Entscheidungsstichwort (Thema)

Umfang der Ermittlungspflichten zur Feststellung eines Bevollmächtigten

 

Leitsatz (amtlich)

Enthält die Steuererklärung den Wunsch, die Bescheide an einen Bevollmächtigten bekannt zu geben, ist ein solcher aber nicht bestellt, kann das FA ohne weitere Ermittlungen anzustellen, die Bescheide dem Steuerpflichtigen bekannt geben.

 

Normenkette

AO §§ 110, 122 Abs. 1

 

Tatbestand

Streitig ist, ob gegen den Bescheid auf den 31.12.1996 über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Körperschaftsteuer(KSt) 1996 rechtzeitig Einspruch eingelegt worden ist.

Die Klägerin bediente sich bei der Anfertigung ihrer Steuererklärungen der Mithilfe der Steuerberatungsgesellschaft S, später umfirmiert in G, und zwar bis Mitte 2000. Hierauf wurde in den Steuerklärungen hingewiesen. Nachdem die Bevollmächtigten mit Schriftsatz vom 7.02.1994 die ihnen erteilte Postzustellungsvollmacht aufgehoben und gebeten hatten, ab sofort jeglichen Schriftverkehr direkt an die Mandantin zu richten, wurden die Steuerbescheide der Klägerin persönlich bekannt gegeben.

Nachdem am 5.02.1999 zunächst Schätzungsbescheide zur KSt und zum verbleibenden Verlustabzug für 1996 ergangen waren, reichten wiederum die Bevollmächtigten die Steuerklärung beim Beklagten ein. Anders als in den Vorjahren war das Feld des Mitwirkenden nicht abgestempelt und war in Zeile 14 der KSt-Erklärung angekreuzt, dass der Steuerbescheid einem Empfangsbevollmächtigten zugesandt werden sollte und die Zustellungsvollmacht dem Finanzamt vorliege. Der KSt-Bescheid 1996 erging erklärungsgemäß und wurde am 5.11.1999 zusammen mit dem Bescheid auf den 31.12.1996 über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur KSt zur Post gegeben, adressiert an die Klägerin.

Mit Schriftsatz vom 14.06.2000 legitimierte sich ein neuer Bevollmächtigter für die Klägerin und legte Einspruch gegen den Verlustfeststellungsbescheid ein, und beantragte den Verlustrücktrag auf das Einkommen 1994. Der Bevollmächtigte berief sich darauf, dass ihm der Bescheid erst am 5.06.2000 ausgehändigt worden sei. Zugleich beantragte er Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Rechtsbehelfsfrist. Ausweislich der KSt-Erklärung 1996 habe der Bescheid einem Empfangsbevollmächtigten bekannt gegeben werden sollen, tatsächlich sei er jedoch der Steuerpflichtigen selbst übersandt worden. Dies rechtfertige die Gewährung von Wiedereinsetzung. Mit Einspruchsentscheidung vom 12.12.2000 verwarf der Beklagte den Einspruch als unzulässig. Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand seien nicht ersichtlich. Eine Verpflichtung, mögliche Zweifel an der Bestellung einer Empfangsvollmacht durch Anhörung der Beteiligten zu klären, habe nicht bestanden.

Mit der am 1.11.2001 bei Gericht eingegangenen Klage begehrt die Klägerin, ihr Wiedereinsetzung wegen Versäumung der Einspruchsfrist zu gewähren, um den der Sache nach unstreitigen Verlustrücktrag auf das Einkommen 1994 zu ermöglichen. Aus dem Widerruf der Empfangsvollmacht lasse sich nicht herleiten, dass eine Bekanntgabe an eine andere Person als die des Steuerpflichtigen nicht gewollt gewesen sei. Durch den Widerruf der Empfangsvollmacht habe vermieden werden sollen, dass dem Berater jedweder Schriftverkehr zugesandt werde. Vor diesem Hintergrund sei die Eintragung in Zeile 14 der Steuererklärung für das Streitjahr nicht irrtümlich erfolgt, sondern beruhe auf dem bewussten Wunsch, den Steuerbescheid dem Bevollmächtigten zuzusenden. Dies zu ermitteln sei Pflicht des Beklagten gewesen.

Zudem habe der Beklagte erkennen müssen, dass ein Verlustrücktrag viel naheliegender gewesen sei. Um jeglichen Zweifel auszuschließen habe der Steuerpflichtige zumindest noch einmal gehört werden müssen.

Die Klägerin beantragt, unter Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand die Einspruchsentscheidung vom 12.12.2000 aufzuheben und den Bescheid auf den 31.12.1996 über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur KSt zu ändern und einen Verlust von 21.307 DM auf den Veranlagungszeitraum 1994 zurückzutragen und den verbleibenden Verlustabzug auf 0 DM festzusetzen.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte ist der Ansicht, der Feststellungsbescheid sei der Klägerin wirksam bekannt gegeben und folglich bestandskräftig geworden. Angesichts des Umstandes, dass eine Empfangsvollmacht nicht vorgelegen habe, sei der Bescheid ermessensfehlerfrei der Steuerpflichtigen selbst bekannt gegeben worden. Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand seien nicht erkennbar.

In der Sache sei auch lediglich ein Verlust in Höhe von 9.965 DM aus 1996 rücktragsfähig. Der 1995 angefallene Verlust von 11.342 DM sei antragsgemäß mit Bescheid vom 29.09.1999 zurückgetragen worden .

Die die Klägerin betreffende KSt-Akte nebst Akte Allgemeines zur Steuernummer ... hat vorgelegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift über die Senatssitzung vom 10.10.2002 Bezug genommen.

 

Entscheidung...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Finance Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge