Entscheidungsstichwort (Thema)
Fortlaufender monatlich im Voraus getroffener bedingter Gehaltsverzicht eines Gesellschafter-Geschäftsführers als verdeckte Gewinnausschüttung
Leitsatz (amtlich)
Ein fortlaufender monatlich im Voraus getroffener bedingter Gehaltsverzicht eines Gesellschafter-Geschäftsführers stellt eine verdeckte Gewinnausschüttung dar, wenn die Vereinbarung nicht vertragsgemäß durchgeführt wurde und sich ein Fremdgeschäftsführer auf den Verzicht nicht eingelassen hätte.
Normenkette
KStG § 8 Abs. 3 S. 2
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten über das Vorliegen von verdeckten Gewinnausschüttungen in den Jahren 2010 bis 2012.
Die Antragstellerin, eine GmbH, wurde im Jahr 2003 gegründet. Geschäftsführer und Alleingesellschafter ist Dr. A (im Folgenden: A). Zweck der Gesellschaft ist die Unternehmensberatung, etwa im Zusammenhang mit Maßnahmen zur Beschaffung von finanziellen Mitteln, bei Investitionen und bei sog. mergers & acquisitions. Die Antragstellerin schloss am ... 2003 mit A einen Dienstvertrag. Darin war als Vergütung des Geschäftsführers unter anderem ein monatliches Bruttogehalt von 10.000 € vorgesehen, zahlbar jeweils zum fünfzehnten eines Kalendermonats. Diese Gehaltsvereinbarung wurde mehrfach geändert, zuletzt mit Gesellschafterbeschluss vom ... Dezember 2009; darin wurde das monatliche Gehalt auf 14.300 € brutto bestimmt.
Von Januar 2010 bis einschließlich Dezember 2012 verzichtete A mit jeweils gleichlautenden Schreiben im Voraus monatlich auf sein Gehalt von 14.300 €. Die Antragstellerin, vertreten durch die Gesellschafterversammlung, bestehend aus A, nahm den Verzicht jeweils an. Der Verzicht stand unter der Bedingung, dass der Gehaltsanspruch insoweit wieder auflebt, wie das handelsrechtliche Ergebnis der Gesellschaft vor Steuern zum Jahresende ausreicht, um den Gehaltsverzicht zu decken. Hinsichtlich des dann noch nicht ausgeglichenen Teils des Gehalts sollte der Verzicht endgültig sein. Als Grund für den Gehaltsverzicht wurde jeweils die wirtschaftliche Situation der Antragstellerin angegeben. Für einige Monate verzichtete A nur auf einen Teil seines Gehaltes und zwar für November 2011 auf 10.300 €, für Dezember 2011 auf 9.300 €, für April 2012 auf 9.300 €, für Mai 2012 auf 9.300 € und für November 2010 auf 11.716,68 €.
Die Antragstellerin erzielte in den Streitjahren folgende handelsrechtliche Ergebnisse vor Steuern:
2010 |
2011 |
2012 |
57.481,66 € |
83.653,83 € |
115.435,80 € |
Sie bildete in ihren Jahresabschlüssen folgende Rückstellungen für die zum Jahresende jeweils wieder aufgelebten Gehaltsansprüche des A:
2010 |
2011 |
2012 |
0 € |
83.653,83 € |
115.435,80 € |
A bezog und lohnversteuerte in 2010 insgesamt einen Bruttolohn von 20.519,28 €. Abzüglich des Sachwertbezugs für die private PKW-Nutzung lag eine Gehaltszahlung von 3.623,92 € vor. Eine Ermittlung und Rückstellung für wieder aufgelebte Gehaltsansprüche des A fand in 2010 nicht statt.
A wurde in 2011 insgesamt ein Bruttolohn von 9.000 € (November 4.000 € und Dezember 5.000 €) und in 2012 in Höhe von 12.538,32 € (April und Mai jeweils 5.000 € und November 2.583,32 €) gutgeschrieben. Unter Berücksichtigung dieser Gehaltszahlungen verzichtete A in 2011 endgültig auf 47.165 € und in 2012 auf 75.363 €. Verrechnungen der Antragstellerin mit wieder aufgelebten und zurückgestellten Gehaltsansprüchen des A erfolgten in 2013 und 2014.
Am ... Juni 2003 vereinbarten die Antragstellerin und A im Rahmen eines Darlehensvertrags, dass die Verzinsung von Salden der Verrechnungskonten 6 % p. a. betrug. Die Zinsen sollten danach am Ende des Geschäftsjahrs nachträglich gutgeschrieben oder belastet und kapitalisiert werden. Forderungen des Gesellschafters gegen die Gesellschaft und umgekehrt gelten als jederzeit fällig, sofern nicht im Einzelfall etwas Abweichendes schriftlich vereinbart ist und als (gemeint ist wohl nicht) krisenbestimmt.
Mit Vereinbarung vom ... Dezember 2011 wurde die Verzinsung mit Wirkung vom 1. Januar 2012 auf 3 % reduziert und durch Gesellschafterbeschluss bestätigt.
Die Gesellschaft gewährte A fortlaufend Darlehen. Der Bestand des Verrechnungskontos entwickelte sich zum jeweiligen Jahresende wie folgt:
2003 |
0 € |
2004 |
0 € |
2005 |
456,09 € |
2006 |
11.410,09 € |
2007 |
75.198,12 € |
2008 |
88.324,77 € |
2009 |
197.974,58 € |
2010 |
230.342,55 € |
2011 |
350.310,41 € |
2012 |
459.113,16 € |
2013 |
504.594,29 € |
Für 2010 wurden Zinsen von 14.262,29 €, für 2011 von 17.331,72 € und für 2012 von 12.408,53 € gebucht. Tilgungen auf das Darlehen erfolgten in 2010 in Höhe von insgesamt 78.825,21 €, in 2011 in Höhe von 0 € und in 2012 in Höhe von 11.900 €.
Bei der Antragstellerin fand im Jahr 2014 eine Außenprüfung statt. Der Antragsgegner behandelte die Lohnzahlungen (tatsächliche Zahlungen und Rückstellungen) als verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA) und rechnete deshalb folgende Beträge dem Gewinn der Klägerin außerbilanziell hinzu:
2010 |
2011 |
2012 |
3.623,92 € |
124.435,80 € |
96.237,15 € |
Ferner ging der Antragsgegner davon aus, dass auch der Zuwachs des Darlehens für A in Höhe von 136.600 € in ...