Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuerpflicht einer Yogaschule: Abgrenzung von reiner Freizeitgestaltung
Leitsatz (redaktionell)
- Die Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde gemäß § 4 Nr. 21 a) bb) UStG hat insoweit Indizwirkung für das Vorliegen umsatzsteuerfreier, unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienender Leistungen, als – sofern keine gegenteiligen Anhaltspunkte vorliegen – davon auszugehen ist, dass Leistungen, die tatsächlich dem Anforderungsprofil der Bescheinigung entsprechen, nicht den Charakter einer bloßen Freizeitgestaltung haben (Anschluss an Urteil des BFH vom 28.05.2013 XI R 35/11, BFH/NV 2013, 1740).
- Hat die Bezirksregierung dem Stpfl. bescheinigt, dass er mit den in seiner Yogaschule durchgeführten Bildungsmaßnahmen (Ausbildung zum Heilpraktiker, Trainer für Autogenes Training, Yogalehrer, Entspannungstherapeuten etc.) ordnungsgemäß auf einen Beruf oder auf eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung vorbereitet, besteht für eine - zur Abgrenzung von einer reinen Freizeitgestaltung vorgenommene - Überprüfung der Qualität der Kurse durch die Finanzbehörde kein Raum mehr.
- Dass die Bildungsmaßnahmen auch der Gesundheitsvorsorge dienen können, ist kein konkreter Anhaltspunkt für eine reine Freizeitgestaltung.
Normenkette
UStG § 4 Nr. 21 a) bb)
Nachgehend
BFH (Beschluss vom 21.07.2014; Aktenzeichen V B 16/14) |
Tatbestand
Der Kläger betreibt seit dem … ein Institut für Gesundheitsförderung. Streitig ist, ob und ggf. inwieweit er mit seiner Tätigkeit umsatzsteuerpflichtig ist. Das Finanzamt setzte mit Bescheid vom 17.2.2009 Umsatzsteuern für 2005 in Höhe von insgesamt 10.824,86 € fest. Die Bemessungsgrundlage waren 89.150,00 € - die Vorsteuern wurden mit 3.439,14 € angenommen.
Der Kläger ist Diplom-Sozialarbeiter(...) und er machte (...) eine zweijährige Weiterbildung zum Psychologischen Berater. Hinzu kam eine (...) Fortbildung zum Kursleiter für Autogenes Training/Entspannungstherapeut und (...) zum Yogalehrer (...).
In seiner Yogaschule wurden insbesondere Yoga, Rückenschule, Pilates, Wirbelsäulengymnastik, Nichtrauchertraining und Autogenes Training angeboten und es wurden sowohl fortlaufende als auch auf eine bestimmte Stundenzahl beschränkte Kurse vom Kläger selbst und von (...) freien Mitarbeitern durchgeführt. (...) Einige freie Mitarbeiter sind zusätzlich Yogalehrer/-innen. Die Therapeuten haben eigene Zulassungen bei der Krankenkasse und rechnen selbständig mit dem Kläger ab.
Der Kläger traf mit einigen Krankenkassen Vereinbarungen über die Durchführung primärpräventiver Maßnahmen nach § 20 Abs. 1 SGB V. Die Zulassungskriterien für Anbieter der Präventionsmaßnahmen sind im „Leitfaden Prävention” der Arbeitsgemeinschaft der Spitzenverbände der Krankenkassen geregelt. Mit einigen Krankenkassen bestehen direkte Kooperationen. Die Krankenkassen erkennen auch schriftlich einzelne Angebote zur Prävention als förderungswürdig an.
Im Internet sind die „Allgemeinen Teilnahmebedingungen”, an den Kursen des Klägers eingestellt. Dort ist folgendes ausgeführt:
[…]
Die Kursteilnehmer haben nach Auskunft des Klägers folgende Beschwerden:
Herz-Kreislauferkrankungen, Diabetes mellitus, bösartige Neubildungen, Krankheiten des Skelettes, der Muskeln und des Bindegewebes, Krankheiten des Nervensystems, der Sinnesorgane sowie psychische und psychosomatische Krankheiten, Bluthochdruck, hoher Cholesterinspiegel.
Jeder Kunde wird eingehend beraten. Die angebotenen Maßnahmen sind nicht von einer ärztlichen Zuweisung abhängig. Die Kursgebühren werden in der Regel von den Kursteilnehmern bezahlt. Sie erhalten eine Teilnahmebestätigung über ihre regelmäßige Teilnahme. Sofern sie 80 % der Kursstunden besuchen, können sie sich je nach Krankenkasse 80 – 100 % der Kursgebühr von dieser erstatten lassen. Auch die Anzahl der geförderten Kurse pro Jahr variiert je nach Krankenkasse von einem Kurs pro Jahr bis zu einem Kurse pro Präventionsgebiet. In einigen Fällen wird auch direkt mit der Krankenkasse abgerechnet.
(...) In 2006 haben im Durchschnitt ca. 260 Personen monatlich Angebote des Instituts in Anspruch genommen. Ca. 70% der Teilnehmer kommen auf Empfehlung der Krankenkassen zu den Kursen des Klägers; viele auch auf ärztlichen Rat.
Der Kläger bietet die Kurse ohne Umsatzsteuer an. Er gab seit Beginn der Tätigkeit keine Umsatzsteuererklärungen ab, da er von der Steuerfreiheit der Leistungen ausging. (...)
Der Einspruch gegen die Umsatzsteuerfestsetzung für 2005 hatte keinen Erfolg. (...)
Hiergegen richtet sich die Klage.
Der Kläger stützt sich (...) auf § 4 Nr. 21 UStG. Dazu legte er eine Bescheinigung der Bezirksregierung vom 01.09.2009 vor, nach der ihm gemäß § 4 Nr. 21 a) bb) UStG bescheinigt wird, dass er mit seinen Bildungsmaßnahmen
Vorbereitung auf die amtsärztliche Prüfung zum/zur Heilpraktiker/in Psychotherapie
Ausbildung zum/zur Shiatsu-Lehrer/in
Ausbildung zum/zur Trainer/in für Autogenes Training, Progressive Muskelentspannung, Tai Chi und Qi Gong
Ausbildu...