Entscheidungsstichwort (Thema)
Zustimmung zu einem Insolvenzplan – Erlöschen von Steuerforderungen – Vollstreckungsverbot – Erlass korrigierter Steuerbescheide nach Feststellung zur Insolvenztabelle – Aussetzung der Vollziehung einer Abrechnungsmitteilung nach Steueranmeldung
Leitsatz (redaktionell)
- Ein Insolvenzplanverfahren führt nicht dazu, dass die bis dahin nicht erklärte und demzufolge auch von dem Finanzamt nicht zur Insolvenztabelle angemeldete Umsatzsteuer mit der Folge erlischt, dass das Finanzamt hierdurch am Erlass eines entsprechenden Umsatzsteuerbescheides gehindert ist.
- Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis erlöschen auch dann nicht mit der Zustimmung zu einem Insolvenzplan, wenn der Plan einen (Teil)-Erlass der Ansprüche vorsieht. Es besteht nur ein Vollstreckungs- und Aufrechnungsverbot.
- Durch die Feststellung von Forderungen zur Insolvenztabelle wird der Erlass eines anders lautenden Steuerbescheids nach Beendigung des Insolvenzverfahrens, sofern entsprechende Korrekturnormen eingreifen, nicht ausgeschlossen.
- Die Aussetzung der Vollziehung einer auf einer Steueranmeldung beruhenden Abrechnungsmitteilung für Umsatzsteuer kommt nur in Betracht, wenn die Abrechnung zugleich eine Zustimmung nach § 168 Satz 2 AO beinhaltet.
Normenkette
UStG § 18; AO §§ 47, 167-168, 251; InsO § 178 Abs. 3; FGO § 69
Tatbestand
Die Antragstellerin (GmbH) wurde für die Streitjahre 2009 und 2010 zunächst umsatzsteuerlich als unselbständige Organgesellschaft der A-GbR (Organträger) angesehen aufgrund der früheren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs - BFH -, wie sie u.a. in dessen Urteil vom 20.01.1999 XI R 69/97 (BFH/NV 1999, 1136) Ausdruck gefunden hat. Die für die Annahme einer Organschaft notwendige finanzielle Eingliederung wurde übereinstimmend zwischen den Beteiligten angenommen, weil der Gesellschafter/Geschäftsführer B sowohl zu 56,56 % an der A-GbR als auch zu 56,56 % an der Antragstellerin beteiligt war.
Durch Beschluss des AG D-Stadt 145 IN 1014/10 vom 1.2.2011 wurde über das Vermögen der Antragstellerin das Insolvenzverfahren eröffnet. Am 23.2.2011 reichte der Insolvenzverwalter einen Insolvenzplan ein, der durch Beschluss des Insolvenzgerichts vom 17.3.2011 bestätigt wurde. Umsatzsteuerforderungen des Antragsgegners, des Finanzamts - FA -, gegen die Antragstellerin betreffend die Streitjahre waren in dem Insolvenzplan nicht aufgeführt. Durch weiteren Beschluss des AG D-Stadt vom 30.3.2011 wurde das Insolvenzverfahren aufgehoben.
Infolge der geänderten Rechtsprechung des BFH durch dessen Urteil vom 01.12.2010 XI R 43/08 (BFHE 232, 550, BStBl II 2011, 600), wonach es für die finanzielle Eingliederung einer GmbH in eine Personengesellschaft nicht ausreiche, dass letztere nicht selbst, sondern nur ihr Gesellschafter mit Stimmenmehrheit an der GmbH beteiligt sei, gehen die Beteiligten nunmehr übereinstimmend davon aus, dass die Antragstellerin in den Streitjahren 2009 und 2010 nicht unselbständige Organgesellschaft der A-GbR gewesen sei, sondern umsatzsteuerlich als eigenständiges Unternehmen zu behandeln sei. Auf diese Rechtslage wies der Steuerberater der Antragstellerin den Antragsgegner, das FA erstmalig durch Schreiben vom 15.4.2011 hin.
In der Folgezeit reichte die Antragstellerin unter Berücksichtigung der geänderten BFH-Rechtsprechung am 5.11.2011 und am 9.11.2011 erstmalig Umsatzsteuererklärungen für die Jahre 2009 und 2010 ein. Die Festsetzung erfolgte für das Jahr 2009 erklärungsgemäß unter dem Vorbehalt der Nachprüfung durch Umsatzsteuerbescheid vom 25.10.2011. Für 2010 übersandte das FA der Antragstellerin am 29.11.2011 eine erklärungsgemäße Abrechnungsmitteilung.
Gegen die Umsatzsteuerfestsetzung 2009 hat die Antragstellerin am 26.10.2011 fristgemäß Einspruch eingelegt. Bezüglich der Umsatzsteuerfestsetzung 2010 ist das Einspruchsschreiben der Antragstellerin am 13.12.2011 beim FA eingegangen.
Das FA hat durch Bescheide vom 27.4.2012 80% der aufgrund der Umsatzsteuerfestsetzungen 2009 und 2010 festgestellten Nachzahlungsbeträge unter der aufschiebenden Bedingung einer Sicherheitsleistung von der Vollziehung ausgesetzt und im Übrigen eine Aussetzung der Vollziehung abgelehnt.
Die Antragstellerin beantragt nunmehr die gerichtliche Aussetzung der Vollziehung der Umsatzsteuerbescheide 2009 und 2010 in voller Höhe ohne Sicherheitsleistung.
Sie ist der Auffassung, die Bescheide seien rechtswidrig, wenn nicht gar unwirksam, da das FA durch die gerichtliche Bestätigung des Insolvenzplans mit ihren Umsatzsteuerforderungen gegen die Antragstellerin präkludiert sei. Es handele sich bei den Forderungen um Insolvenzforderungen, welche das FA im Rahmen des Insolvenzplanverfahrens hätte geltend machen müssen. Die Umsatzsteuerforderungen seien aufgrund des Insolvenzplans als erlassen anzusehen.
Wegen der weiteren Begründung des Antrags wird auf die Schriftsätze der Antragstellerin vom 24.5.2012, vom 26.6.2012 und vom 14.9.2012 jeweils nebst Anlagen Bezug genommen.
Die Antragstellerin beantragt,
den Umsatzsteuerbe...