Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulässigkeit der Klageerhebung per Telefax: Verlängerung der Klagefrist durch unrichtige Rechtsbehelfsbelehrung – Hinweis auf die Einreichung der Klage als elektronisches Dokument
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Erhebung einer Klage mittels Telefax genügt nicht den Anforderungen an ein elektronisches Dokument i.S.d. § 52a FGO.
2. Eine ordnungsgemäße Rechtsbehelfsbelehrung muss keine Belehrung über die Form des Rechtsbehelfs beinhalten.
3. Die einer Einspruchsentscheidung beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung ist nicht – mit der Folge der Verlängerung der Klagefrist auf ein Jahr – unrichtig, wenn sie zur Form der einzulegenden Klage ausführt, dass diese „schriftlich oder als elektronisches Dokument einzureichen oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu erklären ist“ und sich für die Voraussetzungen zur elektronischen Einreichung sowie für die verpflichtende Übermittlung elektronischer Dokumente auf einen Hinweis auf §§ 52a, 52d FGO beschränkt.
Normenkette
FGO § 47 Abs. 1 S. 1, § 52a Abs. 1, 3-4, §§ 52d, 55 Abs. 1-2, § 56
Tatbestand
Streitig ist die Zulässigkeit der erhobenen Anfechtungsklage.
Die Klägerin wendet sich gegen den nicht unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Bescheid über Körperschaftsteuer und Solidaritätszuschlag für 2018 vom 10.11.2021, mit dem der Beklagte (im Folgenden: das Finanzamt -FA-) die Besteuerungsgrundlagen wegen der Nichtabgabe der Steuererklärung geschätzt hat (steuerlicher Jahresüberschuss hiernach 17.000 Euro). Bereits zuvor waren die Besteuerungsgrundlagen für die Umsatzsteuerfestsetzung 2018 wegen Nichtabgabe der Steuererklärung mit Bescheid vom 08.09.2020 geschätzt worden. Die gemeinsam mit der Umsatzsteuererklärung zur Einspruchsbegründung gegen die Umsatzsteuerfestsetzung am 11.02.2021 per Fax eingereichte Bilanz zum 31.12.2018 wies einen handelsrechtlichen Jahresüberschuss der Klägerin i.H.v. 14.546,32 Euro aus.
Das FA wies den Einspruch gegen den Körperschaftsteuerbescheid für 2018 mit Einspruchsentscheidung vom 10.02.2022 (Donnerstag) als unbegründet zurück. Die Einspruchsentscheidung wurde laut Aufgabevermerk taggleich zur Post aufgegeben. In der der Einspruchsentscheidung beigefügten Rechtsbehelfsbelehrung heißt es:
„Gegen diese Entscheidung kann Klage erhoben werden. Die Klage ist bei dem Finanzgericht Düsseldorf (Postfach 102353, 40014 Düsseldorf oder Ludwig-Erhard-Allee 21, 40227 Düsseldorf) schriftlich oder als elektronisches Dokument einzureichen oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu erklären. Sie ist gegen das Finanzamt A-Stadt zu richten.
Die Frist für die Erhebung der Klage beträgt einen Monat. Sie beginnt mit Ablauf des Tages, an dem diese Entscheidung bekannt gegeben worden ist. Bei Zusendung durch einfachen Brief oder Zustellung mittels Einschreiben durch Übergabe gilt die Bekanntgabe mit dem dritten Tag nach Aufgabe zur Post als bewirkt, es sei denn, dass diese Entscheidung zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist. Bei Zustellung mit Zustellungsurkunde oder mittels Einschreiben mit Rückschein oder gegen Empfangsbekenntnis ist Tag der Bekanntgabe der Tag der Zustellung; im Fall der Ersatzzustellung durch Niederlegung gilt bereits der Tag der Abgabe der schriftlichen Mitteilung über die Niederlegung als Tag der Zustellung. Die Frist für die Erhebung der Klage gilt als gewahrt, wenn die Klage bei dem oben bezeichneten Finanzamt innerhalb der Frist angebracht oder zu Protokoll gegeben wird. Die Klage muss den Kläger, den Beklagten, den Gegenstand des Klagebegehrens, den angefochtenen Veraltungsakt und die Einspruchsentscheidung bezeichnen. Sie soll einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben. Ihr soll eine Abschrift des angefochtenen Verwaltungsakts und der Einspruchsentscheidung beigefügt werden.
Die Klageschrift soll in zweifacher Ausfertigung eingereicht werden, dies gilt nicht, wenn die Klage als elektronisches Dokument eingereicht wird. Die Voraussetzungen zur elektronischen Einreichung regelt § 52a der Finanzgerichtsordnung (FGO). Zur verpflichtenden Übermittlung elektronischer Dokumente siehe § 52d FGO.
Nähere Informationen zur elektronischen Übermittlung erhalten Sie im Internet unter www.justiz.nrw.de.“
Mit Klageschrift vom 14.03.2022 (Montag) hat die Klägerin, vertreten durch die Rechtsanwälte Z als Prozessbevollmächtigte, Klage gegen den Körperschaftsteuerbescheid für 2018 in Gestalt der Einspruchsentscheidung bei dem Finanzgericht Düsseldorf erhoben. Die Klageschrift, die taggleich um 17:38 Uhr per Telefax bei Gericht einging, endet mit der maschinenschriftlichen Wiedergabe des Namens des Partners der Prozessbevollmächtigten „ Y „ sowie darunter „Rechtsanwalt“ und ist mit einer handschriftlichen Unterschrift von Herrn Y versehen, der bei der Rechtsanwaltskammer B-Stadt als Rechtsanwalt zugelassen ist.
Mit Schreiben des Gerichts vom 17.03.2022 wurde der vertretenen Klägerin mitgeteilt, dass die Klageschrift vom 14.03.2022 entg...