Entscheidungsstichwort (Thema)
Zeitnaher Kaufpreis als Obergrenze des geschätzten Einheitswerts einer mit Munitionsbunkern bebauten Pferdesportanlage
Leitsatz (redaktionell)
Bei einem zur Nutzung als Pferdesportanlage zugelassenen Grundstück, das mit 325 ehemaligen Munitionsbunkern bebaut und deshalb einer zutreffenden Ertragswertermittlung nicht zugänglich ist, spiegelt auch die Bewertung im Sachwertverfahren den Wert des bebauten Grundstücks nicht angemessen wider. In diesem Fall stellt ein im Jahr 1994 im gewöhnlichen Geschäftsverkehr vereinbarter Kaufpreis die Obergrenze des im Schätzungswege zu ermittelnden Einheitswerts zum 01.01.1995 (Stichtag 01.01.1964) dar.
Normenkette
BewG § 76 Abs. 1, 3 Nr. 2, §§ 83-90
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, wie ein mit 325 Munitionsbunkern bebautes Grundstück auf den 01.01.1995 zu bewerten ist.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
Der Beklagte hat zu Unrecht für das streitige Grundstück einen Einheitswert in Höhe von 8.186.500,-- DM ermittelt und festgestellt. Der Senat schätzt den Einheitswert des streitigen Grundstücks gemäß § 96 Abs. 1 FGO i.V.m. § 162 Abs. 1 AO in Anlehnung an den im notariellen Kaufvertrag vom 05.09.1994 vereinbarten Kaufpreis auf 2.000.000,-- DM. Denn die Besteuerungsgrundlagen können nicht ermittelt werden, weil im Streitfall weder das Ertragswert- noch das Sachwertverfahren zu einem zutreffenden Wert führt.
Gemäß § 76 Abs. 1 BewG wird der Wert bebauter Grundstücke grundsätzlich im Ertragswertverfahren ermittelt. Abweichend von dieser gesetzlichen Regel ist gemäß § 76 Abs. 3 Nr. 2 BewG das Sachwertverfahren für die Geschäftsgrundstücke anzuwenden, für die weder eine Jahresrohmiete ermittelt, noch die übliche Miete geschätzt werden kann. Die Gruppe der Geschäftsgrundstücke, die im Sachwertverfahren zu bewerten ist, ist für den gesamten Geltungsbereich des Bewertungsgesetzes einheitlich zu bestimmen. Für die Abgrenzung des Ertragswert- vom Sachwertverfahren bei Geschäftsgrundstücken ist entscheidend, ob eine zutreffende Mietermittlung möglich ist. Dabei ist nicht auf das einzelne Objekt, sondern auf die Gruppe der zu bewertenden Geschäftsgrundstücke abzustellen. Wenn bei einer Mehrheit dieser Gruppe Schwierigkeiten bei der Mietermittlung zu erwarten sind, ist die Wertermittlung nach dem Sachwertverfahren vorzunehmen. Die Schätzung der üblichen Miete für die im Ertragswertverfahren zu bewertende Gruppe von Geschäftsgrundstücken ist nur anhand einer hinreichenden Zahl vermieteter Objekte gleicher oder ähnlicher Art, Lage und Ausstattung möglich. Diese Zahl muss so groß sein, dass die daraus abgeleitete Miete als regelmäßig gezahlte gesichert ist und die Vermietungsfälle müssen über das Bundesgebiet so verteilt sein, dass es jedem Finanzamt möglich ist, die Bewertung im Ertragswertverfahren eigenverantwortlich durchzuführen. Der Vergleich mit vermieteten Objekten wird umso schwieriger und unzuverlässiger, je mehr die vermieteten Objekte voneinander abweichen; mit der Folge, dass die Zahl der vermieteten Objekte steigt, die erforderlich ist, um daraus eine regelmäßig bezahlte Miete herleiten zu können (vgl. BFH-Urteil vom 7. November 1975 III R 120/74, BFHE 118, 59, BStBl II 1976, 277).
Es ist für den Senat nicht ersichtlich und wird auch von den Beteiligten nicht vorgetragen, dass es zum 01.01.1964 in der Bundesrepublik Deutschland eine hinreichende Zahl vermieteter Grundstücke mit Bunkern gegeben hat, die die Ableitung einer regelmäßig gezahlten Miete für derartige bebaute Grundstücke ermöglichen würde. Mit üblichen Lagerhäusern bzw. Pferdeställen sind die im Streitfall zu bewertenden 325 ehemaligen Munitionsbunker nicht ausreichend vergleichbar. Im Übrigen sind gemäß Abschnitt 16 Absatz 7 Satz 1 BewRGr auch Lagerhausgrundstücke im Sachwertverfahren zu bewerten.
Das streitige Grundstück wäre daher grundsätzlich im Sachwertverfahren zu bewerten.
Bei der Bewertung eines Grundstücks im Sachwertverfahren ist gemäß § 83 Satz 1 BewG vom Bodenwert (§ 84 BewG), Gebäudewert (§§ 85 bis 88 BewG) und vom Wert der Außenanlagen auszugehen (§ 89 BewG). Dieser Ausgangswert ist durch Anwendung einer Wertzahl an den gemeinen Wert anzugleichen (§ 83 Satz 2, § 90 Abs. 1 BewG). Für die Ermittlung des Gebäudewertes ist zunächst ein Wert auf der Grundlage von durchschnittlichen Herstellungskosten nach den Baupreisverhältnissen des Jahres 1958 zu errechnen (vgl. § 85 Satz 1 BewG). Dieser Wert ist gemäß § 85 Satz 2 BewG nach den Baupreisverhältnissen im Hauptfeststellungszeitpunkt 01.01.1964 umzurechnen. Aus dem Gebäudenormalherstellungswert ergibt sich nach Berücksichtigung der Altersminderung im Sinne des § 85 Satz 3 BewG in Verbindung mit § 86 BewG und nach Berücksichtigung der Wertminderung wegen baulicher Mängel und Schäden im Sinne des § 85 Satz 3 BewG in Verbindung mit § 87 BewG der Gebäudesachwert. Aus dem Gebäudesachwert zuzüglich bzw. abzüglich Zu- und/oder Ab...