rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuergesetz: Beschränkte Nachprüfung eines Haftungsbescheids nach § 50a Abs. 5 EStG 1990 auf das Rechtsmittel des Vergütungsgläubigers

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die für das Steueranmeldungsverfahren nach § 50a EStG 1990 aufgestellten Grundsätze zur Drittanfechtung gelten für das Haftungsverfahren entsprechend.

2. Eine materiell rechtskräftig festgesetzte Steuerentrichtungsschuld kann im Wege der Drittanfechtung durch den Vergütungsgläubiger nicht mehr abgeändert werden.

3. Der Vergütungsgläubiger kann seine Rechte außerhalb des Steuerentrichtungsverfahrens in dem ihm vorbehaltenen Freistellungs- oder Erstattungsverfahren wahren.

4. Diese Verfahrensgrundsätze verstoßen nicht gegen Gemeinschaftsrecht.

 

Normenkette

EStG 1990 § 50a Abs. 4-5, § 50d Abs. 3; EStDV §§ 73e, 73g; FGO § 40 Abs. 2, § 44

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines Haftungsbescheids für Künstlerabzugssteuer nach § 50a Abs. 5 EStG 1990 (EStG a.F.), § 73 g EStDV.

Der in den Kläger ist niederländischer Staatsangehöriger, der in dem Streitjahr 1993 in den Niederlanden ansässig war. Unter seiner Einzelfirma schloss der Kläger 1993 für eine Musikband Konzerttournee-Verträge ab. Inländischer Vertragspartner des Klägers war die C GmbH (C). Diese zahlte im ersten und dritten Quartal 1993 an den Kläger für erbrachte Leistungen insgesamt xx DM. Die C nahm von den Vergütungen keinen Steuerabzug nach § 50a Abs. 4 EStG a.F. vor, obwohl ihr eine Freistellungsbescheinigung des Klägers gemäß § 50d Abs. 3 EStG a.F. nicht vorgelegen hatte.

Das für die Besteuerung der C seinerzeit zuständige Finanzamt erließ am 21.03.1997 gegenüber C einen Haftungsbescheid gemäß § 50a Abs. 5 EStG a.F., § 73g EStDV und forderte für die auf die an den Kläger vorgenommenen Zahlungen entfallenden Steuerabzugsbeträge für das erste und dritte Quartal 1993 im Wege der Haftung an. Der Berechnung legte das Finanzamt eine Bruttovergütung i. H. v. insgesamt xx DM zugrunde (Nettovergütung zuzüglich 7 v.H. Umsatzsteuer) und nahm einen Steuerabzug gemäß § 50a Abs. 4 EStG a.F. von 15 v.H. der Bruttovergütung (= 16,05 v.H. der Nettovergütung) vor. Das von C gegen den Haftungsbescheid - i. d. F. des Änderungsbescheids des zwischenzeitlich zuständig gewordenen Beklagten vom 15.08.2000 - angestrengte Einspruchs- und Klageverfahren wurde mit Urteil des BFH vom 24.04.2007 (I R 39/04, BStBl II 2008, 95) rechtskräftig abgewiesen.

Nach Kenntniserlangung von dem Haftungsverfahren gegen C beantragte der Kläger seine Beiladung zu dem dortigen Revisionsverfahren, was der BFH mit folgender Begründung abgelehnt hat (BFH-Urteil 24.04.2007 I R 39/04, BStBl II 2008, 95): Gegenstand des Rechtsstreits sei der gegen die C als Vergütungsschuldnerin gemäß § 50a Abs. 5 EStG 1990 ergangene Haftungsbescheid. Der Kläger sei zwar als Vergütungsgläubiger prinzipiell berechtigt, diesen Bescheid aus eigenem Recht anzufechten. Der Haftungsbescheid enthalte jedoch ebenso wenig wie die gemäß § 50a Abs. 4 EStG 1990 vom Vergütungsschuldner abzugebende Steueranmeldung eine Steuerfestsetzung gegen den Vergütungsgläubiger. In der Haftungsschuld realisiere die Finanzbehörde vielmehr (nur) die (eigene) Entrichtungssteuerschuld des Vergütungsschuldners auf Anmeldung und Abführung der Abzugssteuer gemäß § 50a Abs. 4 EStG 1990. Der sog. notwendigen Beiladung (§ 60 Abs. 3 FGO) des Vergütungsgläubigers und Steuerschuldners zu dem Verfahren des Vergütungsschuldners bedürfe es infolgedessen nicht; die Voraussetzungen hierfür lägen nicht vor. Denn eine Beiladung sei nur dann notwendig, wenn an dem streitigen Rechtsverhältnis Dritte derart beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen könne (§ 60 Abs. 3 Satz 1 FGO). Nach ständiger Rechtsprechung des BFH sei das nur dann der Fall, wenn die Entscheidung notwendigerweise und unmittelbar Rechte Dritter gestaltet, verändert oder zum Erlöschen bringt, insbesondere in Fällen, in denen das, was einen Prozessbeteiligten begünstigt oder benachteiligt, zwangsläufig umgekehrt den Dritten benachteiligen oder begünstigen müsse. Ein solches Verhältnis gegenseitiger Abhängigkeit habe in der in Rede stehenden Verfahrenskonstellation aber nicht vorgelegen. Denn in dem Verfahren über die Inhaftungsnahme der C als Vergütungsschuldnerin könne durchaus anders entschieden werden als in einem etwaigen Freistellungs- oder Erstattungsverfahren des Klägers. Für die Inanspruchnahme als Schuldner und als Haftungsschuldner seien unterschiedliche Voraussetzungen gegeben, die jedenfalls teilweise nicht im Zusammenhang miteinander stünden und die keine wechselseitigen Bindungswirkungen auslösten. Soweit die Haftung des Vergütungsschuldners sich auf die Höhe der Vergütung des Vergütungsgläubigers auswirke, sei der Vergütungsgläubiger - je nach Verfahrensstadium - auf das Freistellungs- oder Erstattungsverfahren zu verweisen, in welchem er seine Rechte eigenständig durchsetzen könne.

Parallel zu dem Beiladungsantrag legte der...

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