Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuerliche Berücksichtigung von Zahlungen aufgrund testamentarischer Auflage. Einkommensteuer 1987 bis 1989
Leitsatz (amtlich)
Ist eine Alleinerbin aufgrund des Testaments verpflichtet, Erträge aus dem zum Nachlass gehörenden Kapitalvermögen alljährlich an frühere Mitarbeiter des Erblassers in Form von wiederkehrenden Leistungen auszukehren, sind die Zahlungen weder als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen noch als dauernde Last nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG abzugsfähig.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 S. 1, § 10 Abs. 1 Nr. 1a, § 12 Nr. 2, § 20 Abs. 2a; AO 1977 § 39
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens fallen der Klägerin zur Last.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin ist alleinige Vorerbin ihres am 19. Januar 1963 verstorbenen Ehemannes …. In § 5 seines Testaments ist angeordnet, daß bestimmte Mitarbeiter, die für mindestens fünf Jahre zusammen mit … am Aufbau der Betriebe in Fa. … und … KG gearbeitet haben, regelmäßig angemessene Zuwendungen aus einem Teil des Nachlasses erhalten sollen. Dieser Teil des Nachlasses, nämlich
- Wertpapiere des … bei der …
- ein Darlehenskonto … ausgewiesen wird, durch das „Darlehenskonto …” ausgewiesen wird.
- der nach den Bestimmungen der Gesellschaftsverträge der Firmen … und … KG beim Tod des … anfallende Anteil am Gesellschaftsvermögen, der dem „Darlehenskonto …” zuzuschreiben ist,
soll nach der genannten Regelung im Testament nicht an die Erben ausgekehrt werden, sondern soll der Verwaltung der Testamentsvollstrecker unterliegen. Diese haben die genannten Vermögenswerte den Firmen … und … gegen angemessene Verzinsung zu belassen oder –falls dies nicht tunlich sein sollte– das Geld anderweitig zinsbringend anzulegen. Die Erträge aus diesen Vermögenswerten sind von den Testamentsvollstreckern alljährlich anläßlich des Todestages von … an die Mitarbeiter oder ggf. an deren Angehörige zu verteilen, wobei es allein der Entscheidung der Testamentsvollstrecker unterliegt, an wen und in welcher Höhe von Jahr zu Jahr Zuwendungen zu zahlen sind. Ein Rechtsanspruch auf Zahlung von Zuwendungen soll in keinem Fall begründet werden. Nur ausnahmsweise dürfen auch das Kapital bzw. die Wertpapiere zur Auszahlung der Zuwendungen herangezogen werden. Aus den Erträgen dieser Vermögenswerte sind außerdem Beträge für den standesgemäßen Unterhalt der Klägerin im voraus zu entnehmen, wenn dieser nicht bereits aus den übrigen ihr aus dem Nachlaß zufließenden Einnahmen bestritten werden kann.
In den Jahren nach dem Tod des … wurde gemäß dieser letztwilligen Verfügung verfahren.
Mit ihren Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre machte die Klägerin bei den erklärten Einkünften aus Kapitalvermögen (u. a.) die von den Testamentsvollstreckern erbrachten wiederkehrenden Zahlungen an die Mitarbeiter als Werbungskosten geltend, und zwar … DM für 1987 und je … DM für 1988 und 1989. Diese Beträge waren jeweils im Folgejahr, mithin 1988 bis 1990, aus den in den Streitjahren angefallenen Erträgen gezahlt worden.
Für die Streitjahre 1987 und 1988 ergingen Einkommensteuerbescheide, mit denen der Beklagte bei den Einkünften aus Kapitalvermögen die Werbungskosten erklärungsgemäß berücksichtigte. Unter dem 11. Dezember 1991 erließ der Beklagte für die Streitjahre 1987 und 1988 Änderungsbescheide gemäß § 164 Abs. 2 AO und für das Streitjahr 1989 einen erstmaligen Einkommensteuerbescheid, mit denen er bei den Einkünften aus Kapitalvermögen die Zahlungen an (frühere) Mitarbeiter nicht als Werbungskosten berücksichtigte. Die hiergegen am 20. Dezember 1991 erhobenen Einsprüche der Klägerin wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 11. September 1992 zurück.
Mit ihrer am 29. September 1992 erhobenen Klage macht die Klägerin geltend, daß es sich bei den wiederkehrenden Zahlungen an Mitarbeiter um Aufwendungen zur Erwerbung von Einnahmen, also um Werbungskosten handele. Voraussetzung für die Einnahmeerzielung aus diesen Vermögenswerten des Nachlasses sei die Anerkennung des Testaments gewesen und damit auch die Anerkennung der Belastung der Einnahmen durch die Zahlungen an Mitarbeiter. Hätte sie das Testament angefochten oder das Erbe ausgeschlagen, so hätte sie nach testamentarischen Bestimmungen nur den Pflichtteil erhalten. Die Zahlungen an (frühere) Mitarbeiter seien gleichsam als Entgelt (=Zinsen) für die Überlassung von Kapital anzusehen. Sie habe keinerlei Einfluß auf die Verwendung der Erträge und der dazugehörigen Einkunftsquellen. Sowohl sie als auch die Legatsempfänger hätten eine nießbraucherähnliche Stellung inne. Es sei deshalb schon fraglich, ob ihr die Einnahmen, soweit sie auf die Legate entfielen, überhaupt zugerechnet werden könnten, denn es handele sich bei den Legatszahlungen um vorbehaltene Erträge, nicht aber um Auszahlungen von Nachlaßverbindlichkeiten. Jedenfalls müßten die Legatszahlungen als dauernde Last abzugsfähig sein. Rechne man ihr die Erträge aus dem Nachlaß zu, läge eine wirtschaftliche Bela...