Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgrenzung von beruflich veranlassten Fortbildungs- und privat veranlassten Bildungsmaßnahmen. Einkommensteuer 1995
Leitsatz (amtlich)
1. Abzugsfähige Fortbildungskosten können auch dann gegeben sein, wenn Aufwendungen ihrem Anschein nach auch mit der privaten Lebensführung zusammenhängen, weil beispielsweise bei einer psychologisch, pädagogisch, medizinisch, kommunikativ, künstlerisch oder sportorientierten Lehrveranstaltung die dabei erworbenen Erkenntnisse nicht nur beruflich, sondern auch privat angewandt werden können.
2. Wenn solchenfalls der Teilnehmerkreis nicht homogen ist, schadet dies jedenfalls dann nicht, wenn von der Zielsetzung des vermittelten Wissens her offensichtlich ist, dass es für die tägliche Berufspraxis oder das berufliche Fortkommen des Steuerpflichtigen von erheblicher Bedeutung ist. Deshalb sind Aufwendungen eines Gärtnermeisters, der in einem sportlich orientierten, auf die berufliche Eingliederung schwierig vermittelbarer Jugendlicher und Langzeitarbeitsloser ausgerichteten Bildungswerk als Ausbilder tätig ist, für eine Ausbildung zum Lauftherapeuten und eine Lehrveranstaltung zur Bewältigung von Kommunikations- und Stressproblemen Fortbildungskosten.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 Nr. 1, § 12 Nr. 1 S. 2
Beteiligte
Finanzamt Saarbrücken-Am Stadtgraben, vertreten durch den Vorsteher |
Tenor
Unter Änderung des Einkommensteuerbescheides vom 3. Januar 1997 in Form der Einspruchsentscheidung vom 22. Februar 1999 wird die Einkommensteuer für 1995 auf 10.205 DM festgesetzt.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet.
Tatbestand
Der Kläger ist von Beruf Gärtnermeister (Bl. 1, 9). Er war in dieser Funktion zunächst bei einem Privatunternehmen und danach im Sonderschulheim B mit angeschlossenem Jugendwohnheim als Ausbilder tätig (Bl. 53). Seit dem 1. April 1994 ist er in N für das CJD, W – tätig (Bl. 9, 65 ff.). Sein Aufgabenbereich umfasst neben dem Gärtnereiwesen gemäß § 2 des Anstellungsvertrages auch vielfache Ausbildungs- und damit verbundene Koordinations- und Verwaltungsarbeiten (Bl. 66, 9). Die zunächst im Rahmen einer AB-Maßnahme an den Kläger vergebene Arbeitsstelle wurde später in einen dauerhaften Arbeitsplatz umgewandelt (Bl. 64, 66, 9).
Im Streitjahr 1995 nahm er, wie im Vorjahr, an Veranstaltungen zur Aus- und Weiterbildung zum Lauftherapeuten des DLZ, L – teil (Bl. 4 Rs., 7–10 Rb). Voraussetzung für die Teilnahme an diesen Veranstaltungen war u. a. eine im Regelfall dreijährige Berufserfahrung „in der Ausübung psychosozialer Arbeit” (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 Abs. 2 der Richtlinien des DLZ, Bl. 33).
Zusätzlich nahm der Kläger ab November 1995 ein mehrjähriges Ausbildungsprogramm des SGI wahr, das sich anfänglich 1995/96 mit Selbsterfahrung und anschließend mit vielfältigen Kommunikationsproblemen beschäftigte (Bl. 22–25).
Für den Besuch der Veranstaltungen des DLZ und des SGI wurde dem Kläger vom CJD keinerlei Aufwendungsersatz gewährt. Bildungsurlaub wurde lediglich für eine „Intensivwoche” bewilligt, da die übrigen Veranstaltungen sämtlich an Wochenenden stattfanden (Bl. 21).
Im Einkommensteuerbescheid für 1995 vom 3. Januar 1997 ließ der Beklagte die vom Kläger geltend gemachten Aufwendungen für den Besuch der Veranstaltungen des DLZ (2.000 DM) und des SIG (640 DM) nicht zum Abzug zu (Bl. 14 ff. Rb). Den dagegen fristgerecht eingelegten Einspruch, mit welchem der Kläger die Anerkennung der Aufwendungen als Werbungskosten begehrte, wies er durch Einspruchsentscheidung vom 22. Februar 1999 als unbegründet zurück, indem er weder Fort- noch Ausbildungskosten anerkannte (Bl. 12 ff.).
Mit seiner dagegen am 22. März 1999 erhobenen Klage beantragt der Kläger (sinngemäß Bl. 1),
unter Änderung des Bescheides vom 3. Januar 1997 in Form der Einspruchsentscheidung vom 22. Februar 1999 die Einkommensteuer für 1995 unter Berücksichtigung weiterer Werbungskosten in Höhe von 2.640 DM neu festzusetzen.
Auch wenn er weiterhin ein erhebliches privates Interesse am Laufsport habe (Bl. 73 f.), sei der berufliche Nutzen seiner Weiterbildung beim DLZ keineswegs von untergeordneter Bedeutung (Bl. 74). Denn neben seiner fachlichen Qualifikation im Garten- und Landschaftsbau sei sowohl für seine Einstellung als auch für die Umwandlung der ABM-Stelle in einen dauerhaften Arbeitsplatz und seine zwischenzeitliche Höhergruppierung das Einbringen der gesundheitsfördernden Lauftherapie aus der Sicht gerade der pädagogischen Leitung des CJD von ausschlaggebendem Gewicht gewesen (Bl. 1, 54, 74). Gleiches gelte, wie sich aus der vorgelegten Arbeitgeberbescheinigung vom 25. März 1999 (Bl. 9) ergebe, auch für die Gestalttherapie (Bl. 74). Im Übrigen seien die Aufwendungen betreffend letztere für die Jahre 1996 bis 1998 inzwischen steuerlich anerkannt worden. Dies habe das fr...