Entscheidungsstichwort (Thema)
Einreihung von Rädern und Rollen als Teile für nicht selbstfahrende Fahrzeuge – Möglichkeit einer anderen Verwendung – Maßgeblichkeit der erkennbaren Zweckbestimmung
Leitsatz (redaktionell)
Räder und Rollen, die entsprechend ihrer Konstruktion und Auslegung sowie ihrer erkennbar vorgesehenen Verwendung zur Herstellung von Handwagen aller Art und Sackkarren bestimmt sind, sind ungeachtet der theoretisch denkbaren Möglichkeit einer anderen Verwendung als Teile für nicht selbstfahrende Fahrzeuge in die Position 8716 KN einzureihen.
Normenkette
ZK Art. 220 Abs. 1 S. 1; KN UPos. 8716 90 90; KN UPos. 7326 90 98
Tatbestand
Die Klägerin stellt Räder und Rollen für industrielle Zwecke her und handelt mit diesen Waren. Sie führte die Waren aus dem Ausland ein, die sie an Kunden verkaufte, die damit Handtransportkarren, Handwagen aller Art zum Befördern von Waren, Sackkarren und ähnliche Fahrzeuge zum Befördern von Waren herstellten.
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Die Klägerin ließ die von ihr eingeführten Waren in dem Zeitraum vom…Februar 2013 bis zum…Juni 2015 unter der Unterposition 8716 90 90 der Kombinierten Nomenklatur (KN) als andere Teile für nicht selbstfahrende Fahrzeuge bei verschiedenen Zollbehörden in der Bundesrepublik Deutschland anmelden. Im Anschluss an eine Außenprüfung…kam das beklagte Hauptzollamt zu der Auffassung, dass die Waren als andere Waren aus Eisen oder Stahl in die Unterposition 7326 90 98 KN einzureihen seien. Es erhob deshalb von der Klägerin mit drei Bescheiden vom 20. Januar 2016 insgesamt…€ Zoll nach.
Mit ihrem hiergegen eingelegten Einspruch trug die Klägerin vor: Die zur Begründung für die Nacherhebung genannte Durchführungsverordnung (EU) Nr. 728/2013 (DVO Nr. 728/2013) der Kommission vom 25. Juli 2013 zur Einreihung bestimmter Waren in die Kombinierte Nomenklatur (ABl. EU Nr. L 203/1) sei erst am 20. August 2013 in Kraft getreten und beziehe sich nur auf Waren aus rostfreiem Stahl. Die von ihr eingeführten Waren hätten andere Maße als die in der DVO Nr. 728/2013 beschriebenen Waren gehabt. Die Waren mit der Artikelnummer … hätten zudem kein Rad gehabt, bei dem die Felge und die Lauffläche aus einem unterschiedlichen Material hergestellt worden seien. Die von ihr eingeführten Waren seien besonders konstruiert und geeignet, um ausschließlich für Fahrzeuge der Position 8716 KN verwendet zu werden. Sie seien in Übereinstimmung mit der Euronorm EN 12532 hergestellt worden. Diese Norm regele die Anforderungen, Abmessungen und Prüfungen für Räder und Rollen für Geschwindigkeiten bis zu 4 km/h, bei denen die Bewegung durch menschliche Kraft stattfinde. Von dieser Norm seien ausdrücklich Rollen für Möbel, Bürostühle, Apparate und Krankenbetten ausgenommen. Überdies habe die ausländische Zollverwaltung einer Tochtergesellschaft eine verbindliche Zolltarifauskunft erteilt, mit der die Rollen in die Unterposition 8716 90 90 KN eingereiht worden seien.
Das beklagte Hauptzollamt wies den Einspruch mit Entscheidung vom 3. März 2017 zurück und führte aus: Die Waren könnten nicht in die Position 8716 KN eingereiht werden. Auch unter Berücksichtigung der Tragfähigkeit der Waren und ihrer Herstellung in Übereinstimmung mit der Euronorm EN 12532 sei nicht zu erkennen gewesen, dass sie ausschließlich oder hauptsächlich als Teile für nicht selbstfahrende Fahrzeuge der Position 8716 KN zu verwenden gewesen seien. Hinsichtlich der Waren sei wegen des Fehlens einer Befestigungsplatte und ihrer unspezifischen Gestaltung nicht zu erkennen gewesen, dass sie ausschließlich oder hauptsächlich für selbstfahrende Fahrzeuge bestimmt gewesen seien. Die Rollen seien auf Grund ihrer Beschaffenheit zur Anbringung an Waren verschiedenster Art geeignet gewesen, sofern eine Tragfähigkeit zwischen 100 und 200 kg erforderlich gewesen sei. Denkbar sei neben einer Verwendung für selbstfahrende Fahrzeuge eine Verwendung für Geräte und Apparate des Abschnitts XVI KN oder für Rollplatten und Transportroller der Position 7326 KN. Dies ergebe sich aus den mit einem einfachen Lochbild versehenen Befestigungsvorrichtungen, auf Grund derer die Rollen an jeder Hauptware hätten befestigt werden können. Es komme deshalb nicht mehr darauf an, ob die von der Klägerin eingeführten Waren mit den in der DVO Nr. 728/2013 beschriebenen Waren zu vergleichen seien. Die von der Klägerin genannte verbindliche Zolltarifauskunft sei zum Zeitpunkt der fraglichen Einfuhren nicht mehr gültig gewesen und nicht ihr selbst erteilt worden.
Die Klägerin trägt mit ihrer Klage vor: Die von ihr eingeführten Waren seien auf Grund ihrer Tragfähigkeit sowie ihrer Nutzbarkeit unter Volllast bei einer Beförderungsgeschwindigkeit von 4 km/h Teile für selbstfahrende Fahrzeuge gewesen. Sie seien üblicherweise und damit hauptsächlich zur Herstellung von nicht selbstfahrenden Fahrzeugen verwendet worden, selbst wenn man sie theoretisch auch für andere Waren hätte verwenden können. Dabei sei insbesondere zu berücksichtigen, dass die mit den Waren hergestellten Wagen re...