Entscheidungsstichwort (Thema)

Verwertung von Außenprüfungsfeststellungen; Voraussetzung für Absetzung für außergewöhnliche Abnutzung. Festsetzungsverjährung bei leichter Steuerverkürzung. Vorliegen einer bloßen Betriebsverlagerung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Feststellungen aus Außenprüfungen können auch ohne Vorliegen einer Prüfungsanordnung verwertet werden, wenn es sich um Einzelermittlungen des Prüfers handelt, die keine umfassende Überprüfung der Besteuerungsgrundlagen zum Gegenstand haben, wie sie ansonsten einer Betriebsprüfung immanent sind.

2. Hier: Ermittlung eines Spekulationsgewinns und die Beantwortung der damit in Zusammenhang stehenden Frage nach dem Vorliegen einer steuerlich begünstigten Betriebsaufgabe als zulässige Einzelermittlung im Rahmen des § 88 AO. Das FA hatte die maßgeblichen Tatsachen zudem nicht erst in Ausführung einer Erweiterungsanordnung erfahren, sondern waren ihm vielmehr bereits vorher aufgrund anderer Ermittlungshandlungen ordnungsgemäß bekannt geworden.

3. Der Verwertung von im Rahmen einer Außenprüfung ermittelten Tatsachen steht bei erstmaliger Festsetzung oder bei Änderung eines unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen Steuerbescheids vor Ablauf des Festsetzungsfrist nicht entgegen, dass das FA eine ohne weiteres zulässige Erweiterung-Prüfungsanordnung nicht erlassen hatte. In einem solchen Fall hat das Interesse an einer materiell-rechtlich gesetzmäßigen und gleichmäßigen Steuerfestsetzung Vorrang vor dem Interesse an einem formal ordnungsgemäßen Verfahren.

4. Leichtfertige Steuerverkürzung durch Unterlassen, dem FA das Vorliegen eines Spekulationsgeschäfts mitzuteilen: Eine gewisse Nachlässigkeit auf Seiten des FA räumt das Verschulden auf Seiten des Stpfl. keineswegs aus. Auch bei Inanspruchnahme der Dienstleistung eines Steuerberaters ist der Stpfl. nicht von eigener Sorgfalt befreit.

5. Die Regelung des § 7 Abs. 1 Satz 4 EStG kommt zur Anwendung, soweit sich ein Teil der ursprünglichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten als verbraucht oder fehlgeschlagen erweist, nicht aber bei einer bloßen Wertminderung. Wer sich auf eine Absetzung für außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzung beruft, muss die Umstände glaubhaft machen.

6. Eine bloße Betriebsverlegung und keine Betriebsaufgabe liegt vor, wenn ein Stpfl. unmittelbar nach der angeblichen Betriebsaufgabe in der räumlichen Nähe zum alten Betriebsgelände die gleiche Tätigkeit wie zuvor ausübt.

 

Normenkette

AO 1977 §§ 193, 196, 88, 169 Abs. 2 S. 2, § 378; EStG § 7 Abs. 1 S. 4, § 16 Abs. 2, § 34 Abs. 1, 2 Nr. 1

 

Tatbestand

Der Kläger betreibt seit 1987 einen Gebrauchtwagenhandel sowie einen Wasch- und Pflegedienst. Aufgenommen wurde das Unternehmen unter der Adresse W-str. 7 in S. Zum 13. April 1988 wurde der Betrieb abgemeldet (GewSt) und am darauffolgenden Tag unter der Anschrift Rstr. 85 in M wieder angemeldet. Das Grundstück Rstr. 85 in M hatte der Kläger zusammen mit seiner Ehefrau, der Klägerin, am 3. August 1987 zum Kaufpreis von 299.000 DM erworben. Am 16. März 1989 wurde dieses Grundstück, das von den Kläger teilweise für betriebliche Zwecke und teilweise für eigene Wohnzwecke genutzt worden war, zum Preis von 740.000 DM wieder veräußert. Der Betrieb wurde zum 1. Juni 1989 nach M, Wstr. 149 umgemeldet (GewSt).

Die Einkommensteuererklärung der Kläger für das Streitjahr 1989 weist bezogen auf den betrieblich genutzten Teil des Grundstücks einen Veräußerungsgewinn von 214.459 DM aus (ESt, Bl. 7, 13). Mit Bescheid vom 17. März 1992 (ESt, Bl. 15) wurde die Einkommensteuer für 1989 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abgabenordnung -AO- festgesetzt.

Nach Erhalt einer entsprechenden Veräußerungsanzeige vom 31. Mai 1989 (Bp, Bl. 2) merkte der Beklagte den Kläger am 10. Februar 1992 für eine Betriebsprüfung vor (Bp, Bl. 1). Am 11. Mai 1995 erließ der Beklagte eine Prüfungsanordnung für den Zeitraum 1991 bis 1993 (Bp, Bl. 4). Mit der Prüfung wurde am 30. Mai 1995 begonnen (Bp, Bl. 31). Ausweislich der Prüferunterlagen (Bp, Bl. 53 f.) fand am 6. Juli 1995 eine Vorbesprechung statt, die auch die Frage der Entstehung eines Spekulationsgewinnes zum Gegenstand hatte. Am 28. Dezember 1995 fertigte der Prüfer seinen die Jahre 1991 bis 1993 betreffenden Prüfungsbericht (Bp, Bl. 55 ff.).

Am 29. Dezember 1995 dehnte der Beklagter den Prüfungszeitraum auf das Streitjahr 1989 u.a. mit der Begründung aus, es hätten sich im Rahmen der Betriebsprüfung für die Jahre 1991 bis 1993 Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Spekulationsgeschäftes ergeben (Bp, Bl. 6). Die Erweiterungsanordnung wurde dem Kläger persönlich am 29. Dezember 1995 übergeben (Bp, Bl. 7 R.). Der entsprechende Ergänzungsbericht datiert ebenfalls vom 29. Dezember 1995 (Bp, Bl. 98). Er befasst sich mit der Frage der Grundstücksveräußerung und gelangt zu der Auffassung, dass ein Spekulationsgewinn zu versteuern sei und dass überdies bezüglich des betrieblich genutzten Grundstückanteils anstelle eines steuerbegünstigten Veräußerungsgewinns von eine...

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