Entscheidungsstichwort (Thema)
Ablaufhemmung bei Rücknahme und Ersetzung des Haftungsbescheides im Klageverfahren
Leitsatz (redaktionell)
Es erscheint ernstlich zweifelhaft, ob die Festsetzungsfrist für einen Haftungsanspruch bis zum Erlass eines Ersetzungsbescheides für den bisherigen mit der Klage angefochtenen Haftungsbescheid gehemmt wird, wenn die Finanzbehörde in dem den Ersetzungsbescheid enthaltenden Schreiben dem Erlass des neuen Haftungsbescheides die Erklärung der Rücknahme des bisher angefochtenen Haftungsbescheides räumlich voranstellt.
Normenkette
AO § 171 Abs. 3a, § 191 Abs. 3 S. 1
Tatbestand
Der Antragsteller war gemeinsam mit M Geschäftsführer der im Jahre 1990 in A gegründeten X und Y GmbH (X & Y GmbH). Geschäftsgegenstand der GmbH war der Groß- und Einzelhandel sowie der Im- und Export von Tonträgern.
Mit Vertrag vom 28.12.1991 veräußerte die GmbH mit Wirkung zum 01.01.1992 ihren Geschäftsbetrieb an die ebenfalls von dem Antragsteller als Geschäftsführer vertretene Z GmbH ( Z GmbH ). Der Kaufpreis sollte sich nach den Bilanzwerten zum 31.12.1991 der übernommenen Vermögensgegenstände abzüglich der übernommenen Verbindlichkeiten richten. Im übrigen heißt es in § 7 des Vertrages weiter: " Zu diesem Kaufpreis kommt die gesetzliche Mehrwertsteuer, die auf den Betrag für übernommene Wirtschaftsgüter ohne Abzug für übernommene Verbindlichkeiten zu zahlen ist."
Nach Vertragsschluß ruhte die Geschäftstätigkeit der X & Y GmbH, die später ihren Sitz nach B verlegte. Mit Beschluß vom 13.06.1995 wurde der Antragsteller zum alleinigen Geschäftsführer der GmbH bestellt. Im Jahre 1997 wurde die GmbH im Handelsregister gelöscht.
Über das Vermögen der Z GmbH wurde im Jahre 1994 das Konkursverfahren eröffnet.
Die Umsatzsteuerjahreserklärung 1992 der X & Y GmbH mit einer ausgewiesenen Zahllast von 48.159,30 DM ging am 21.04.1995 beim Finanzamt ein. Voranmeldungen für das Jahr 1992 waren nicht eingereicht worden. Auch waren keine Zahlungseingänge zu verzeichnen.
Nachdem der Antragsgegner mit Bescheid vom 24.10.1995 Zinsen zur Umsatzsteuer 1992 in Höhe von 2.886 DM festgesetzt hatte, nahm er den Antragsteller in seiner Eigenschaft als ehemaliger Geschäftsführer der X & Y GmbH mit Bescheid vom 29.05. 1998 wegen der rückständigen Umsatzsteuerschulden der GmbH nebst Zinsen und zwischenzeitlich verwirkter Säumniszuschläge in Haftung.
Nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhob der Antragsteller unter dem Aktenzeichen 3 K 372/00 H ( U, AO ) Klage und beantragte zugleich die Aussetzung der Vollziehung des Haftungsbescheids durch das Gericht. Mit Beschluß vom 07.09.2000 gab das Gericht dem Aussetzungsantrag statt, weil der Antragsgegner sein Ermessen nicht hinreichend ausgeübt bzw. die Ermessensausübung zumindest nicht hinreichend dokumentiert hatte.
Mit Schreiben vom 20.09.2000 nahm der Antragsgegner den angefochtenen Haftungsbescheid zurück und ersetzte ihn durch einen neuen Haftungsbescheid, in dem er u.a. ausführte, daß der Geschäftsführer M von der Haftung freigestellt werde, weil ein Pflichtverschulden des Antragstellers in höherem Maße mit hinreichender Begründung feststellbar sei. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des in der beigezogenen Gerichtsakte des Klageverfahrens 3 K 372/00 H (U) befindlichen Haftungsbescheides Bezug genommen.
Der Antragsteller erklärte das Klageverfahren in der Hauptsache für erledigt. Der Antragsgegner weigerte sich jedoch, eine entsprechende Erklärung abzugeben mit der Folge, daß der Senat die Erledigung des Klageverfahrens durch Urteil vom 16.11.2000 feststellte.
Nach erfolglosem Einspruchsverfahren gegen den neuen Haftungsbescheid hat der Antragsteller erneut unter dem Aktenzeichen 3 K 122/01 H (U) Klage erhoben, über die der Senat noch nicht entschieden hat. Auch begehrt er erneut die Aussetzung der Vollziehung dieses Haftungsbescheides durch das Gericht, nachdem der Antragsgegner einen entsprechend bei ihm gestellten Aussetzungsantrag abschlägig beschieden hat.
Zur Begründung führt der Antragsteller im wesentlichen aus, daß bezüglich der Umsatzsteuer 1992 gar kein Steuerbescheid ergangen sei. Insoweit rüge er die Überschreitung der Verjährungsfrist des § 191 Abs. 3 der Abgabenordnung - AO -. Auch sei er seinerzeit davon ausgegangen, daß die Komplettübertragung der Vermögenswerte der X & Y GmbH auf die Z GmbH nicht umsatzsteuerpflichtig gewesen sei. Der Vertrag sei standardisiert von seinem Berater erstellt worden. Nach Unterzeichnung des Vertrages hätten sich er und der Mitgeschäftsführer M an den damaligen Steuerberater, den sie auch schon im Laufe des Jahres jeweils befragt und konsultiert hätten, gewandt und sich erkundigt, was nach Vertragsabschluß noch zu veranlassen sei. Der Steuerberater habe mitgeteilt, daß nichts zu veranlassen sei. Im Glauben hierauf hätten sie die Angelegenheit auf sich beruhen lassen. Erst im Rahmen einer Umsatzsteuersonderprüfung sei festgestellt worden, daß die erteilte Auskunft des Beraters falsch gewesen sei. Danach sei die Umsatzsteuerja...