Entscheidungsstichwort (Thema)
Unterstützung anderer Unternehmen bei der Besetzung von Führungspositionen als Beratungsleistung i.S.d. § 3a Abs. 4 Nr. 3 UStG
Leitsatz (redaktionell)
- Bei gemeinschaftsrechtskonformer Auslegung umfasst § 3a Abs. 4 Nr. 3 UStG jedwede Art von Beratungsleistungen, die hauptsächlich und gewöhnlich von den bezeichneten Berufen ausgeführt werden. Dabei muss die Beratung den Kern und das Schwergewicht der zu beurteilenden Leistung ausmachen.
- Ein Personalberatungsunternehmen, das seinen im Ausland ansässigen Auftraggeber durch Erarbeitung des Anforderungsprofils sowie Informationen über den Werdegang und die fachliche und persönliche Qualifikation der vorgeschlagenen Kandidaten bei der Besetzung offener Führungspositionen unterstützt, erbringt daher – in Abgrenzung zur Personalvermittlung – eine nicht steuerbare Beratungsleistung i. S. v. § 3a Abs. 4 Nr. 3 UStG am Sitz des Empfängers.
Normenkette
UStG § 1 Abs. 1 Nr. 1 S. 1, § 3a Abs. 1, 3 S. 1, Abs. 4 Nr. 3; EWGRL 388/77 Art. 9 Abs. 2 Buchst. e
Streitjahr(e)
2004
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin betreibt ein Unternehmen, dessen Tätigkeit u. a. darin besteht, andere Unternehmen bei der Besetzung von Führungspositionen zu unterstützen. Nach unbestrittener Darstellung der Klägerin besteht ihre typische Vorgehensweise bei einem solchen Auftrag in folgenden Arbeitsschritten:
1. Situationsanalyse und Auftragsklärung
Zunächst analysiert die Klägerin die Markt- und Wettbewerbssituation, die Unternehmensziele, die gegenwärtige und geplante Organisationsstruktur sowie das vorhandene Führungspotential des beauftragenden Unternehmens und erarbeitet einen Vorschlag für den geeigneten Lösungsweg.
2. Spezifikation und Auftragsbestätigung
Die Ziele, Strukturen, Aufgaben und Verantwortungsbereiche sowie die fachlichen und persönlichen Qualifikationen, die zur erfolgreichen Übernahme der zu besetzenden Position erforderlich sind, werden in einer schriftlichen Spezifikation beschrieben. Das Anforderungsprofil wird mit dem beauftragenden Unternehmen vereinbart und die zu untersuchenden Zielgruppen werden abgestimmt.
3. Systematische Marktforschung (Research)
Das Research-Team der Klägerin erfasst die in Betracht kommenden Unternehmen, erhebt relevante Informationen und überprüft Führungskräfte, die den Anforderungen entsprechen könnten.
4. Informations- und Beurteilungsgespräche
Die Klägerin lädt Kandidaten zu einem persönlichen Interview ein, analysiert deren fachliche und persönliche Eignung für die zu besetzende Position und bemüht sich, das Interesse der Kandidaten an dieser Position zu wecken.
5. Persönliche Vorstellung der Kandidaten
Die Klägerin schlägt dem beauftragenden Unternehmen ihr geeignet erscheinende Kandidaten vor und informiert es über diese Personen und deren beruflichen Hintergrund. Die Klägerin moderiert und begleitet die sich anschließenden Vorstellungsgespräche zwischen den Kandidaten und dem beauftragenden Unternehmen mit dem Ziel, die für die Endauswahl in Betracht kommenden Kandidaten zu bestimmen.
6. Eingehende Prüfung der Referenzen
Bei beiderseitigem Interesse an konkreten Vertragsverhandlungen holt die Klägerin Referenzen über die Kandidaten ein, um weitere Informationen über deren Charakter,
Fähigkeiten und praktische Bewährung in der Vergangenheit zu erhalten.
7. Unterstützung beim Vertragsabschluss
Hat sich das beauftragende Unternehmen für einen Kandidaten entschieden, hilft die Klägerin bei der Konzeption eines geeigneten Vertragsangebotes, um als Mittler zwischen dem Auftraggeber und dem Kandidaten eine ausgewogene Basis für das künftige Arbeitsverhältnis zu schaffen.
8. Beratung bei der Integration
Auch nach erfolgter Anstellung steht die Klägerin sowohl dem eingestellten Kandidaten als auch dem beauftragenden Unternehmen bei der Integration in das neue Wirkungsfeld beratend zur Verfügung.
Nach ihren Geschäftsbedingungen erhält die Klägerin als Gegenleistung für ihre Tätigkeit ein Nettohonorar von einem Drittel des Gesamteinkommens für die zu besetzende Position (zuzüglich ggf. pauschaler Reise- und Nebenkosten), welches in drei gleichen Raten (bei Auftragserteilung, sechs Wochen nach Auftragserteilung und zwölf Wochen nach Auftragserteilung) zu zahlen ist. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Geschäftsbedingungen (Bl. 29. d. A.) Bezug genommen. Für den Fall, dass ein von der Klägerin empfohlener Kandidat innerhalb der ersten zwölf Monate nach seiner Einstellung nicht den Erwartungen des beauftragenden Unternehmens entspricht, führt die Klägerin auf Wunsch – ohne zusätzliche Honorarberechnung, nur gegen Erstattung der Reise- und Nebenkosten – eine erneute Suche zur Besetzung dieser Position durch.
Im Streitjahr 2004 wurde die Klägerin von der A-Management Ltd. mit Sitz in England mit der Suche nach insgesamt vier Führungskräften für die von der A-Gruppe geplante Gründung eines neuen, im Niedrigpreissektor ange...