Entscheidungsstichwort (Thema)

Verwendung einer falschen Kennziffer als offenbare Unrichtigkeit - Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Wird in einem Änderungsbescheid über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes einer Organgesellschaft die EDV-Programmkennziffer für das Bestehenbleiben des Vorbehalts der Nachprüfung irrtümlich im Sachbereich für die Gewerbesteuermessbetragsfestsetzung angewiesen, obwohl nur eine vorbereitende Ermittlung des Gewerbeertrags und Gewerbekapitals mit dem Ziel der Feststellung verbleibender vortragsfähiger vororganschaftlicher Gewerbeverluste erfolgen soll, so stellt die hierdurch – aufgrund der besonderen Erfordernisse für eine Eingabe bei Gewerbesteuerorgansignalen -bewirkte Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung für die Verlustfeststellung eine nach § 129 AO zu berichtigende Unrichtigkeit dar.
  2. Die Dienstanweisungen zur Dateneingabe sind keine Rechtsnormen i.S. der Rechtsprechung zu § 129 AO, sondern lediglich Arbeitshilfen. Ein Irrtum des Bearbeiters über die Bedeutung von ihm eingegebener Schlüsselzahlen zur Datenverarbeitung ist daher eine „ähnliche” offenbare Unrichtigkeit und kein Rechtsanwendungsfehler.
  3. Aufgrund der Änderungsbefugnis nach § 129 AO kann in diesem Fall sogleich eine nach § 164 Abs. 2 AO geänderte Verlustfeststellung ergehen.
 

Normenkette

AO §§ 129, 164

 

Tatbestand

Die Klägerin ist im Rahmen einer doppelstöckigen gewerbesteuerlichen Organschaft Organträgerin und war zugleich Organgesellschaft der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen, die für die Erträge der Organgesellschaft gewerbesteuerpflichtig war.

Die Klägerin reichte die Gewerbesteuererklärung 1995 beim Finanzamt A-Stadt ein. Die Klägerin firmierte seinerzeit unter der Firma „C-FIRMA GmbH”; die betreffende Steuernummer lautete xxx/yyyy/4794. Da die Klägerin mit inländischen Gesellschaften in einem gewerbesteuerlichen Organkreis verbunden war, wies sie auf entsprechende Gewerbeerträge der Organgesellschaften hin. In Zeile 45 des Erklärungsvordrucks GewSt 1 A (Anlage K 3) war der Vermerk „siehe Anlage” eingetragen. In einer separaten Anlage zur Gewerbesteuererklärung (Anlage K 3 a) waren diese Organgesellschaften namentlich benannt. Teilweise wurde der jeweilige Gewerbeertrag angegeben, teilweise war vermerkt: „von Amts wegen”.

Der Beklagte erließ mit Datum vom 03.01.1997 einen Bescheid für 1995 über den einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag (Bl. 25 d. Finanzgerichts - FG -Akte). Hierbei ließ er den Gewerbeertrag der Organgesellschaften in vollem Umfang unberücksichtigt. Dieser Bescheid erging nach § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung - AO - unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Der darin festgestellte Verlust für das Jahr 1995 betrug 5.174.366 DM. Ein in dem Bescheid genannter vortragsfähiger Gewerbeverlust zum 31.12.1994 in Höhe von 3.113.521 DM wirkte sich mangels eines positiven Gewerbeertrages 1995 nicht aus. Dieser Bescheid wurde in der Folge aufgehoben, da die Klägerin Organgesellschaft der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen, der C-FIRMA XX GmbH, war.

Mit Datum vom 06.01.1997 erließ der Beklagte einen Bescheid auf den 31.12.1995 über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes (Bl. 26 d. FG-Akte). Dieser ebenfalls unter dem Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 Abs. 1 AO ergangene Bescheid stellte einen nach § 10 a Gewerbesteuergesetz - GewStG - vortragsfähigen Gewerbeverlust in Höhe von 8.287.887 DM fest (Gewerbeverlust zum 31.12.1994 in Höhe von 3.113.521 DM zzgl. des durch Bescheid vom 03.01.1997 berechneten Gewerbeverlustes in Höhe von 5.174.366 DM).

Mit Datum vom 17.02.1997 erließ der Beklagte einen Änderungsbescheid „über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes” auf den 31.12.1995 (Bl. 27 d. FG-Akte). Er berücksichtigte einen Gewerbeertrag der Organgesellschaften in Höhe eines Betrages von 5.321.944 DM, den er aus einer von der Klägerin beigefügten Anlage zur Gewerbesteuererklärung entnahm. In dieser Anlage hatte die Klägerin die bekannten Gewerbeerträge der Organgesellschaften (319.257 DM; ./. 80.848 DM; 1.140.414 DM; 3.943.121 DM) erfasst und zu den noch nicht bekannten Gewerbeerträgen der C-FIRMA A-Stadt und der C-FIRMA Z-Team vermerkt „von Amts wegen”. Unter Berücksichtigung dieses Gewerbeertrages der Organgesellschaften in Höhe von 5.321.944 DM gelangte der Beklagte für 1995 zu einem Gewerbeertrag vor Verlustabzug in Höhe von 147.578 DM. In dieser Höhe wurde der auf den 31.12.1994 festgestellte Gewerbeverlust i.H.v. 3.113.521 DM angerechnet. Es verblieb ein vortragsfähiger Gewerbeverlust zum 31.12.1995 i.H.v. 2.965.943 DM (Verlustvortrag zum 31.12.1994 i.H.v. 3.113.521 DM abzüglich Gewerbeertrag 1995 i.H.v. 147.578 DM). Der Bescheid ließ den Gewerbeertrag der C-FIRMA A-Stadt GmbH von 9.427.434 DM und der C-FIRMA Z-Team von 28.294 DM (zusammen 9.455.728 DM) unberücksichtigt. Für diese Gesellschaften lagen noch keine Mitteilungen vor. Der Bescheid erging unter der Steuer-Nr. xxx/yyyy/4794. Der Bescheid...

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