Entscheidungsstichwort (Thema)
Veränderbare wiederkehrende Bezüge und Sofortversteuerung bei Betriebsveräußerung; Betriebsveräußerung; Sofortversteuerung; Gewinnbeteiligung; Ertragsanteil; Betriebsveräußerung; Sofortversteuerung; Gewinnbeteiligung; Ertragsanteil
Leitsatz (redaktionell)
- Die Wahl der Sofortversteuerung bei Veräußerung eines Kommanditanteils ist auch bei Vereinbarung wiederkehrender Bezüge in Gestalt einer Gewinnbeteiligung als Kaufpreis zulässig.
- Die Ermittlung des bei Zufluss zu versteuernden Zinsanteils (5,5%) erfolgt in diesem Fall durch jährliche Neubewertung der Forderung unter Berücksichtigung des Gewinnanteils des Vorjahres. Die unveränderte Zugrundelegung des im Zeitpunkt der Veräußerung festgestellten Kapitalwerts führt demgegenüber bei variablen Bezügen zu wirtschaftlich nicht vertretbaren Ergebnissen.
Normenkette
EStG § 16 Abs. 1 Nr. 2, § 20 Abs. 1 Nr. 7, § 24 Nr. 2; BGB § 367 Abs. 1; EStR R 139 Abs. 11
Nachgehend
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten darüber, in welcher Höhe Gewinnanteilen, die dem Rechtsvorgänger der Klägerin, Herrn “S” (S.), in den Jahren 1988 und 1989 zugeflossen sind, steuerlich zu erfassen sind.
Der am 28.12.1902 geborenen und im Jahre 1993 verstorbenen S, war Kommanditist der “S GmbH & Co. KG” (nachfolgend: KG). Er veräußerte mit Kaufvertrag vom 19.07.1985 seinen Kommanditanteil an der KG an einen Mitgesellschafter. Der Kaufpreis bestand zum einen in der Zahlung der Kommanditeinlage in Höhe von 450.000 DM. Daneben sollte S. auf Lebenszeit den auf die verkaufte Beteiligung entfallenden Gewinnanteil i. H. von 22,28 v. H. mindestens jedoch einen jährlichen Festbetrag i. H. von 45.000 DM erhalten. Wegen der weiteren Einzelheiten des Anteilsveräußerungsvertrages wird auf die Vertragsurkunde vom 19.07.1985 Bezug genommen.
S. wählte nach Abschnitt 139 Abs. 11 Einkommensteuerrichtlinien die Sofortversteuerung, die der Beklagte im Veranlagungsjahr 1985 dementsprechend durchführte. Dabei legte er einen Veräußerungsgewinn in Höhe von 2.000.000 DM der Besteuerung zugrunde. In der Folgezeit erhielt S. folgende Zahlungen:
1985 |
1986 |
1987 |
1988 |
1989 |
336.265 DM |
783.765 DM |
881.630 DM |
1.083.014 DM |
1.105.272 DM |
S. erklärte diese in seinen Einkommensteuererklärungen jeweils als Leibrente mit einem Ertragsanteil von 9 v.H.. Der Beklagte folgte dem für die Veranlagungsjahre 1985 bis 1987. Abweichend hiervon erfaßte er in den Einkommensteuerbescheiden für die Streitjahre 1988 vom 15.02.1991 und 1989 vom 08.02.1991 die geleisteten Zahlungen als sonstige wiederkehrende Bezüge gem. § 22 Nr. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) und unterwarf sie in voller Höhe der Besteuerung. Die Einkommensteuer setzte er für das Jahr 1988 auf 693.025 DM und für das Jahr 1989 auf 752.718 DM fest.
Nach erfolglos durchgeführten Einspruchsverfahren hat S. am 17.4.1991 gegen die Einkommensteuerbescheide 1988 und 1989 sowie gegen die Einkommensteuervorauszahlungsbescheide 1990 und 1991 Klage erhoben. Während des Klageverfahrens hat der Beklagte mit Bescheid vom 3.12.1991 die Einkommensteuer 1989 auf 750.137 DM herabgesetzt. Die Änderung erfolgte aus nichtklagerelevanten Gründen. Die Klägerin hat beantragt, den Bescheid gem. § 68 Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des Verfahrens zu erklären. Nach Erlaß der Einkommensteuerbescheide 1990 und 1991 haben die Beteiligten den Rechtsstreit betreffen Einkommensteuervorauszahlungen 1990 und 1991 in der mündlichen Verhandlung vom 21.10.1996 übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt.
Die Klägerin hat zunächst vorgetragen:
Einem Steuerpflichtigen stehe es nach Verkauf eines Gewerbebetriebes gegen Gewährung wiederkehrender Bezüge grundsätzlich frei, zwischen einer Zufluß- oder einer Sofortbesteuerung des Veräußerungsgewinnes zu wählen. Wähle der Steuerpflichtige - wie geschehen - die Sofortbesteuerung, seien die zufließenden wiederkehrenden Bezüge nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (BFH) in einen Ertrags- und einen Tilgungsanteil zu zerlegen. Ausschließlich der Ertragsanteil sei zu versteuern, unabhängig davon, ob es sich bei den wiederkehrenden Bezügen um Renten oder dauernde Lasten handele. An die Ausübung des Wahlrechts sei der Steuerpflichtige gebunden. Die Wahl bedeute für ihn ein erhebliches wirtschaftliches Risiko. Der BFH habe klargestellt, dass die Ermittlung des Ertragsanteils in der Regel nicht durch ein versicherungsmathematisches Gutachten, sondern durch die Tabelle des § 22 Nr. 1 S. 3 a) EStG zu ermitteln sei. Die Tabelle sei in bewußter Abkehr von versicherungsmathematischen Grundsätzen so gestaltet, dass der Tilgungs- und der Ertragsanteil der Zahlungen gleichmäßig auf die Laufzeit der Rente verteilt werde. Dies gelte in entsprechender Anwendung auch für die dauernde Last. Die Tatsache, dass S. im vorliegenden Fall länger gelebt habe, als nach der durchschnittlichen Lebenserwartung errechnet, führe nicht dazu, dass man den Ertragsanteil nach versicherungsmathematischen Grundsätzen zu ...