Entscheidungsstichwort (Thema)
Erbschaftsteuer: Erweiterte Familienheim-Steuerbefreiung durch Hingabe nicht begünstigten ererbten Vermögens
Leitsatz (amtlich)
1. Die Erweiterung der Familienheim-Steuerbefreiung durch Hingabe nicht begünstigten ererbten Vermögens setzt die durchgeführte Hingabe bzw. Erbauseinandersetzung voraus.
2. Für eine wörtlich enge Auslegung der "Hingabe"-Voraussetzung im ggf. physischen Sinne anstelle einer bloßen Abfindung mittels Fremdgeldaufnahme spricht der Ausnahmecharakter der Vorschrift, zumal die Verfassungsmäßigkeit des Umfangs der Begünstigung wie bei der Parallelvorschrift § 13b Abs. 3 ErbStG bezweifelt wird.
Normenkette
ErbStG § 13 Abs. 1 Nr. 4c, § 13b Abs. 3
Gründe
Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) ist gemäß § 69 FGO als unbegründet zurückzuweisen.
I.
Nach Änderung des angefochtenen Erbschaftsteuerbescheids vom 7. September 2015 durch teilabhelfenden und gemäß § 68 FGO zum Gegenstand des Verfahrens gewordenem Erbschaftsteuerbescheid vom 23. Februar 2016 bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der festgesetzten Erbschaftsteuer.
1. Das Finanzamt (FA) hat die Steuerbefreiung für das durch den Antragsteller zur ideellen Hälfte vom Erblasser geerbte und durch den Antragsteller weiter selbst als Wohnung genutzte Familienheim gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 4c Satz 1 ErbStG richtig berechnet.
Ausgehend von dem festgestellten Grundbesitzwert entfällt auf die ideelle Hälfte des Antragstellers ein Wert von ... Euro, wie auch im Termin am 11. Februar 2016 in tatsächlicher Hinsicht verständigt.
Auf die fortgeführte Wohnnutzung von .../... qm entfallen ... Euro, wie gleichfalls in tatsächlicher Hinsicht verständigt.
Davon begünstigt ist mit .../... qm ein Anteil von ... Euro, wie ebenfalls in tatsächlicher Hinsicht verständigt und wie im Teilabhilfebescheid zugrunde gelegt.
2. Eine weitere Begünstigung nach der - sprachlich verunglückten - Vorschrift § 13 Abs. 1 Nr. 4c Satz 4 ErbStG aufgrund Übertragung weiterer Grundstücksanteile durch den Neffen und die Nichte als Miterben auf den Antragsteller gegen dessen Hingabe nicht begünstigten geerbten Vermögens scheidet aus, solange es an einer Hingabe durch den Antragsteller - etwa im Wege entsprechender Erbauseinandersetzung - fehlt (vgl. Protokolle vom 4. Februar 2016 Seite 2 unten, vom 11. Februar 2016 Seite 7 Mitte, Seite 8 dritt- und vorletzter Absatz).
a) Dementsprechend kommt es solange nicht darauf an, dass oder inwieweit der Antragsteller wertmäßig über nicht begünstigtes geerbtes Vermögen verfügt und dessen Hingabe seinen Miterben anbietet (vgl. Protokoll 11. Februar 2016 Seite 8 fünfter bis sechster Absatz).
b) Desgleichen ist in diesem Verfahren nicht über die Frage zu entscheiden, ob oder inwieweit die "Hingabe" - wie das FA meint - im wörtlichen und gegebenenfalls physischen Sinne zu verstehen ist, das heißt mittels Aufteilung der Immobilie in Sonder- und Wohneigentum anhand von Abgeschlossenheits-Bescheinigungen, notarieller Beurkundung, Grundbucheintragungen und Übertragungen darauf bezogener Anteile (vgl. Protokoll 11. Februar 2016 ab Seite 8 unten); mit anderen Worten im Unterschied zu einer nur wertmäßigen Abfindung der Miterben seitens des Antragstellers mittels Fremdgeldaufnahme.
c) Vorsorglich weist das Gericht für die Auslegung letzterer Vorschrift darauf hin, dass es sich um eine Steuerbefreiung und damit um eine Ausnahmeregelung handelt, die im Zweifel wörtlich eng auszulegen ist. Letzteres dürfte erst recht im Hinblick darauf gelten, dass der BFH bereits die Verfassungsmäßigkeit des Umfangs der Begünstigung bezweifelt und von einer Vorlage an das BVerfG unter Hinweis auf dessen Weitergeltungsanordnung bis Ende Juni 2016 für die als verfassungswidrig angesehene Parallelnorm § 13b ErbStG abgesehen hat (BFH-Urteil vom 23. Juni 2015 II R 39/13, BFHE 250, 207, DStR 2015, 2066, Juris Rz. 29-30 m. w. N.).
d) Gleichfalls vorsorglich bezieht sich das Gericht auf den bereits erteilten Hinweis betreffend die zeitlichen Erfordernisse für die Teilung und Erbauseinandersetzung sowie auf die im Zeitablauf zunehmenden Anforderungen an die in der Tatsacheninstanz rechtzeitige Darlegung der einzelnen Gründe der Verzögerungen (vgl. Protokoll 4. Februar 2016 Seite 4; BFH-Urteil vom 23. Juni 2015 II R 39/13, BFHE 250, 207, DStR 2015, 2066, Juris Rz. 26, dort z. B. 1 Jahr und 3 Monate; Anm. RiBFH Loose, Juris Monatszeitschrift 2015 S. 479, und Juris Praxisreport Steuerrecht 42/2015 Anm. 5).
II.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO.
Die Beschwerde wird gemäß § 128 Abs. 3 i. V. m. § 115 Abs. 2 FGO nicht zugelassen (vgl. oben I 2 b).
Die Entscheidung ergeht durch den Einzelrichter gemäß § 6 FGO.
Fundstellen
Haufe-Index 9395761 |
EFG 2016, 924 |
UVR 2016, 236 |
ZEV 2016, 351 |