Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsaufspaltung zwischen einer AG und ihrem Mehrheitsaktionär
Leitsatz (amtlich)
Die für eine Betriebsaufspaltung erforderliche personelle Verflechtung liegt regelmäßig vor, wenn die Person oder Personengruppe, die das Besitzunternehmen beherrscht, über die Stimmenmehrheit bei der Betriebsgesellschaft verfügt. Für eine Betriebsgesellschaft in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft gilt das jedenfalls dann, wenn sie nicht den Vorschriften des Mitbestimmungsgesetzes unterliegt. Denn auch in einer solchen Aktiengesellschaft kann sich auf Dauer nur ein geschäftlicher Betätigungswille entfalten, der vom Vertrauen des Mehrheitsaktionärs getragen ist, weil dieser mittelbar über die Zusammensetzung des Vorstands entscheiden kann.
Normenkette
EStG § 21 Abs. 3, § 15 Abs. 1 Nr. 1; AktG §§ 17, 77 Abs. 1 S. 1, § 84 Abs. 1 S. 1, Abs. 3, §§ 93, 96 Abs. 1, § 101 Abs. 1 S. 1, §§ 112, 119 Abs. 1-2, § 136 Abs. 1 S. 1, § 147 f., § 311 Abs. 1, § 317 Abs. 1; GmbHG § 47 Abs. 4 S. 2, §§ 50, 51a; MitbestG § 1 Nr. 1, § 5 Abs. 1; DrittelbG § 15; BetrVG 1952 § 76 Abs. 1, 6, § 77a; FGO § 63 Abs. 1 Nr. 1, § 93 Abs. 3 S. 2, § 74
Nachgehend
Tatbestand
A.
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob zwischen dem Kläger und der A AG die für eine Betriebsaufspaltung erforderliche personelle Verflechtung besteht.
I.
Der Kläger war im Streitjahr Vorstandsvorsitzender der A1 AG (inzwischen umfirmiert in A AG) und an ihrem Grundkapital zu 71,18 % beteiligt. Die A AG entstand durch Umwandlung der A2 GmbH in eine Aktiengesellschaft und wurde am ..... 1992 in das Handelsregister eingetragen. Sie produziert und vermarktet ..... und sonstige Konsumgüter (§ 2 der Satzung vom 24. November 1992, Betriebsprüfungsarbeitsakten - BpAA - Bd. II Bl. 49 ff., geändert am 10. August 1998, BpAA Bd. II Bl. 62 ff., und am 26. August 1998, BpAA Bd. II Bl. 69 ff.) und hat ihren Geschäftssitz seit dem 16. November 2001 in dem Geschäftsgebäude X-Straße in Hamburg. Die Aktien der A AG waren bis einschließlich 2001 am Neuen Markt notiert und sind seit 2002 zum Handel im Geregelten Markt der Frankfurter Wertpapierbörse zugelassen.
Im Streitjahr bestand der Vorstand der A AG aus dem Kläger und zwei weiteren Mitgliedern. Nur der Kläger war zur Einzelvertretung befugt. Der Aufsichtsrat bestand ebenfalls aus drei Mitgliedern (§ 9 Abs. 1 der Satzung; Schriftsatz des Klägers vom 9. Oktober 2008, Finanzgerichtsakten - FGA - Bl. 27). Die Geschäftsordnung vom 15. März 2001, die der Aufsichtsrat dem Vorstand gab (Anl. K 1, FGA Anlagenband), enthielt u.a. folgende Bestimmungen:
§ 4 Gesamtverantwortung
Unbeschadet ihrer Ressortzuständigkeit werden alle Vorstandsmitglieder alle für den Geschäftsverlauf der Gesellschaft entscheidenden Daten laufend verfolgen, um jederzeit auf die Abwendung drohender Nachteile, auf wünschenswerte Verbesserungen oder zweckmäßige Änderungen durch Anrufung des Gesamtvorstandes, Unterrichtung des Vorstandsvorsitzenden oder sonst auf geeignete Weise hinwirken zu können.
§ 5 Vorsitzender des Vorstandes
(1) Dem Vorsitzenden des Vorstandes obliegt die Koordination aller Geschäftsbereiche des Vorstands. Er hat auf eine einheitliche Ausrichtung der Geschäftsführung auf die durch die Beschlüsse des Vorstandes festgelegten Ziele hinzuwirken. Von den Mitgliedern des Vorstandes kann er jederzeit Auskünfte über einzelne Angelegenheiten ihrer Geschäftsbereiche verlangen und bestimmen, dass er über bestimmte Arten von Geschäften von vornherein zu unterrichten ist.
(2) Der Vorsitzende des Vorstandes repräsentiert den Vorstand und die Gesellschaft gegenüber der Öffentlichkeit, insbesondere gegenüber Behörden, Verbänden, Wirtschaftsorganisationen und Publikationsorganen. (...)
(3) Dem Vorsitzenden des Vorstandes obliegt die Federführung im mündlichen oder schriftlichen Verkehr mit dem Aufsichtsrat und dessen Mitgliedern. (...) § 6 Vorstandssitzungen
(1) Der Vorstand trifft seine Entscheidungen grundsätzlich in Vorstandssitzungen. (...)
(7) Der Vorstand ist beschlußfähig, wenn alle Mitglieder eingeladen und mindestens zwei der Mitglieder in der Sitzung anwesend sind. (...) Bei der Abstimmung entscheidet die einfache Stimmenmehrheit. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorstandsvorsitzenden den Ausschlag. Ist der Vorstandsvorsitzende abwesend, so ist bei Stimmengleichheit der Beschlußvorschlag abgelehnt. Über Beschlüsse gegen die Stimme des Vorstandsvorsitzenden ist der Aufsichtsrat zu unterrichten. (...)
§ 8 Zwingende Entscheidungsbefugnis des Gesamtvorstandes
(1) Der Gesamtvorstand beschließt über alle Angelegenheiten, die von besonderer Bedeutung und Tragweite für die Gesellschaft oder ihre Tochter- und Beteiligungsgesellschaften sind, insbesondere über: (...)
c) Angelegenheiten, die dem Aufsichtsrat vorzulegen sind (...), (...)
(2) Die folgenden Rechtsgeschäfte bzw. Handlungen dürfen gemäß § 111 Abs. 4 S. 2 AktG nur mit vorheriger ausdrücklicher Zustimmung des Aufsichtsrates durch ein Vorstandsmitgl...