Entscheidungsstichwort (Thema)
Abfindung für einen Pensionsverzicht als Entschädigung
Leitsatz (amtlich)
Die Abfindung für einen Pensionsverzicht stellt eine Entschädigung i.S.v. § 24 Nr. 1 lit. a EStG dar, wenn sich der Steuerpflichtige in einer rechtlichen, wirtschaftlichen oder tatsächlichen Zwangslage befindet und sich deshalb dem Verzicht nicht entziehen kann.
Normenkette
EStG § 24 Nr. 1a, § 34 Abs. 1, 2 Nr. 2
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die steuerliche Behandlung einer in 1996 an die Klägerin zu 2. gezahlten Abfindung in Höhe von DM 257.069 streitig.
1. Die Kläger sind miteinander verheiratet und werden gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt. Sie waren beide Gesellschafter der A Warenhandelsgesellschaft mbH (A), die sich auf dem Gebiet des Fleischhandels betätigt. Die Klägerin zu 2. war mit einem Geschäftsanteil im Nennbetrag von 500 TDM beteiligt und gleichzeitig Geschäftsführerin der A.
Das Wirtschaftsjahr der A lief jeweils vom 01.07. - 30.06. Die wirtschaftliche Lage des Unternehmens entwickelte sich wie folgt:
Wirtschaftsjahr |
Umsatzerlöse |
Jahresüberschuss |
1991/1992 |
18.412 TDM |
383 TDM |
1992/1993 |
18.538 TDM |
583 TDM |
1993/1994 |
16.539 TDM |
536 TDM |
1994/1995 |
12.727 TDM |
./. 9 TDM |
1995/1996 |
8.893 TDM |
49 TDM |
1996/1997 |
5.956 TDM |
114 TDM |
1997/1998 |
4.706 TDM |
34 TDM |
1998/1999 |
5.112 TDM |
14 TDM |
Am 20.03.1996 legte die Klägerin zu 2. ihr Amt als Geschäftsführerin mit Wirkung vom 22.03.1996 nieder (Blatt 146 Einkommensteuer Band VIIa).
Auf der außerordentlichen Gesellschafterversammlung vom 20.03.1996 wurde die Niederlegung von den Gesellschaftern angenommen und der Kläger zu 1. zum neuen Geschäftsführer bestimmt.
Das Stammkapital wurde mit Beschluss vom 14.07.1998 wegen des außerordentlichen Umsatz- und Ergebnisrückgangs vom 1,1 Mio. DM auf 200 TDM herabgesetzt.
Mit notariell beglaubigter Urkunde vom 20.03.1996 (Blatt 36 Rb-Akte) verkaufte die Klägerin ihre Gesellschaftsanteile an der A an den Kläger zu 1. zu einem Kaufpreis von 530 TDM. Den Kaufpreis stellte die A dem Kläger zu 1. darlehensweise zur Verfügung (Blatt 40 Rb-Akte).
Der Klägerin standen auf Grund ihrer Geschäftsführertätigkeit gegenüber der A Pensionsansprüche zu (Bl. 40 Rb-Akte). Zur Ablösung dieser Pensionsansprüche erhielt die Klägerin zu 2. eine Abfindung von DM 257.069 brutto. Von dieser Summe erhielt die Klägerin am 25.03.1996 einen Abschlag in Höhe von 70 TDM und am 08.07.1996 einen weiteren Abschlag von 130 TDM. Seitens der A wurden auf die Abfindung entfallende Lohnsteuern einschließlich Solidaritätszuschlag in Höhe von 59.952,75 DM abgeführt. Die zwischen dem Nettobetrag nach Abführung von Lohnsteuern und Solidaritätszuschlag (brutto 257.069 DM - 59.952,75 DM = netto 197.116,25 DM) und der an die Klägerin zu 2. überwiesenen Summe (70.000 DM + 130.000 DM = 200.000 DM) bestehende Differenz in Höhe von 2.883,75 DM wurde seitens der A von der Klägerin zurückgefordert und von dieser beglichen (Bl. 83 Gerichts-Akte).
2. In ihrer Einkommensteuererklärung 1996 vom 05.08.1997 gab die Klägerin in der Anlage N unter Zeile 10 an, eine Abfindung von DM 233.069 erhalten zu haben. Dabei handelt es sich um den von der obigen Bruttoabfindung von 257.069 DM nach Abzug von 24.000 DM Freibetrag verbleibenden Restbetrag. Entsprechende Eintragungen wies die Lohnsteuerkarte aus (Blatt 186 Einkommensteuer-Akte Band VI). Der Beklagte veranlagte mit Einkommensteuerbescheid vom 08.09.1997 entsprechend (Blatt 186 ff. Einkommensteuer-Akte VI).
a. Auf Grund einer bei der A durchgeführten Betriebsprüfung für 1996 gelangte der Beklagte zu der Auffassung, dass es sich bei den Zahlungen an die Klägerin zu 2. nicht um eine ermäßigt zu besteuernde Entschädigung gehandelt habe. Mit Änderungsbescheid zunächst vom 02.10.2000, zuletzt vom 09.04.2002, unterwarf der Beklagte die Abfindung der Klägerin der normalen Besteuerung.
b. Hiergegen legten die Kläger am 17.10.2000 (Blatt 1 Rb-Akte) Einspruch ein und führten aus, bei der von der Klägerin zu 2. erhaltenen Zahlung handele es sich um eine Entschädigung nach § 24 Nr. 1a EStG, die ermäßigt zu besteuern sei (§ 34 EStG).
Mit Einspruchsentscheidung vom 02.06.2004 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück, da die Voraussetzungen für eine ermäßigte Besteuerung der Abfindungszahlung nicht vorliegen würden, da die Klägerin freiwillig an dem Handlungsablauf mitgewirkt habe.
3. Mit Schriftsatz vom 05.07.2004, beim Finanzgericht am gleichen Tag eingegangen, erhoben die Kläger dagegen Klage mit dem Ziel einer Abänderung des Einkommensteuerbescheides 1996 dahingehend, dass die Abfindung der ermäßigten Besteuerung unterworfen werde.
Zur Begründung führten die Kläger aus, dass seit 1991 bis 2002 ein erheblicher Umsatzrückgang von rund 18 Mio. DM auf rund 39.000 EUR bei der A zu verzeichnen gewesen wäre. Ursache dafür sei der wegen der BSE-Krise erfolgte Zusammenbruch des Fleischmarktes gewesen. Die A sei zu einer drastischen Kostensenkung gezwungen gewesen. Dies sei der Grund gewesen, sich von den Belastungen, die auf Grund der Pensio...