Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufwendungen für die Begründung eines gemeinsamen Hausstandes nach der Heirat als Kosten der Lebensführung. Aufwendungen eines Polizeibeamten des mitteleren Dienstes für den Besuch der Fachoberschule keine Frotbildungskosten. Lohnsteuer 1987

 

Leitsatz (amtlich)

1. Aufwendungen für die Begründung eines gemeinsamen Hausstandes nach der Heirat bleiben auch dann nichtabzugsfähige Kosten der Lebensführung, wenn sich durch den Wechsel des Wohnortes für den Ehemann der Anfahrtsweg zu seiner Arbeitsstätte nicht unerheblich verkürzt hat.

2. Aufwendungen eines Polizeibeamten des mittleren Dienstes für den Besuch der Fachoberschule sind keine Fortbildungskosten, sondern Ausbildungskosten. Die Aufwendungen werden auch nicht dadurch zu Werbunskosten, dass die Fachhochschulreife als Voraussetzung zur Übernahme in den gehobenen Dienst erworben wird.

 

Normenkette

EStG § 9 Abs. 1 S. 1, § 10 Abs. 1 Nr. 7, § 12 Nr. 1; LStR Abschn. 26 Abs. 1 S. 4

 

Tenor

Die Klage wird als unbegründet abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden den Klägern auferlegt.

 

Tatbestand

Der Kläger ist Polizeibeamter im mittleren Dienst, die Klägerin Verwaltungsangestellte. Sie heirateten am 2. Februar 1987 und begründeten ihren ersten gemeinsamen Hausstand in E., nachdem sie zuvor jeweils bei ihren Eltern in N. bzw. … H. gewohnt hatten. Durch den Wechsel des Wohnortes H. gewohnt hatten. Durch den Wechsel des Wohnortes verkürzte sich für den Kläger der Anfahrtsweg zu seiner Arbeitsstätte in S. nicht unerheblich. Für die Klägerin trat keine Änderung der Entfernung zum Arbeitsplatz ein.

In ihrem am 20. Januar 1988 eingegangenen Antrag auf Lohnsteuerjahresausgleich für das Streitjahr 1987 machten die Kläger u. a. Aufwendungen für den Umzug in Höhe von 500 DM sowie Fahrtkosten und Verpflegungsmehraufwand wegen des Besuchs der Abendfachoberschule (Fachbereich Wirtschaft) durch den Kläger in Höhe von 3.899,30 DM als Werbungskosten geltend. Im Bescheid vom 28. März 1988 versagte das beklagte Finanzamt bezüglich dieser Positionen den Werbungskostenabzug. Die Aufwendungen für den Besuch der Fachoberschule wurden als Sonderausgaben im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 7 EinkommensteuergesetzEStG – gewertet und in Höhe von 900 DM berücksichtigt. Der hiergegen form- und fristgerecht eingelegte Einspruch der Kläger blieb erfolglos.

Auf die am 18. August 1988 zugestellte Einspruchsentscheidung wird Bezug genommen.

Mit Schriftsatz vom 8. September 1988, bei Gericht eingegangen am darauffolgenden Tage, haben die Kläger Klage erhoben.

Sie beantragen sinngemäss,

unter Abänderung des Bescheides vom 28. März 1988 in Form der Einspruchsentscheidung vom 2. August 1988 den Lohnsteuererstattungsbetrag für 1987 unter Berücksichtigung weiterer Werbungskosten in Höhe von 4.400 DM sowie unter gleichzeitiger Minderung der Sonderausgaben um 900 DM neu festzusetzen.

Zur Begründung tragen sie vor, die Umzugskosten seien als Werbungskosten anzuerkennen, da die Gründung des gemeinsamen Hausstandes in E. nicht allein aus familiären Gründen erfolgt sei. Nach der Rechtsprechung sei eine berufliche Veranlassung des Umzugs bereits anzunehmen, wenn durch den Umzug eine Verkürzung des Arbeitsweges eintrete. Hier sei für den Kläger eine Verkürzung des Anfahrtsweges von 55 km auf 30 km eingetreten.

Auch die Aufwendungen für den Besuch der Fachoberschule seien beruflich veranlasst. Der Kläger verfolge das Ziel, vom mittleren Dienst in den gehobenen Dienst überzuwechseln. Der Nachweis der Fachhochschulreife sei aber gem. § 23 der saarländischen Laufbahnverordnung uanbdingbare Voraussetzung für die Einstellung in den gehobenen Dienst. Die Aufwendungen dienten daher der beruflichen Fortbildung, indem sie den Kläger befähigen sollten, im ausgeübten Beruf, also ohne Wechsel der Berufs- und Erwerbsart, besser vorwärts zu kommen. Der „ursprüngliche Charakter” der Aufwendungen als Ausbildungskosten werde durch die besondere berufsbedingte Veranlassung überlagert, so dass sie, wie die neuere Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs – BFH – zeige, als Werbungskosten anzusehen seien.

Das beklagte Finanzamt beantragt,

die Klage als unbegründet abzuweisen.

Es vertritt die Ansicht, dass bezüglich beider Positionen keine Werbungskosten vorlägen. Der Anwendungsbereich des § 9 EStG, der den Abzug beruflich veranlasster Aufwendungen zulasse, werde durch § 12 Nr. 1 EStG begrenzt. Daher könnten Aufwendungen, die neben der Förderung des Berufs zugleich der privaten Lebensführung des Steuerpflichtigen dienten, wegen des Aufteilungs- und Abzugsverbotes des § 12 Nr. 1 EStG nicht als Werbungskosten anerkannt werden.

Umzugskosten stellten deshalb nur dann Werbungskosten dar, wenn sie ausschliesslich durch die Tätigkeit des Arbeitnehmers veranlasst seien. Nach Abschnitt 26 Abs. 1 Satz 4 Lohnsteuerrichtlinien – LStR – sei die Anerkennung als Werbungskosten zu versagen, wenn Anhaltspunkte gegeben seien, die für eine private Mitveranlassung des Umzugs sprächen. Im Streitfall sei der Umzug aber offensichtlich in erster Lini...

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