Entscheidungsstichwort (Thema)
Stromsteuergesetz: Begünstigung des produzierenden Gewerbes
Leitsatz (amtlich)
Verfassungsrechtliche Bedenken hinsichtlich der stromsteuerrechtlichen Begünstigung des produzierenden Gewerbes.
Normenkette
StromStG §§ 2, 9
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen die Rücknahme der ihr erteilten Erlaubnis für die begünstigte Entnahme von Strom.
Die Klägerin beantragte mit Schreiben vom 30. März 1999, ihr die Erlaubnis für die begünstigte Entnahme von Strom nach § 9 Abs. 4 Stromsteuergesetz (StromStG) zu erteilen. Sie gab an, sie sei als Unternehmen des produzierenden Gewerbes dem Abschnitt D der Klassifikation der Wirtschaftszweige des statistischen Bundesamtes (WZ) zuzuordnen. Aufgrund der Haupttätigkeit des Unternehmens sei ihr die WZ Nr. 23.20 zugeordnet. In einer Anlage zum Antrag erklärte die Klägerin: Das Unternehmen sei mit dem Ziele gegründet worden, die Rohölversorgung im Y-Gebiet sicherzustellen. Sie habe insoweit den Bau und den Betrieb einer Öltransportleitung sowie die hierfür erforderlichen Umschlags- und Lagereinrichtungen übernommen. Da sich die angeschlossenen Raffinerien weiterhin im Eigentum voneinander unabhängiger Gesellschafter befänden, sei eine Einbeziehung der Transportfunktion innerhalb der bestehenden Gesellschaften nicht möglich. Die Klägerin sei somit Bestandteil der Logistik der jeweiligen Raffinerie. Sie bilde daher auch keine eigenständige statistische Einheit. Sie übe vielmehr nur eine Hilfstätigkeit für ihre Gesellschafter aus. Entsprechend der Haupttätigkeit der Gesellschafter sei sie folglich dem Wirtschaftszweig der Mineralölverarbeitung zugeordnet.
Der Beklagte bewilligte der Klägerin mit Schreiben vom 12. Mai 1999 widerruflich den Bezug von Strom zum ermäßigten Steuersatz nach § 9 Abs. 4 StromStG und stellte ihr mit Wirkung vom 01. April 1999 den Erlaubnisschein Nr. ...1 über das Recht zur Entnahme von steuerbegünstigtem Strom aus.
Nach einer Prüfung der Sach- und Rechtslage im Januar 2000 kam der Beklagte zu der Auffassung, dass zwar die statistischen Vorschriften zur Klassifikation der Wirtschaftszweige einem Beteiligten die Wahl lasse, welche statistische Einheit (Unternehmensgruppe, Unternehmen, institutionelle Einheit) der Einstufung zugrunde gelegt werden solle. Da das Stromsteuerrecht jedoch ausschließlich auf das Unternehmen als Objekt der Zuordnung abstelle, sei die Klägerin als selbständiges Unternehmen bei der Zuordnung zu einem Wirtschaftszweig zu betrachten.
Der Beklagte nahm deshalb mit Bescheid vom 31. Jan. 2000 seine Erlaubnis vom 12. Mai 1999 mit sofortiger Wirkung zurück, weil die Haupttätigkeit der Klägerin "Transport von Mineralöl in Rohrleitungen" dem Abschnitt I mit der WZ Nr. 60.30 zuzuordnen sei. Gegen diesen Rücknahmebescheid legte die Klägerin mit Schreiben vom 21. Februar 2000 Einspruch ein, den der Beklagte mit seiner Einspruchsentscheidung vom 07. Juli 2000 als unbegründet zurückwies. Hiergegen richtet sich die fristgerecht erhobene Klage vom 03. August 2000, zu deren Begründung die Klägerin u.a. Folgendes vorträgt:
Die Klassifikation der Wirtschaftszweige baue auf der durch EG-Verordnung verbindlich eingeführten statistischen Systematik der Wirtschaftszweige in der Europäischen Gemeinschaft (NACERev.1) auf. Diese besage in ihrer Einleitung, dass die Wirtschaftszweig-Klassifikation der Einordnung von Daten diene, die sich nur auf die statistische Einheit beziehe. Die Zuordnung zu einer statistischen Einheit richte sich nach der Haupttätigkeit. Dieser Haupttätigkeit seien Hilfstätigkeiten wie z. B. der Transport und die Lagerung unterzuordnen. Sie (die Klägerin) übe für ihre Gesellschafter (die angeschlossenen Raffinerien) lediglich eine solche Hilfstätigkeit aus.
Zur - für die Einordnung maßgeblichen - Bruttowertschöpfung trügen die Gesellschafter durch den Betrieb der Erdölraffinerien den wesentlichen Beitrag bei. Einbezogen in ein Unternehmen (der Gesellschafter) wäre die Einstufung zweifelsfrei als Hilfstätigkeit anzusehen. Der Umstand, dass sich mehrere Gesellschafter zum Zwecke der Raffinerie-Versorgung zusammengeschlossen hätten, könne ihr nicht zum Nachteil gereichen. Sie sei vielmehr Fernleitungsunternehmen gleichzustellen, die in ein Unternehmen eingebunden seien und der Versorgung der Betriebsstätte dienten. Ihre Einschätzung werde durch die neuere Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes unterstützt (Urteile des BFH vom 09. Juni 1999 I R 37/98 und I R 43/97). Danach liege unter bestimmten Voraussetzungen, die das K-Konsortium erfülle, ein unmittelbares Organschaftsverhältnis zwischen der Klägerin und ihren Gesellschaftern vor. Insoweit sei die Klägerin den Fernleitungsbetreibern, die den Betrieb der Fernleitung in ihr Unternehmen einbezogen hätten, gleichzustellen.
Die Belastung mit dem Regelsteuersatz führe auch zu erheblichen Wettbewerbsnachteilen gegenüber der Rotterdam-Rhein-Pipeline (RRP), deren letzte Pumpstation auf niederländischem Gebiet unm...