Entscheidungsstichwort (Thema)
Verhältnis von Doppelbesteuerungsabkommen zu nationalem Steuerrecht (§ 32b Abs. 1 Nr. 3 EStG) und Progression bei Einkünften im Ausland
Leitsatz (redaktionell)
- Die abkommensrechtliche Ansässigkeit in den USA steht der wohnsitzbedingten unbeschränkten Steuerpflicht nach § 1 Abs. 1 EStG nicht entgegen. Dabei sind nach Art. 15 Abs. 1 DBA-USA die Einkünfte aus der Bemessungsgrundlage für die deutsche Besteuerung auszuscheiden, die dem Steuerpflichtigen für eine im Ansässigkeitsstaat ausgeübte Tätigkeit zugeflossen sind.
- Diese ausgeschiedenen Einkünfte sind – mit Ausnahme der darin enthaltenen außerordentlichen Einkünfte – im Rahmen der inländischen unbeschränkten Steuerpflicht dem Progressionsvorbehalt zu unterwerfen, da das DBA-USA für den Fall einer in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtigen, abkommensrechtlich jedoch in den USA ansässigen Person kein ausdrückliches Verbot der Anwendung eines Progressionsvorbehaltes auf die im Inland steuerpflichtigen Einkünfte enthält (Anschluss an Urteile des BFH v. 19.12.2001, I R 63/00 BFHE 197, 495, BStBl. II 2003, 302 und v. 19.11.2003 I R 19/03 BFHE 204, 155, BStBl. II 2004, 549).
- Aus dem Umstand, dass Art 23 Abs. 2 DBA-USA den Progressionsvorbehalt für in Deutschland ansässige Steuerpflichtige ausdrücklich gestattet, kann nicht gefolgert werden, dass der Progressionsvorbehalt für Einkünfte, die außerhalb dieser Vereinbarung liegen, ausgeschlossen sein soll.
Normenkette
EStG § 1 Abs. 1, §§ 2, 8 Abs. 1, § 11 Abs. 1, §§ 19, 32b, 34 Abs. 3, § 38 a; DBA-USA Art. 4 Abs. 2 Buchst. a, Art. 15 Abs. 1, Art. 23 Abs. 2; GG Art. 20 Abs. 3
Streitjahr(e)
1998
Nachgehend
Tatbestand
Die im Streitjahr 1998 gem. §§ 26, 26 b Einkommensteuergesetz – EStG – zusammen zur Einkommensteuer veranlagten Kläger sind amerikanische Staatsbürger. Der Kläger, der als Geschäftsführer bei der amerikanischen A-Inc. USA (Muttergesellschaft) angestellt war, wurde im Jahre 1998 von seiner Arbeitgeberin zur A-GmbH in der BRD (Tochtergesellschaft) entsandt. Die Kläger begründeten unter Beibehaltung ihres Wohnsitzes in den USA zum 1.1.1998 einen weiteren, ihren Angaben zufolge „zweiten” Wohnsitz in der BRD. Die erwachsenen, nicht mehr im elterlichen Haushalt lebenden drei Kinder aus der ersten Ehe des Klägers und ein Kind aus der ersten Ehe der Klägerin blieben in den USA.
Die Klägerin kehrte im Mai 2001 in die USA zurück, der Kläger folgte ihr nach Beendigung seiner Tätigkeit im Inland im März 2002.
Der Kläger erhielt von seinem US-Arbeitgeber im Jahre 1998 folgende Zahlungen:
1. Grundgehalt: |
|
2. Bonus für 1997 |
|
3. Gewinn Aktienoptionen aus 1995 |
|
4. Beiträge Lebensversicherungen |
|
5. Sonstige Bezüge |
|
Die amerikanische Muttergesellschaft belastete 75 % des laufenden Grundgehaltes (Position 1) und der Beiträge zur Lebensversicherung (Position 4) ihrer inländischen Tochtergesellschaft (Nachweis Bl. 75 GA) weiter.
Von der deutschen Tochtergesellschaft erhielt der Kläger im Jahre 1998 Arbeitslohn. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus erstatteten Kosten für Hotel, Wohnungs- und Parkplatzmiete, für Heimflüge, der Zahlung einer Auslandszulage und der Gestellung eines Firmenwagens.
In der Einkommensteuererklärung gab der Kläger den Arbeitslohn und die Positionen 1 und 4 als seine Einnahmen aus nichtselbständiger Tätigkeit an. Er vertrat hinsichtlich des von der Muttergesellschaft der Tochtergesellschaft nicht weiter belasteten Teiles der laufenden Gehaltszahlungen, den Einnahmen aus den Aktienoptionen, den sonstigen Bezügen und der Bonuszahlung die Auffassung, es handele sich um Vergütungen für in den USA ausgeübte Tätigkeiten (ausländische Einkünfte). Dazu trug er vor, er sei auch im Jahre 1998 zum Teil für die amerikanische Muttergesellschaft tätig gewesen (Position 1, 4 und 5). Die nachträglichen Zahlungen für 1995 und 1997 (Positionen 2 und 3) habe er vor Begründung seines Wohnsitzes in Deutschland verdient. Sie unterlägen als nachträgliche Vergütungen für die Jahre 1995 bis 1997 ausschließlich der Besteuerung in den USA.
Der Beklagte bezog die (ausländischen) Einkünfte gem. § 32 b Einkommensteuergesetz –EStG- in die Berechnung des Steuersatzes mit ein. Im Verlaufe des Einspruchsverfahrens wurde der Bescheid mehrfach geändert, zuletzt mit Bescheid vom 11.10.2000, in dem die Steuer wegen der Berücksichtigung höherer Ausbildungsfreibeträge herabgesetzt wurde. Die Frage der Einbeziehung der „ausländischen” Einkünfte in den Progressionsvorbehalt blieb auch in der Einspruchsentscheidung vom 14.01.2003 streitig.
Zur Begründung ihrer Klage tragen die Kläger vor:
Anders als der Beklagte in seiner Einspruchsentscheidung ausgeführt habe, komme allenfalls ein Progressionsvorbehalt nach § 32 b Abs. 1 Nr. 3 EStG in Betracht. § 32 b Abs. 1 Nr. 2 EStG sei nicht anwendbar, weil die Kläger unstreitig das ganze Jahr 1998 in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig gewesen seien.
Anders als der Beklagte mei...