Entscheidungsstichwort (Thema)
Befreiung von der Steuerberaterprüfung
Leitsatz (amtlich)
- Für die Befreiung von der Steuerberaterprüfung gemäß § 38 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a StBerG wegen mindestens fünfzehnjähriger Tätigkeit auf dem Gebiet der Steuern reicht die Innehabung eines entsprechenden Dienstpostens nicht aus. Die damit verbundenen Aufgaben müssen tatsächlich, selbständig und eigenverantwortlich als Sachbearbeiter in der Finanzverwaltung ausgeübt worden sein. Ausbildungszeiten und gleichqualifizierte Tätigkeiten außerhalb der Verwaltung sind nicht anzurechnen.
- Während der Beschäftigungszeit durch Urlaub und Krankheit verursachte Ausfälle sind regelmäßig unschädlich, soweit sie sich im üblichen Rahmen bewegen.
- Eine atypische Häufung krankheitsbedingter Ausfallzeiten kann dazu führen, dass die entsprechenden Zeiten nicht als Tätigkeitszeit i. S. v. § 38 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a StBerG angerechnet werden, falls und soweit die Dauer der durchschnittlichen krankheitsbedingten Fehlzeiten erheblich überschritten ist. Sie kann auf länger andauernden Krankheitsphasen oder auf einer Vielzahl von kurzfristigen Ausfällen beruhen. Für die Berechnung der Tätigkeitszeit können die Krankheitsfehltage jährlichen Sollarbeitstagen von 225 gegenübergestellt werden.
- Der Verweis in § 38 Abs. 2 Satz 1 auf § 36 Abs. 3 StBerG ist nicht so zu verstehen, dass auch bei vollzeitbeschäftigten Bediensteten die Ableistung von lediglich sechzehn Arbeitsstunden zur vollständigen Anerkennung der gesamten jeweiligen Arbeitswoche für die Tätigkeitszeit i. S. v. § 38 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a StBerG führt.
Normenkette
StBerG § 36 Abs. 3 S. 1, § 38 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a, Abs. 2 S. 1, § 38a
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger ( -Kl- ) durch die Beklagte ( -Bekl- ) von der Steuerberaterprüfung zu befreien ist.
Der am ... geborene Kl ist ehemaliger Beamter des gehobenen Dienstes der Finanzverwaltung. Am 28.10.1988 wurde ihm nach bestandener Abschlussprüfung der akademische Grad Diplom-Finanzwirt verliehen. Für die Zeit vom 01.11.1988 bis 30.11.1988 ließ sich der Kl ohne Bezüge beurlauben. Die erste Übertragung eines Dienstpostens - als Steuerfahndungsprüfer - erfolgte mit Wirkung ab dem 01.12.1988. Ab dem 16.03.1992 war der Kl als Sachbearbeiter in der Lohnsteuerstelle tätig. Mit Ablauf des 31.01.1994 wurde er auf eigenen Wunsch aus dem Beamtenverhältnis entlassen und war in der Zeit vom 01.02.1994 bis 30.09.1994 als Sachbearbeiter in einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft tätig. Nach entsprechendem Antrag des Kl wurde er - zunächst als Zeitangestellter - mit Wirkung ab dem 01.10.1994 wieder von der Finanzverwaltung als Sachbearbeiter in der Lohnsteuerstelle eingestellt und ab 22.12.1994 wieder verbeamtet. Mit Wirkung vom 15.03.1999 bis zum Ende seines Beamtenverhältnisses zum 31.07.2006 war der Kl auf dem Posten eines Betriebsprüfers eingesetzt.
Beginnend mit dem Jahr 2000 traten bei dem Kl krankheitsbedingt vermehrt Fehltage auf, an denen er keinen Dienst verrichtete (im Einzelnen dazu weiter unten). Der Kl leidet an ... (...). Durch ärztliche Atteste des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. med. A vom 13.02.2003 und vom 22.04.2003 wurde bescheinigt, eine stufenweise Wiedereingliederung des Kl in das Arbeitsleben sei aus medizinischer Sicht erforderlich. Mit Auftrag vom 01.12.2003 beauftragte das Beschäftigungsfinanzamt den personalärztlichen Dienst ( -PäD- ), den Kl darauf zu untersuchen, ob eine dauernde Dienstunfähigkeit im Sinne von § 47 Abs. 1 HmbBG vorliege und Empfehlungen über Maßnahmen zur Reduzierung der Ausfallzeiten auszusprechen. In der zusammenfassenden Beurteilung vom 06.02.2004 verlieh der PäD seiner Hoffnung Ausdruck, dass sich der Gesundheitszustand des Kl künftig so weit stabilisiere, dass die krankheitsbedingten Fehlzeiten deutlich abnehmen würden. Ärztliche oder therapeutische Maßnahmen zur Reduktion der Ausfallzeiten könnten nicht empfohlen werden, da der Kl diese in der Vergangenheit selbst verantwortungsvoll genutzt habe. Nachdem sich die Prognose des PäD nicht bewahrheitete, richtete das nunmehr für den Kl zuständige Beschäftigungsfinanzamt am 30.06.2005 einen erneuten Gutachtenauftrag an den PäD, den Kl im Hinblick auf eine dauernde Dienstunfähigkeit zu untersuchen. In der zusammenfassenden Beurteilung der personalärztlichen Begutachtung vom 10.11.2005 kam der PäD zu der Einschätzung, dass aufgrund von ambulanten und stationären Heilmaßnahmen zu erwarten stehe, dass der Kl Anfang Dezember 2005 seine Diensttätigkeit wieder in gewohntem Umfang aufnehmen könne. Da der Kl nach der Untersuchung weiterhin durchgehend arbeitsunfähig war, stellte das Beschäftigungsfinanzamt am 01.12.2005 wiederum einen Gutachtenauftrag an den PäD, nunmehr zur Untersuchung einer dauerhaften Dienstunfähigkeit in Verbindung mit einer Versetzung in den Ruhestand gemäß § 49 Abs. 1 HmbBG. In seiner zusammenfassenden Beurteilung der personalärztlichen Begutachtung vom 05.01.2006 gelangte der PäD nunmehr zu der abschließenden Einsc...