Entscheidungsstichwort (Thema)

Änderung bestandskräftiger Bescheide

 

Leitsatz (amtlich)

Ein nach Bestandskraft des Steuerbescheids geltend gemachter Veräußerungsverlust kann wegen groben Verschuldens nicht mehr berücksichtigt werden, wenn der Steuerpflichtige in der Steuererklärung/Anlage GSE die Frage nach einem Veräußerungsverlust unbeantwortet gelassen hat und wenn ein ausreichender Informationsaustausch zwischen seinen Beratern im Ausland und im Inland nicht gesichert war oder stattgefunden hat.

 

Normenkette

AO § 173; EStG § 17

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Änderung des Einkommensteuerbescheids 2005 aufgrund nachträglichen Bekanntwerdens neuer Tatsachen.

I.

Die Kläger sind verheiratet und wurden im Streitjahr zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.

Der Kläger wurde ... in Dänemark geboren. Nach Abschluss der Schule in Dänemark machte er zunächst eine Ausbildung zum Büromaschinenmechaniker und beschäftigte sich dann beruflich mit elektronischer Datenverarbeitung. Im Jahr ... zog er mit zwei Landsleuten aus seiner Heimat Dänemark nach Hamburg, um ein von ihnen entwickeltes Softwareprodukt in Deutschland zu vermarkten. Dazu gründeten sie eine Vertriebs-GmbH, bei der der Kläger als Gesellschafter-Geschäftsführer tätig war. Die dänische Muttergesellschaft, an der auch der Kläger beteiligt war, wurde im Jahr ... mit hohem Gewinn an die Fa. A verkauft. Der Kläger war zunächst weiter als Geschäftsführer der inländischen Vertriebsgesellschaft tätig, gab diese Tätigkeit jedoch im ... 2004 auf und verwaltete sodann in erster Linie sein eigenes Vermögen (vgl. Anlage zur Einkommensteuererklärung 2005, Einkommensteuerakte Band IV - ESt-A IV - Bl. 45). Daneben erbrachte er Dienstleistungen für Nutzer der bis dahin von ihm vertriebenen Software.

Der Kläger erwarb mit seinem Vermögen diverse Kapitalanlagen, davon etliche in Dänemark. Zum Teil beteiligte er sich als Kapitalgeber für Existenzgründungen. Eine im Jahr 2000 angeschaffte Beteiligung an einer dänischen Aktiengesellschaft - B - veräußerte der Kläger im Jahr 2001. Dabei erlitt er einen Veräußerungsverlust von rund 380.000 DM, der in der Steuererklärung der Kläger geltend gemacht und von dem seinerzeit zuständigen Finanzamt steuermindernd berücksichtigt wurde.

II.

Materiell streitig ist die steuerliche Berücksichtigung eines Verlustes des Klägers aus einer Beteiligung an der dänischen Kapitalgesellschaft "C" (im Folgenden: Gesellschaft). Die Kosten für die Anschaffung der Beteiligung im ... 2004 betrugen DKK 1.147.825 (= EUR 153.808,55). Die Gesellschaft hatte ein erfolgversprechendes ... Modul für Computer entwickelt. Bevor es erfolgreich vermarktet werden konnte, ging allerdings die technische Entwicklung über das Produkt hinweg.

Mit Vertrag vom 28. September 2005 wurden die Anteile des Klägers zum 1. Oktober 2005 zu einem Preis von DKK 2.500 (= EUR 335) veräußert. Der Verkauf wurde über die dänische Kanzlei "D" abgewickelt, die sowohl die Gesellschaft betreute als auch den Kläger hinsichtlich seiner dänischen Steuerangelegenheiten. Die Verfahrensbeteiligten sind in tatsächlicher Hinsicht einig, dass der Kläger die fragliche Beteiligung im Privatvermögen gehalten und aus ihrer Veräußerung einen Verlust in Höhe von EUR 153.473,55 erlitten hat.

III.

In ihrer (deutschen) Einkommensteuererklärung 2005 erklärten die Kläger unter anderem Einkünfte aus Kapitalvermögen aus diversen Vermögensanlagen und Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Der hier streitige Verlust wurde nicht erklärt. Das von den Klägern verwendete Formular "Anlage GSE Einkünfte aus Gewerbebetrieb" sieht in Zeile 23 vor, dass "Veräußerungsverluste bei Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften nach § 17 EStG, § 6 AStG, § 13 UmwStG und in gesetzlich gleichgestellten Fällen" angegeben werden. Die entsprechenden Felder dieser Zeile sind in der Steuererklärung der Kläger unausgefüllt geblieben (ESt-A Bl. 25). In das Formular "Anlage AUS Ausländische Einkünfte und Steuern" ist in einer Spalte mit Einkünften aus Dänemark Einnahmen aus Kapitalvermögen in Höhe von EUR 24.022 eingetragen worden; die Zeile 12 für "andere Einkunftsarten" ist insoweit unausgefüllt geblieben (ESt-A Bl. 129).

Die Kläger haben ihre Steuererklärung unter Mitwirkung ihrer Prozessbevollmächtigten angefertigt, die die Kläger steuerlich seit 2001 beraten und die über eine internationale Kooperationsorganisation für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer ("E") mit der dänischen Kanzlei D verbunden sind.

Der Beklagte erließ am 11. Mai 2007 einen Bescheid für 2005 über Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag, der mit Ablauf der Einspruchsfrist bestandskräftig wurde.

IV.

Die Kläger stellten am 12. Februar 2008 den Antrag, den Einkommensteuerbescheid 2005 gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 2 Abgabenordnung (AO) dahingehend zu ändern, dass der Verlust aus der Veräußerung der Beteilung an der Gesellschaft nach den Vorschriften des Halbeinkünfteverfahrens mit einem Betrag von EUR 76.736,78 berücksichtigt werde. Der Kläger sei als Däne mit dem deutschen Steuersystem...

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