Revision zugelassen durch das FG
Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen einer Berichtigung nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO für unzutreffenden Verlustansatz
Leitsatz (redaktionell)
- § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO gebietet es, auch Fehler, die bei der Auswertung eines früheren Grundlagenbescheids im Folgebescheid unterlaufen sind, bei Anpassung des Folgebescheids an den Regelungsinhalt eines geänderten Grundlagenbescheids nachträglich richtig zu stellen.
- Dies gilt auch bei der versehentlichen zweifachen Berücksichtigung von Verlustmitteilungen für eine identische Beteiligung.
- Eine Änderung nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO ist auch zur Korrektur von Fehlern im Sinne des § 129 AO möglich, die bei der Auswertung des Grundlagenbescheides gemacht wurden. Dem steht nicht entgegen, dass eine Änderung nach § 129 AO wegen des Ablaufs der regelmäßigen Festsetzungsfrist nicht mehr durchgeführt werden könnte.
Normenkette
AO §§ 129, 171 Abs. 10, § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
Streitjahr(e)
1997
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob der unzutreffende Ansatz eines Verlustes in Höhe von 33.407,00 DM im Rahmen der Berichtigungsvorschrift des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) korrigiert werden kann.
Der Kläger bezog im Streitjahr u. a. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus der Beteiligung an der Grundstücksgemeinschaft P-Straße GbR c/o X- Wohnungsbaugesellschaft in C-Stadt mbH, deren Einkünfte vom Finanzamt C-Stadt einheitlich und gesondert festgestellt werden.
Für die einheitlich und gesondert festgestellten Einkünfte aus dieser Beteiligung erging am 6. Mai 1999 ein Grundlagenbescheid, der für den Kläger einen anteiligen Verlust in Höhe von 33.407,02 DM auswies. Am 31. Mai 1999 erließ das Finanzamt C-Stadt einen nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Grundlagenbescheid, der Verlust betrage nunmehr anteilig für den Kläger 9.585,77 DM. Dem Beklagten teilte das Finanzamt C-Stadt die oben genannten Feststellungen mit Mitteilung vom 6. Mai 1999 und 31. Mai 1999 mit.
Der Kläger erklärte in seiner am 26. Februar 1999 eingereichten Einkommensteuererklärung für 1997 einen Verlust aus der Grundstücksgemeinschaft P-Straße GbR in Höhe von 9.586,00 DM.
In dem Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1997 vom 2. August 1999 setzte der Beklagte den erklärten Verlust in Höhe von 9.585,00 DM und zusätzlich den ursprünglich mitgeteilten Verlust in Höhe von 33.407,00 DM sowie einen Gewinn in Höhe von 1,00 DM an. Auf den Inhalt des Eingabebogens (Anlage V, Zeilen 23 bis 25) für das Jahr 1997 wird Bezug genommen.
Der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1997 wurde mit Bescheid vom 14. März 2001 auf Grund des Einspruchs des Klägers vom 26. Januar 2000 geändert. Der Einspruch des Klägers erledigte sich durch den Änderungsbescheid.
Am 23. September 2004 teilte das Finanzamt C-Stadt mit, der Verlust aus der Gesellschaft P-Straße GbR c/o X- Wohnungsbaugesellschaft in C-Stadt mbH sei mit Feststellungsbescheid vom gleichen Tag auf 6.190,97 DM festgestellt worden.
Der Beklagte erließ am 8. November 2004 einen nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO geänderten Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1997, in dem er den anteiligen Verlust nunmehr mit 6.190,00 DM berücksichtigte. Der in unzutreffender Weise erfasste Verlust in Höhe von 33.407,00 DM und der Gewinn in Höhe von 1,00 DM wurden erstmalig nicht mehr erfasst.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger fristgerecht Einspruch ein. Zur Begründung trug er vor, eine Korrektur des angesetzten Verlustes in Höhe von 33.407,00 DM sei im Rahmen der Berichtigungsvorschrift des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO nicht möglich. Der Verlust sei in der Einkommensteuererklärung für das Jahr 1997 korrekt laut Mitteilung vom 31. Mai 1999 in Höhe von 9.585,00 DM angesetzt worden. Der Verlust in Höhe von 33.407,00 DM sei durch einen Eingabefehler seitens der Finanzverwaltung zusätzlich berücksichtigt worden. Hierbei handele es sich um eine offenbare Unrichtigkeit, die nach den Vorschriften des § 175 AO nicht zu ändern sei. Eine Berichtigung könne allenfalls nach § 129 AO durchgeführt werden. Eine Berichtigung nach § 129 AO scheide jedoch wegen der bereits am 31. Dezember 2003 eingetretenen Festsetzungsverjährung aus. Nach § 175 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 AO könne lediglich der bisherige Verlustansatz von 9.585,00 DM auf 6.190,00 DM berichtigt werden.
Mit Einspruchsentscheidung vom 31. August 2005 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück.
Zur Begründung führt der Beklagte aus, § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO begründe eine absolute Anpassungsverpflichtung. Die Vorschrift stelle die Anpassung des Folgebescheids nicht in das Ermessen der Finanzbehörde. Sie bezwecke die Ermittlung und Festsetzung der zutreffenden Steuer, wobei sie der materiellen Richtigkeit des Folgebescheides den Vorrang vor der Bestandskraft eines bereits ergangenen Folgebescheides einräume. Solange diese Besteuerungsgrundlagen im Folgebescheid nicht (oder nicht vollständig) berücksichtigt seien, sei die dem Grundlagenbescheid zugedachte Aufgabe nicht erfüllt. Diese ...