Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer 1994
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Wegen Nichtabgabe der Einkommensteuererklärung 1994 schätzte der Beklagte die Besteuerungsgrundlagen und setzte mit Bescheid vom 26. Februar 1996 die Einkommensteuer auf 45.846 DM fest. Der Bescheid wurde durch die Post förmlich zugestellt. Nach den Angaben auf der Postzustellungsurkunde fand die Zustellung am 27. Februar 1996 durch Niederlegung beim Postamt statt. Der Postzusteller bestätigte durch sein Unterschrift, daß er die schriftliche Benachrichtigung über die vorzunehmende Niederlegung unter der Anschrift des Empfängers – wie bei gewöhnlichen Briefen üblich – in den Hausbriefkasten eingelegt habe.
Am 20. Mai 1996 erhob der Kläger im Anschluß an eine ihm zugegangene Mahnung vom 19. April 1996 Einspruch. Er habe erst jetzt erfahren, daß ihm am 26. Februar 1996 ein Bescheid zugestellt worden sei. Er habe seinerzeit aber weder den Steuerbescheid noch die schriftliche Benachrichtigung über die Niederlegung erhalten. Den Steuerbescheid habe er erst jetzt vom Postamt abgeholt.
Der Beklagte wies den Einspruch als verspätet zurück und lehnte in diesem Zusammenhang auch den – für den Kläger von dem inzwischen eingeschalteten Prozeßvertreter gestellten – Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ab. Der Kläger habe weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht, daß der in seinen Briefkasten eingelegte Benachrichtigungsschein ohne sein Verschulden abhanden gekommen sei.
Mit der Klage begehrt der Kläger erneut, ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, weil er den Benachrichtigungszettel nicht erhalten habe. Die Tatsache, daß vor und nach der Niederlegung des Steuerbescheids die Postsendungen des Finanzamts als „einfache Briefe” zugegangen seien, darunter auch die Mahnung und die Einspruchsentscheidung, zeige, daß der Postzugang grundsätzlich gewährleistet sei (wörtlich: „… mit der zu erwartenden Sorgfalt erfolge”). Angesichts der Abweichung zwischen der rechtswidrig überhöhten Steuerschätzung und des sich aufgrund der tatsächlichen Verhältnisse ergebenden Erstattungsbetrags hätte der Kläger unverzüglich Einspruch eingelegt, wenn er seinerzeit bereits von dem Steuerbescheid Kenntnis erlangt hätte. Daß er dies nicht getan habe, spreche – so sinngemäß – dafür, daß er ihn tatsächlich nicht erhalten habe.
Im übrigen könne der Kläger der Rechtsprechung nicht folgen, daß die Beurkundung über den Einwurf eines Benachrichtigungszettels in den Briefkasten des Empfängers ein Beweis für die tatsächliche Benachrichtigung sein solle. Der Postzusteller kreuze nur die in dem Vordruck vorgegebene Textpassage an, weil er wisse, daß er an dieser Stelle ein „Kreuz” machen müsse. Damit sei jedoch weder bewiesen, ob überhaupt eine Benachrichtigung eingeworfen worden sei, noch ob die Benachrichtigung gegebenenfalls in den richtigen Briefkasten gelangt sei. Erst eine Befragung des Postzustellers über seine persönlichen und allgemeinen organisatorischen Vorkehrungen unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten lasse die sichere Feststellung zu, ob ein Einwurf des Benachrichtigungszettels grundsätzlich sichergestellt sei.
Der Kläger beantragt,
den angefochtenen Einkommensteuerbescheid 1994 vom 26. Februar 1996 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 4. Juni 1996 unter Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand dahingehend abzuändern, daß die Einkommensteuer nach einem zu versteuernden Einkommen von 72.060 DM auf 18.830 DM und die Kirchensteuer auf 1.667,70 DM festgesetzt wird,
hilfsweise die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Gericht hat über die näheren Umstände des Einwurfs der schriftlichen Benachrichtigung über die vorzunehmende Niederlegung der Postsendung vom 27. Februar 1996 in den Briefkasten des Klägers Beweis erhoben durch Vernehmung des Postzustellers Volker Janßen als Zeugen. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Niederschrift vom heutigen Tag Bezug genommen. Wegen des weiteren Sachverhalts und Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und die dem Gericht vorgelegten Steuerakten des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
Der Beklagte hat den Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid vom 26. Februar 1996 zu Recht als verspätet zurückgewiesen und zu Recht eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 110 Abgabenordnung – AO – abgelehnt.
1. Nach dem Inhalt der Postzustellungsurkunde vom 27. Februar 1996 in Verbindung mit dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung und Beweisaufnahme steht fest, daß dem Kläger die für ihn bestimmte Postsendung mit dem Einkommensteuerbescheid 1994 vom 26. Februar 1996 am 27. Februar 1996 durch Niederlegung beim Postamt ordnungsgemäß zugestellt und damit bekanntgegeben worden ist (§ 122 Abs. 5 AO in Verbindung mit § 11 Abs. 1 und 2 Verwaltungszustellungsgesetz – VwZG-). Da der hiergegen gerichtete Einspruch erst am 20. Mai 1996 erhob...