vorläufig nicht rechtskräftig
Revision zugelassen durch das FG
Entscheidungsstichwort (Thema)
Sonderausgabenabzug für Altersvorsorgebeiträge: Einwilligung in die Datenübermittlung bei Überschreitung der für Beamte geltenden Zweijahresfrist und bei Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
Leitsatz (redaktionell)
- Eine Beamtin, die die Einverständniserklärung zur Übermittlung von Daten an die zuständige Stelle erst nach Ablauf der Zweijahresfrist des § 10a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 EStG gegenüber ihrer Besoldungsstelle abgibt, hat keinen Anspruch auf den zusätzlichen Sonderausgabenabzug sowie auf Feststellung der über die Altersvorsorgezulage hinausgehenden Steuerermäßigung nach § 10a EStG.
- Verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese Regelung bestehen nicht.
- Ein Irrtum über die Voraussetzungen der Förderberechtigung nach § 10a EStG rechtfertigt keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Bezug auf die versäumte Zweijahresfrist.
Normenkette
EStG § 10a Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Abs. 4, 5 S. 4, §§ 81a, 91 Abs. 1-2; AO §§ 110, 173 Abs. 1 S. 1 Nr. 1; GG Art. 3 Abs. 1
Streitjahr(e)
2009, 2010
Tatbestand
Streitig sind die Voraussetzungen der steuerlichen Förderung nach § 10a i.V.m. §§ 79 ff. des Einkommensteuergesetzes (EStG) für die Jahre 2009 und 2010.
Die Klägerin ist Beamtin. Sie war zunächst in der Finanzverwaltung des Landes NRW tätig. Die ihre Besoldung anordnende Stelle war das Landesamt für Besoldung und Versorgung NRW.. Ende 2002 schloss sie bei der A-Bank einen Altersvorsorgevertrag nach dem Altersvermögensgesetz vom 26.06.2001 (Bundessteuerblatt -BStBl- I 2001, 420) zum Aufbau der sog. Riester-Rente ab. Im Jahr 2008 wechselte sie den Dienstherrn und ist seitdem bei einer Bundesbehörde beschäftigt. Seit November 2008 ist das C-Amt für die Besoldung mit Dienstsitz in B zuständig. In den Einkommensteuererklärungen für 2009 und 2010 machte sie – wie in den Vorjahren – die gezahlten Altersvorsorgebeiträge als Sonderausgaben geltend. Der Beklagte gewährte den Sonderausgabenabzug erklärungsgemäß (Einkommensteuerbescheide für 2009 vom 26.07.2010 und für 2010 vom 22.12.2011). Außerdem wurde jeweils die über die Altersvorsorgezulage hinausgehende Steuerermäßigung nach § 10a Abs. 4 EStG (zuletzt für 2009 i.H.v. 629 € und für 2010 i.H.v. 176 €) gesondert festgestellt.
Die Zentrale Zulagenstelle für Altersvermögen (ZfA) teilte dem beklagten Finanzamt unter dem 02.05.2012 mit, dass die Klägerin für den Veranlagungszeitraum 2009 nicht zum berechtigten Personenkreis nach § 10a EStG gehöre. Eine entsprechende Mitteilung der ZfA erfolgte unter dem 06.04.2013 auch für den Veranlagungszeitraum 2010. Der Beklagte teilte der Klägerin mit Schreiben vom 16.07.2013 mit, dass ihr nach den Mitteilungen der ZfA der Sonderausgabenabzug nach § 10a EStG nicht zustehe und daher die Einkommensteuerbescheide für 2009 und 2010 gemäß § 91 Abs. 1 Satz 4 EStG zu ändern seien. Daraufhin erteilte die Klägerin gegenüber dem C-Amt ihre Einwilligung zur Übermittlung und Verwendung von Daten für Zwecke der steuerlichen Förderung der privaten Altersvorsorge nach § 10a EStG ab dem 01.01.2008 (Erklärung vom 20.07.2013).
Mit Änderungsbescheiden vom 11.09.2013 erhöhte der Beklagte die Einkommensteuer für 2009 auf 9.975 € und für 2010 auf 12.536 €. Er war der Ansicht, dass der Sonderausgabenabzug nach § 10a EStG nicht mehr gewährt werden könne, weil die Einwilligung in die Datenübermittlung im Juli 2013, also erst nach Ablauf des zweiten Kalenderjahres, das auf das Beitragsjahr folge, erteilt worden sei. Außerdem wurde jeweils die über die Altersvorsorgezulage hinausgehende Steuerermäßigung nach § 10a Abs. 4 EStG i.H.v. 0 € gesondert festgestellt.
Hiergegen legte die Klägerin Einspruch ein, mit dem sie geltend machte, dass es aufgrund eines Wechsels des Dienstherrn Ende 2008 zu einer Unterbrechung der automatisierten Datenübermittlung an die ZfA gekommen sei. Dies habe sie erst aufgrund des Schreibens des beklagten Finanzamts vom 16.07.2013 erfahren. Die Zustimmung sei sogleich mit Schreiben vom 20.07.2013 nachgeholt worden. Ein Wiedereinsetzungsantrag sei gestellt worden. Außerdem habe die Zweijahresfrist keine Auswirkungen auf die Gewährung des Sonderausgabenabzugs. Diese existiere vielmehr nur aus Gründen des Datenschutzes, nicht aus steuerlichen Gründen. Darüber hinaus sei das Finanzamt nicht zuständig, sondern die ZfA.
Der Beklagte wies den Einspruch als unbegründet zurück (Einspruchsentscheidung vom 28.11.2013). Zur Begründung führte er aus:
Eine Überprüfung der Mitteilungen der ZfA habe ergeben, dass die Klägerin der Übermittlung der Daten nach § 10a Abs. 1 Satz 1 EStG nicht im Rahmen der dort genannten Zweijahresfrist zugestimmt habe. Die Bescheide seien daher zwingend nach § 91 Abs. 1 Satz 4 EStG zu ändern. Das Finanzamt habe dabei in eigener Zuständigkeit die Mitteilungen, welche keine Grundlagenbescheide seien, zu prüfen. Bei der Zweijahresfrist handele es sich um eine gesetzliche Regelung, die Voraussetzung für den Abzug der Beiträge als Sonderausgaben sei. D...