rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Unzulässigkeit einer Ansparrücklage zur Existenzgründung bei Praxisvertretung vor Niederlassung in eigener Praxis
Leitsatz (redaktionell)
- Die Erzielung von Gewinneinkünften als Praxisvertreter im Vorgründungszeitraum schließt die Existenzgründereigenschaft eines selbständigen Augenarztes nach seiner Niederlassung in eigener Praxis aus.
- Die Praxisvertretungen stellen keine Vorbereitungshandlung für die eigene Praxiseröffnung dar.
Normenkette
EStG § 7g Abs. 7
Streitjahr(e)
2003
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Auflösung einer Ansparrücklage.
Die verheiratete Klägerin ist von Beruf Ärztin. Sie erzielte im Streitjahr 2003 Einkünfte aus selbständiger Arbeit als Augenärztin mit eigener Praxis. Die Praxis wurde im Jahr 1999 eröffnet. Bereits in den Jahren 1997 und 1998 erzielte der Klägerin Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit aus Praxisvertretungen (1997: 660,00 DM, 1998: 41.366,79 DM). In der nach § 4 Abs. 3 Einkommensteuergesetz – EStG – erstellten Gewinnermittlung der Arztpraxis war ein Sonderposten mit Rücklagenanteil nach § 7 g Abs. 3 und 7 EStG in Höhe von 24.690,58 € ausgewiesen.
Mit Schreiben vom 06.12.2004 bat der Beklagte um Erläuterung dieses Sonderpostens und um Stellungnahme zu der in 2001 gebildeten Rücklage in Höhe von 21.758,00 €. Der Beklagte vertrat die Auffassung, dass die in 2001 gebildete Rücklage gewinnerhöhend aufzulösen und eine Verzinsung nach § 7g Abs. 5 EStG durchzuführen sei. Mit Schreiben vom 09.12.2004 teilte die Klägerin mit, dass sie eine Existenzgründerin im Sinne § 7 Abs. 7 EStG sei und dementsprechend die Rücklage noch nicht aufgelöst werden müsse. Der Beklagte wies mit Schreiben vom 20.12.2004 darauf hin, dass die Klägerin bereits 1997 und 1998 Einkünfte aus selbständiger Arbeit (Praxisvertretung) erzielt habe und daher die Voraussetzung des § 7 g Abs. 7 nicht erfüllt sei.
Im erstmaligen Einkommensteuerbescheid 2003 vom 03.02.2005 wurde die in 2001 gebildete Rücklage in Höhe von 21.758,00 € gewinnerhöhend aufgelöst und mit 12 % in Höhe von 2.610,00 € verzinst. Der erklärte Gewinn aus selbständiger Arbeit von 53.678,00 € wurde auf 78.046,00 € erhöht.
Die Klägerin legte gegen den Einkommensteuerbescheid 2003 Einspruch ein. Sie trug vor, die Praxiseröffnung sei bereits mit der Approbation im Jahre 1997 erfolgt. Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 07.07.2005 als unbegründet zurück. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die in den Steuerakten befindliche Einspruchsentscheidung verwiesen.
Mit ihrer nunmehr erhobenen Klage trägt die Klägerin vor, sie sei Existenzgründerin im Sinne des § 7 g Abs. 7 EStG. Die Betriebseröffnung beginne zu dem Zeitpunkt, in dem der Steuerpflichtige Tätigkeiten aufnehme, die objektiv erkennbar auf die Vorbereitung der betrieblichen Tätigkeit gerichtet seien und sei nach dem Erwerb aller wesentlichen Grundlagen abgeschlossen. Als Betriebseröffnung sei hier die erstmalige Aufnahme ihrer selbständigen Tätigkeit als Praxisvertreterin im Jahr 1997 anzusehen und nicht die Eröffnung der eigenen Praxis im Jahr 1999, wovon der Beklagte ausgehe. Der Beklagte behandele fehlerhaft die Praxis als neuen Betrieb und unterscheide damit zwischen der Tätigkeit der Klägerin im Jahre 1997 und 1998 einerseits und der in den Jahren ab 1999 andererseits ausgeübten Tätigkeit. Der Beklagte lasse hierbei außer Acht, dass sich ihre Tätigkeit für sich betrachtet nicht geändert habe. Sie sei seit 1997 als Augenärztin tätig und erziele hieraus Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit. Die heilberufliche Tätigkeit als solche sei dieselbe, unabhängig davon, ob sie eigene oder fremde Patienten behandelt. Sie habe mit Aufnahme der beruflichen Tätigkeit im Jahr 1997 ihren Betrieb eröffnet und diesen seitdem ununterbrochen geführt. Die Bildung einer entsprechenden Rücklage im Jahr 2001 sei daher noch möglich gewesen. Die Rücklage sei damit noch nicht im Jahr 2003 gewinnerhöhend aufzulösen. Bei den Praxisvertretungen handele es sich im Vergleich zu der späteren Tätigkeit in der eigenen Praxis auch nicht um eine dieser Tätigkeit vorausgehende eigenständige Tätigkeit. Es lägen keine zwei eigenständige Tätigkeiten, sondern nur eine vor. Hinsichtlich der Einzelheiten des Klägervortrags wird auf die Schriftsätze vom 20.09.2005, 05.01.2006 und 22.02.2007 verwiesen.
Der Beklagte hat am 15.03.2006 den Einkommensteuerbescheid 2003 aus nicht streitgegenständlichen Gründen geändert.
Die Klägerin beantragt,
den geänderten Einkommensteuerbescheid 2003 vom 15.03.2006 dahingehend abzuändern, dass die Einkünfte aus selbständiger Arbeit um 24.368,00 € herabgesetzt werden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hält daran fest, dass die Vertretungstätigkeit der Klägerin als Augenärztin in 1997 und 1998 als eine der späteren Tätigkeit vorausgehende eigenständige Tätigkeit anzusehen sei. Die Erzielung von Gewinneinkünften hieraus sei für die Existenzgründereigenschaft schädlich. Es lägen weder Investitionsentscheidungen hinsicht...