Entscheidungsstichwort (Thema)
Einbeziehung von noch nicht entstandenen Lizenzgebühren für Warenzeichen in den Zollwert – Bezug der Lizenzgebühren auf die eingeführten Waren – Zahlung der Lizenzgebühren als Bedingung des Kaufgeschäfts
Leitsatz (redaktionell)
Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden nach Art. 267 des AEUV folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1. Können Lizenzgebühren im Sinne des Art. 32 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ZK) in den Zollwert einbezogen werden, obwohl weder bei Vertragsschluss noch in dem für die Zollschuldentstehung maßgebenden Zeitpunkt, der sich im Streitfall aus Art. 201 Abs. 2, 214 Abs. 1 ZK ergibt, die Entstehung der Lizenzgebühren feststeht?
2. Sollte die 1. Frage zu bejahen sein: Können sich Lizenzgebühren für Warenzeichen im Sinne des Art. 32 Abs. 1 Buchst. c ZK auf die eingeführten Waren beziehen, obwohl sie auch für Dienstleistungen und die Nutzung des Kerns des Namens des gemeinsamen Konzerns gezahlt werden?
3. Sollte die 2. Frage zu bejahen sein: Können Lizenzgebühren für Warenzeichen im Sinne des Art. 32 Abs. 1 Buchst. c ZK eine Bedingung für den Verkauf der eingeführten Waren zur Ausfuhr in die Gemeinschaft im Sinne des Art. 32 Abs. 5 Buchst. b ZK sein, obwohl ihre Zahlung von einem mit dem Verkäufer und dem Käufer verbundenen Unternehmen verlangt und geleistet worden ist?
4. Sollte die 3. Frage zu bejahen sein und beziehen sich wie hier die Lizenzgebühren teilweise auf die eingeführten Waren und teilweise auf Dienstleistungen nach der Einfuhr: Hat die angemessene, nur aufgrund objektiver und bestimmbarer Tatsachen vorzunehmende Aufteilung nach Art. 158 Abs. 3 der Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 vom 2.7.1993 mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ZKDVO) und der erläuternden Anmerkung in Anhang 23 ZKDVO zu Artikel 32 Absatz 2 ZK zur Folge, dass nur ein Zollwert nach Art 29 ZK korrigiert werden darf oder ist auch, falls ein Zollwert nach Art. 29 ZK nicht ermittelt werden kann, bei der Ermittlung eines nach Art. 31 ZK festzustellen Zollwerts die in Art. 158 Abs. 3 ZKDVO vorgesehene Aufteilung möglich, sofern diese Kosten sonst nicht berücksichtigt würden?
Normenkette
ZK Art. 29, 31, 32 Abs. 1 Buchst. c, Abs. 5 Buchst. b, Art. 201 Abs. 2, Art. 214 Abs. 1, Art. 220 Abs. 1, Art. 236; ZKDVO Art. 143 Abs. 1, Art. 145 Abs. 2-3, Art. 157 Abs. 1-2, Art. 158 Abs. 3, Art. 159-160, 161 2. Unterabs.; ZKDVO Anh. 23
Nachgehend
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten über die zollwertrechtliche Beurteilung von Lizenzgebühren für Warenzeichen.
Die A-GmbH & Co. KG (KG) schloss mit der M-Inc. (M), einem verbundenem Unternehmen, einen Lizenzvertrag nach einem standardisierten Muster. Danach gewährte M der KG eine gebührenpflichtige, nicht ausschließliche Lizenz, das Warenzeichen des Konzerns (Warenzeichen) in Verbindung mit hergestellten und verkauften Produkten und erbrachten Dienstleistungen in genauer Übereinstimmung mit den Qualitätsstandards zu nutzen (Art. II A.). Zudem gewährte M der KG eine gebührenfreie, nicht ausschließliche Lizenz, das Warenzeichen auf von der KG genutzten Produkten nach freiem Ermessen zur Schau zu stellen für Routineprüfungen, Warenmuster, Schrott oder Abfall. Auch durfte die KG lizenzgebührenfrei über Produkte unter dem Warenzeichen gegenüber einer (konzernangehörigen) Gesellschaft verfügen, die berechtigt ist, die Lizenz unter gleichartigen Bedingungen wie nach diesem Abkommen zu nutzen (Art. II B.). Das Warenzeichen durfte von KG nur in Verbindung mit Waren und Dienstleistungen, die unter strenger Einhaltung der Qualitätsstandards hergestellt oder erbracht wurden, genutzt werden. M hatte insoweit weitgehende Überwachungsrechte und - bei Verletzung der Standards - kurzfristige Kündigungsrechte (Art. III). Die nach Art. II A. entstehenden Lizenzgebühren, fällig zum 31.12. des jeweiligen Kalenderjahrs, betrugen 0,95% des Jahresumsatzes der KG für die Nutzung des Warenzeichens und 0,05% des Jahresumsatzes der KG für die Nutzung des Namens XXX (Art. VI A.). Für die Berechnung der Lizenzgebühren regelte Art. VI u.a., wie die KG der M hinsichtlich der Preise zu berichten hatte (Art. VI C.) und wie M befugt war, diese Berechnungen zu überprüfen (Art. VI C.).
In der Praxis der KG wurden zur Einhaltung der strengen Standards im Gesundheitswesen regelmäßig Einfuhrwaren einer testweisen Überprüfung unterzogen, die nach dem o.a. Vertrag keine Lizenzgebühren auslöste. Den Verkaufsteams der KG wurden regelmäßig von den eingeführten Waren Muster für Vorführzwecke zur Verfügung gestellt. Auf Grund der ständigen technischen Weiterentwicklung wurden ältere Produkte nicht mehr benötigt und waren auszusondern. Gleiches galt für Ausschuss bei Herstellungs- und Montageprozessen. Von Januar 2008 bis August 2011 machten lizenzgebührenfreie Verkäufe an ander...