Entscheidungsstichwort (Thema)

§ 19 EStG: Umzugskosten als Werbungskosten

 

Leitsatz (amtlich)

Die Fahrzeiten- und Streckenermittlungen von Routenplanern im Internet sind eine ausreichende Erkenntnisquelle für das Gericht.

Umzugskosten führen nur dann zu Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Tätigkeit, wenn eine Fahrzeitverkürzung von mindestens 1 Stunde arbeitstäglich erreicht wird.

 

Normenkette

EStG § 9

 

Tatbestand

Streitig ist die Berücksichtigung von Umzugskosten als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit.

Der Kläger ist Mitarbeiter im öffentlichen Dienst, seine Dienststelle befindet sich in Hamburg, X-Straße. Er arbeitet als Sachbearbeiter im Tagesdienst. Im Streitjahr 2004 begann er den Dienst üblicherweise um 8.30 Uhr und beendete ihn um 16.00 Uhr. Bis 2001 hatte der Kläger in der Y-Straße in A gelebt. 2002 zog der Kläger zu seiner Freundin in deren 2-Zimmer-Wohnung (57,26 qm) in B, Z-Straße. Seit Anfang 2003 ist er geschieden. Anfang 2004 zog der Kläger wieder nach A und mietete dort zusammen mit seiner Freundin eine 3-Zimmer-Wohnung (73,04 qm) im X-Weg an, der Umzug in diese Wohnung erfolgte im Mai 2004. Im Juli 2007 ist der Kläger nochmals innerhalb von A umgezogen, und zwar in den Y-Weg.

In seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2004 machte der Kläger Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Umzug von B nach Hamburg in Höhe von 4.453 Euro als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit geltend, weil sich durch den Umzug die tägliche Fahrtzeit zwischen Wohnung und Arbeitsstätte um mehr als 1 Stunde täglich verringert habe. Der Beklagte ließ diese Aufwendungen mit Einkommensteuerbescheid vom 15.11.2005 (aus hier nicht interessierenden Gründen am 29.12.2005 geändert) unberücksichtigt, weil der Umzug nicht beruflich veranlasst gewesen sei. Hiergegen richtete sich der Einspruch vom 16.11.2005, der mit Einspruchsentscheidung vom 15.06.2007 zurückgewiesen wurde.

Mit der Klage vom 16.07.2007 hält der Kläger sein Begehren auf Berücksichtigung der Umzugskosten aufrecht. Durch den Umzug habe sich die Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte um 31 km verkürzt. Die Fahrtstrecke von B nach Hamburg habe über die A7 und anschließend über ... geführt. Angesichts der dort herrschenden Verkehrsdichte sei eine Fahrtzeitersparnis gegenüber der Fahrtstrecke von der neuen Wohnung in A zur X-Straße von über einer Stunde realistisch. Die neue Fahrtstrecke habe ihn, den Kläger, über den ... geführt, in ... fahre er auf die ... und von dort auf die ... und sodann in die ....

Zum Beweis für die Fahrtzeitverkürzung bezieht sich der Kläger auf ein Sachverständigengutachten. Die von den Routenplanern berechneten Fahrtzeiten könnten nicht berücksichtigt werden, weil sie nur die Durchschnittsgeschwindigkeiten unabhängig von der Tageszeit und Verkehrsdichte widerspiegelten. Tatsächlich seien im Berufsverkehr höhere Fahrtzeiten anzusetzen.

Der Kläger beantragt,

die Einspruchsentscheidung vom 15.06.2007 aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid vom 29.12.2005 mit der Maßgabe zu ändern, dass weitere Werbungskosten in Höhe von 4.453 Euro berücksichtigt und die Einkommensteuer entsprechend niedriger festgesetzt wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte nimmt auf seine Einspruchsentscheidung und das erläuternde Schreiben aus dem Einspruchsverfahren vom 13.04.2002 Bezug. Ferner hat der Beklagte bezüglich der behaupteten Fahrtzeitverkürzung die Aufstellung von drei sogenannten Routenplanern zur Akte gereicht, wonach sich folgende Kilometer und Fahrtzeiten ergeben:

Routenplaner

RP 1

RP 2

RP 3

Zeit

km

Zeit

km

Zeit

km

B, Z-Straße --≫ Hamburg, X-Straße

Schnellste Strecke/A7 bis ...

00:38

42,44

00:36

43,00

00:41

42,70

Harburg, X-Weg --≫ Hamburg, X-Straße

Schnellste Strecke

00:15

10,93

00:14

11,00

00:17

09,20

Zeitersparnis einfache Fahrt

00:23

00:22

00:24

Zeitersparnis täglich

00:46

00:44

00:48

Die Routenplaner seien auch für die Beurteilung der tatsächlichen Fahrtzeiten maßgeblich, denn zum einen werde auf diese Weise eine gewisse Gleichbehandlung der Steuerpflichtigen sichergestellt und zum anderen ergebe sich bei den Routenplanern bei er Eingabe "langsamer Fahrer" gegenüber "Schneller Fahrer" nur eine minimale Abweichung gegenüber dem Durchschnittswert. Zudem sei nicht nachgewiesen, dass es tatsächlich an jedem Arbeitstag zu der behaupteten Fahrtzeitverkürzung von einer Stunde komme.

Der Rechtstreit ist mit Beschluss vom 11.3.2008 dem Einzelrichter gem. § 6 Abs. 1 FGO übertragen worden.

Die den Kläger betreffende Einkommensteuerakte zur Steuernummer .../.../... nebst Rechtsbehelfsakte hat vorgelegen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Der Beklagte hat die Berücksichtigung der geltend gemachten Umzugskosten als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit zu Recht abgelehnt.

I.

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