Entscheidungsstichwort (Thema)
Zolltarifliche Einreihung eines mit einem Überwachungssensor ausgerüsteten Fotovoltaikmoduls
Leitsatz (amtlich)
Zur Abgrenzung der Pos. 8501 KN und 8541 KN für ein mit einem Überwachungssensor ausgerüstetes Fotovoltaikmodul unter Anwendung der Anm. 3 zu Abschn. XVI KN über "kombinierte Maschinen".
Normenkette
KN Pos. 8501; KN Pos. 8541; KN Abschn. XVI Anm. 3
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die zolltarifrechtliche Einreihung von Fotovoltaikmodulen, die mit einem Überwachungssensor ausgerüstet sind.
Die Klägerin ist ein Entwicklungsunternehmen auf dem Gebiet der erneuerbaren Energien und hat sich auf die Steigerung der Effizienz von Solaranlagen spezialisiert.
Solarzellen wandeln Licht in elektrische Energie um. Aus Solarzellen und weiteren Bauteilen wie z.B. Aluminiumrahmen und Solargläsern zusammengesetzte Fotovoltaik- bzw. Solarmodule erzeugen so aus einfallendem Sonnenlicht Gleichstrom auf Modulebene. Der Gleichstrom wird in aller Regel mittels eines nachgeschalteten Gleichrichters geregelt oder eines Wechselrichters in (geregelten) Wechselstrom umgewandelt. Als geregelter Gleich- oder Wechselstrom kann die elektrische Energie u.a. in Verbrauchsgeräten umgesetzt oder in Stromnetze eingespeist werden. Regelmäßig ist an Solarmodulen rückseitig eine Anschlussbox verbaut, mittels derer etwa der erzeugte Strom weitergeleitet wird.
Die Klägerin beantragte am 29. März 2019 eine verbindliche Zolltarifauskunft für eine Ware, die sie - unstreitig zutreffend - wie folgt beschrieb: Fotovoltaikmodule, bestehend aus 60 oder 72 polikristallinen Solarzellen in einem abgeschlossenen Gehäuse aus Aluminium (blockiert) mit Glasplatten (3,2 mm gehärtet), auf der Rückseite mit einer Anschlussbox. Die Anschlussbox ist neben elektronischen Kontakten mit einem Sensor ausgestattet. Dieser Sensor wird als "A" bezeichnet und nimmt am Modul Messungen vor. Diese Daten werden über die Stromleitungen an externe Server gesendet, dort gesammelt und schließlich in einem externen Webportal ausgewertet und aufbereitet. Der Sensor (A) dient ausschließlich dazu, Spannung und Temperatur zu messen. Der A dient weder der Stromerzeugung noch werden elektrische Signale in Strom gewandelt.
Über die Warenbeschreibung hinaus hat das Gericht folgende Wareneigenschaften festgestellt. Das Fotovoltaikmodul misst ca. 993 mm x 1652 mm und weist damit praktisch ein Standardmaß auf. Die Anschlussbox ist auf der Rückseite aufgeklebt; die Verbindung überdauert, außer bei Defekten, die gesamte Lebensdauer des Moduls. In der Anschlussbox sind neben dem Busbar, also der Steckverbindung für die im Solarmodul verbauten Strings, Stromanschlüsse für das mit Anschlusssteckern versehene, ebenfalls verbundene Gleichstromkabel, drei Bypass-Dioden und der Überwachungssensor (A) verschaltet. Der Überwachungssensor ist in Form einer Baugruppe konstruiert, die aus einer kleinen gedruckten Schaltung auf einer Platine mit insgesamt 19 Bauteilen besteht. Sie ist mit aktiven (u.a. einer monolithischen integrierten Schaltung, Micro Controller Unit, MCU) und passiven Bauelementen bestückt, nämlich mehreren Transistoren, einem Halbleiterbauelement sowie weiteren passiven Bauelementen in Form von Widerständen. Die Platine wird in der Anschlussbox mittels Steckverbindern und zwei kleinen Stromkabeln mit der sehr geringen Betriebsenergie versorgt, die der Leistung des Fotovoltaikmoduls entnommen wird, und läuft deshalb nur bei Lichteinfall. Mittels des Sensors werden ausschließlich die Funktionsfähigkeit und Effizienz des Fotovoltaikmoduls überwacht, und zwar durch die Überwachung von Spannung und Temperatur des jeweiligen Solarmoduls. Die MCU misst hierzu alle 30 Sekunden innerhalb von einer Millisekunde die am Busbar anliegende Spannung und ihre eigene Temperatur. Mittels der aufgespielten Firmware werden die ermittelten Werte zusammen mit der Modul-Seriennummer als Signal mit einer Frequenz von 10 kHz codiert und auf die Gleichstromleitung übermittelt. Die Datenblöcke werden von einer Auswerteeinheit am Ende des Strings, dem sog. String-Reader, empfangen und an das sog. A-B weiter übermittelt. Das B übermittelt die Daten über das Internet an einen Webserver zur Aufbereitung, Analyse und Visualisierung im Webportal der Klägerin. Daraus wird die Funktionsfähigkeit und Effizienz des Fotovoltaikmoduls abgeleitet. Die im Fotovoltaikmodul erzeugte Stromstärke und dem entsprechend auch die Leistung werden durch den Überwachungssensor weder ermittelt noch beeinflusst, etwa moduliert. String Reader, B und Portal sind nicht Gegenstand der Einreihung. Streitbefangen sind ausschließlich die Kombination aus dem Fotovoltaikmodul und dem in der Anschlussbox eingebauten Überwachungssensor. Die einzureihende Ware kann keine geregelte Gleichstromzufuhr gewährleisten, sodass direkt an die Ware angeschlossene, auch einfachste Verbrauchsgeräte nicht funktionieren und einem sehr hohen Risiko von Schäden unterliegen würden.
Unter dem 27. November 2019 erteilte der Beklagte ei...