Entscheidungsstichwort (Thema)
Einbeziehung von noch nicht entstandenen Lizenzgebühren für Warenzeichen in den Zollwert eingeführter Waren
Leitsatz (redaktionell)
- Die für eingeführte Waren an ein mit dem Verkäufer und dem Käufer verbundenes Unternehmen gezahlten Lizenzgebühren für die Nutzung von Warenzeichen sind auch dann dem Zollwert dieser Waren nach Art. 32 Abs. 1 Buchst. c) ZK in Verbindung mit Art. 157 Abs. 2 ZKDVO hinzuzurechnen, wenn die Verpflichtung zur Zahlung der Lizenzgebühren nicht ausdrücklich in den mit den konzernangehörigen Verkäufern abgeschlossenen Verträgen begründet, aber mittelbar durch die von dem Lizenzgeber mit den übrigen konzernangehörigen Gesellschaften abgeschlossenen Lizenzverträge sichergestellt wird (Folgeentscheidung zu EuGH-Urteil vom 09.03.2017 C-173/15).
- Dass die in Zusammenhang mit dem Weiterverkauf der eingeführten Waren an nichtkonzernangehörige Dritte zu zahlenden Lizenzgebühren im maßgebenden Zeitpunkt der Zollschuldentstehung nach Art. 201 Abs. 2, Art. 214 Abs. 1 ZK noch nicht feststehen, ist unerheblich (vgl. EuGH a.a.O.).
Normenkette
ZK Art. 29, 31, 32 Abs. 1 Buchst. c), Abs. 5 Buchst. b, Art. 201 Abs. 2, Art. 214 Abs. 1, Art. 220 Abs. 2, Art. 236 Abs. 1; ZKDVO Art. 157 Abs. 1 2. Anstrich, Abs. 2, Art. 158 Abs. 3, Art. 159-160
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die zollwertrechtliche Beurteilung von Lizenzgebühren für Warenzeichen.
Die GmbH & Co. KG (KG) schloss mit der Inc. (M), einem verbundenem Unternehmen, einen Lizenzvertrag nach einem standardisierten Muster. Danach gewährte M der KG eine gebührenpflichtige, nicht ausschließliche Lizenz, das Warenzeichen des Konzerns (Warenzeichen) in Verbindung mit hergestellten und verkauften Produkten und erbrachten Dienstleistungen in genauer Übereinstimmung mit den Qualitätsstandards zu nutzen (Art. II A.). Zudem gewährte M der KG eine gebührenfreie, nicht ausschließliche Lizenz, das Warenzeichen auf von der KG genutzten Produkten nach freiem Ermessen zur Schau zu stellen für Routineprüfungen, Warenmuster, Schrott oder Abfall. Auch durfte die KG lizenzgebührenfrei über Produkte unter dem Warenzeichen gegenüber einer (konzernangehörigen) Gesellschaft verfügen, die berechtigt ist, die Lizenz unter gleichartigen Bedingungen wie nach diesem Abkommen zu nutzen (Art. II B.). Das Warenzeichen durfte von KG nur in Verbindung mit Waren und Dienstleistungen, die unter strenger Einhaltung der Qualitätsstandards hergestellt oder erbracht wurden, genutzt werden. M hatte insoweit weitgehende Überwachungsrechte und - bei Verletzung der Standards - kurzfristige Kündigungsrechte (Art. III). Die nach Art. II A. entstehenden Lizenzgebühren, fällig zum 31.12. des jeweiligen Kalenderjahrs, betrugen 0,95% des Jahresumsatzes der KG für die Nutzung des Warenzeichens und 0,05% des Jahresumsatzes der KG für die Nutzung des Namens (Art. VI A.). Für die Berechnung der Lizenzgebühren regelte Art. VI u.a., wie die KG der M hinsichtlich der Preise zu berichten hatte (Art. VI C.) und wie M befugt war, diese Berechnungen zu überprüfen (Art. VI C.).
In der Praxis der KG wurden zur Einhaltung der strengen Standards im Gesundheitswesen regelmäßig Einfuhrwaren einer testweisen Überprüfung unterzogen, die nach dem o.a. Vertrag keine Lizenzgebühren auslöste. Den Verkaufsteams der KG wurden regelmäßig von den eingeführten Waren Muster für Vorführzwecke zur Verfügung gestellt. Auf Grund der ständigen technischen Weiterentwicklung wurden ältere Produkte nicht mehr benötigt und waren auszusondern. Gleiches galt für Ausschuss bei Herstellungs- und Montageprozessen. Von Januar 2008 bis August 2011 machten lizenzgebührenfreie Verkäufe an andere konzernangehörige Gesellschaften etwa 20% der gesamten Verkäufe der KG aus. Gegen periodisch zu entrichtende Gebühren wartete die KG Geräte ihrer Kunden. Auch dabei wurden eingeführte Waren eingesetzt, teilweise in Geräte der Kunden eingebaut. Einen erheblichen Teil ihrer Umsatzerlöse erzielte die KG mit ihren Serviceleistungen.
Der Beklagte stellte in einer Zollprüfung, deren Ergebnis mit Bericht vom 08.09.2010 zusammengefasst wurde, für den Zeitraum vom 01.10.2007 bis zum 31.12.2009 u.a. fest, dass die Klägerin Drittlandswaren von konzernangehörigen Firmen bezogen, bei den Zoll- und Zollwertanmeldungen aber Lizenzgebühren seiner Auffassung nach zu Unrecht nicht angegeben hatte.
Für 2008 und 2009 ermittelte der Beklagte im Prüfungsbericht einen Zuschlagssatz der Zollwerte durch Berücksichtigung von Lizenzgebühren, indem er den Materialaufwand für aus Drittländern bezogenes Material (angemeldeter Zollwert zuzüglich entrichteter Zoll) zum gesamten Materialaufwand ins Verhältnis (36,97% für 2008 und 36,39% für 2009) setzte und anschließend den angemeldeten Zollwert um die anteiligen Lizenzgebühren erhöhte. Dabei ergab sich der zu ermittelnde Zuschlagssatz aus den anteiligen Lizenzgebühren im Verhältnis zum angemeldeten Zollwert und betrug für 2008 1,62% und für 2009 1,41%. Sodann erhöhte der Beklagte die Zollwerte der Ei...