Entscheidungsstichwort (Thema)
Werbungskostenabzug bei Arbeitslosigkeit
Leitsatz (redaktionell)
Werbungskosten aus nichtselbständiger Arbeit können auch während der Zeit einer Arbeitslosigkeit anfallen.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 Sätze 1, 3 Nr. 4, § 12 Nr. 1 S. 2
Tatbestand
Unter den Beteiligten ist streitig, ob zahlreiche vom Kläger im Streitjahr 1992 geltend gemachte Aufwendungen als Werbungskosten bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit bzw. als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen sind. Neben Arbeitsmitteln, Bürogeräten, Aufwendungen für ein Arbeitszimmer und diverser anderer Kosten ist streitig, ob für die Berechnung der Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte trotz einer eigenen Wohnung in Hamburg noch Flensburg als Lebensmittelpunkt zu Grunde zu legen ist.
Der 1961 geborene Kläger stammt aus Flensburg und ist dort aufgewachsen. Dort leben nach wie vor seine Eltern sowie außerhalb deren Haushalts seine älteren Geschwister. In dem von den Eltern bewohnten eigenen Haus hat der Kläger ein eigenes Zimmer. Dort ist er mit erstem Wohnsitz gemeldet.
Seit 1981 lebt er in Hamburg und ist dort mit zweitem Wohnsitz gemeldet. Er bewohnt gemäß Vertrag vom 28.2.1981 (Bl. 78 i.V.m. Bl. 74 FG-Akte) die Wohnung seiner verstorbenen Tante. Diese Wohnung hatte der Kläger laut vertraglicher Bindung mit unveränderbarer Ausstattung möbliert übernommen. Seit 1981 studierte er nach einem vorangegangenen Praxissemester in Hamburg. Nach Ende seines Studiums als Fahrzeugbau-Ingenieur Ende 1987 arbeitete er ausschließlich in Hamburg, darunter seit etwa 1988 für 3 1/2 Jahre bei A. Im Streitjahr war er zunächst bis zur Kündigung durch seinen Arbeitgeber bei der Firma M GmbH & Co. in Hamburg beschäftigt. Er war dort als Produkt-Manager für den Bereich Pkw-Reifen tätig. Danach war er arbeitslos und erhielt seit dem 2.3.1992 Arbeitslosengeld (s. Bl. 7 ESt-Akte). Er war in Hamburg arbeitslos gemeldet, fand im Streitjahr sowie in den Folgejahren jedoch trotz in Eigeninitiative unternommener Bewerbungen und Bemühungen keine neue Arbeitsstelle.
In Flensburg leistete der Kläger anstelle des Wehrdienstes Dienst bei der freiwilligen Feuerwehr, bei der er sich für den Katastrophenschutz verpflichtet hatte. Die damit verbundenen Dienststunden sowie Sonderdienste absolvierte er an Wochenenden.
In seiner Steuererklärung für 1992 legte er bei der Berechnung der Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte 43 Fahrten zwischen Flensburg und Hamburg von jeweils 182 km und 40 Fahrten innerhalb Hamburgs von 20 km zu Grunde (Bl. 8 Rückseite der ESt-Akte). Ansonsten machte er weitere Werbungskosten geltend, für die im Einzelnen auf die Anlagen zur Steuererklärung (Bl. 8 Rückseite sowie Bl. 12 bis 33 der ESt-Akte) Bezug genommen wird. Es handelt sich insgesamt um
|
Fahrten Wohnung / Arbeitsstätte (8.626 km) |
5.607,00 DM |
|
|
|
1. |
Mitgliedsbeitrag IG Chemie |
141,00 DM |
2. |
Fachbücher und Fachzeitschriften |
1.975,20 DM |
3. |
Bürogeräte und Zubehör |
7.361,25 DM |
4. |
Reisekosten |
1.278,42 DM |
5. |
Bewerbungskosten |
1.726,10 DM |
6. |
Aufwendungen für Arbeitszimmer |
1.561,07 DM |
7. |
Kontoführungsgebühren |
132,00 DM |
8. |
Telefonkosten |
1.561,32 DM |
9. |
Theater-Besuch (englisch) als Fortbildung |
49,68 DM |
|
Insgesamt 1. - 9. |
15.786,04 DM |
Weiter beantragte der Kläger den Abzug von Arzneimittelkosten in Höhe von 678,76 DM sowie Kosten von 150 DM für einen Kranz anlässlich der Beerdigung seines Vaters als außergewöhnliche Belastungen (Bl. 10 Rückseite und 35 der ESt-Akte).
Mit Einkommensteuerbescheid 1992 vom 11.4.1995 berücksichtigte der Beklagte die erklärten Werbungskosten nur teilweise. Auf der Grundlage, dass der Kläger nur bis zum 29.2.1992 eine Arbeitsstelle gehabt habe und nur Aufwendungen in diesem Zeitraum in einem konkreten Zusammenhang mit einer bestimmten beruflichen Tätigkeit gestanden haben könnten, legte er grundsätzlich nur die in den ersten zwei Monaten getätigten Aufwendungen zu Grunde. Für die Folgemonate hätten die Aufwendungen der Schaffung einer neuen Einkunftsquelle gedient und seien nur im Hinblick auf einen künftigen Beruf getätigt worden, so dass sie nur im Rahmen der Sonderausgaben als Ausbildungskosten bis zu einem Höchstbetrag von 900 DM berücksichtigt werden könnten.
Auf dieser Basis kam er hinsichtlich der Werbungskosten zu folgendem Ergebnis: er legte Aufwendungen für Fahrten zur Arbeitsstätte für 40 Tage mit 20 km und Fahrten zum Mittelpunkt der Lebensinteressen mit 8 Fahrten ' 182 km zu Grunde, von den Aufwendungen für Bürogeräte und Reisekosten nur die während der ersten beiden Monate angefallenen Kosten. Die Aufwendungen für Fachliteratur schätzte er wegen der nicht eindeutigen beruflichen Zuordnung auf 50 % der geltend gemachten Kosten. Die Aufwendungen für Bewerbungen und Fortbildungskosten sowie die Aufwendungen für das Arbeitszimmer berücksichtigte er in voller Höhe. Hinsichtlich der Telefonkosten schätzte er wegen eines fehlenden genauen Nachweises einen Betrag von 500 DM als beruflichen Anteil. Im Übrigen setzte er die Auf...