DM, als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen geltend gemacht. Die Aufteilung entspricht dem Verhältnis der Darlehensschuld (540.000 DM) zu dem in die Wertpapiere investierten Verkaufserlös (440.000 DM). Der Beklagte hat bei Durchführung der Veranlagung diese Werbungskosten nicht berücksichtigt, weil die Schuldzinsen mit den Einkünften aus Kapitalvermögen nicht in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen würden. Am 1. Juli 2003 hat er den dementsprechenden Einkommensteuerbescheid 2001 erlassen. Dagegen haben die Kläger Einspruch erhoben, den der Beklagte mit Entscheidung vom 27. April 2004 als unbegründet zurückwies, nachdem er am 2. September 2003 einen Änderungsbescheid erlassen hatte. In dem Änderungsbescheid sind Einkünfte aus Kapitalvermögen enthalten (Bl. 143 ESt) und zwar
- ▸ für den Kläger i.H.v. 2.494 DM (Einnahmen: 6.820 DM abzüglich Werbungskosten bzw. Pauschbetrag i.H.v. 1.326 DM und Sparerfreibetrag i.H.v. 3.000 DM) und
- ▸ für die Klägerin i.H.v. 3.747 DM (Einnahmen: 7.484 DM abzüglich Werbungskosten bzw. Pauschbetrag i.H.v. 737 DM und Sparerfreibetrag i.H.v. 3.000 DM).
Am 28. Mai 2004 erhoben die Kläger Klage. Sie beantragen sinngemäß,
unter Änderung des Bescheides vom 2. September 2003 in...