Revision eingelegt (BFH I R 17/23)

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausschließliches Besteuerungsrecht der Schweiz für inländische Agenturtätigkeit einer Personengesellschaft. - Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH: I R 17/23)

 

Leitsatz (amtlich)

1. Führt eine KG im Inland nur das Befrachtungsgeschäft für ihre Kommanditistin, eine Reederei mit Geschäftsleitung in der Schweiz, durch, ist dies eine Agenturtätigkeit i.S. des Art. 8 Abs. 4 Buchst. b DBA Schweiz, die im unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Reedereibetrieb steht. Die ihrer Kommanditistin von der KG vermittelte inländische Betriebsstätte ist Teil des eigenunternehmerischen Schifffahrtsbetriebes der Kommanditistin mit der Folge, dass das ausschließliche Besteuerungsrecht an den Einkünften der KG nach Art. 8 Abs. 1 DBA Schweiz der Schweiz zusteht (sog. Schifffahrtsprinzip; gegen Fach-Info der Finanzbehörde Hamburg vom 30. Mai 2018, DStR 2018, 1973).

2. Auch wenn eine KG ein gewerbliches Unternehmen im Inland betreibt und selbst Subjekt der deutschen Gewerbesteuer ist (§ 5 Abs. 1 Satz 3 GewStG), ist sie nach dem DBA Schweiz nicht abkommensberechtigt, weil sie keine Person i.S. des Art. 3 Abs. 1 DBA Schweiz und darüber hinaus auch nicht unbeschränkt steuerpflichtig ist. Jedoch kann sie sich zugunsten ihrer Gesellschafter auch im Bereich der Gewerbesteuer auf deren Abkommensrechte berufen.

 

Normenkette

DBA CHE Art. 2 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. b, e, Art. 3 Abs. 1 Buchst. d, e, Art. 4 Abs. 1, Art. 7 Abs. 1, Art. 8 Abs. 1, 4-5; EStG § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a; AO § 12 S. 1

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob gewerbliche Einkünfte der Klägerin dem deutschen Besteuerungsrecht unterliegen.

Die Klägerin, eine Personengesellschaft in der Rechtsform einer SA & Co. KG mit Sitz in Hamburg, entstand durch Umwandlung im Wege des Formwechsels der A GmbH, in das Handelsregister eingetragen am ... 2015 und mit steuerlicher Rückwirkung zum ... 2014. Ihre einzige Kommanditistin, die B SA (...), eine Kapitalgesellschaft mit Sitz und Geschäftsleitung in der Schweiz, ist eine Containerlinienreederei und betreibt eigene und gecharterte Seeschiffe im internationalen Verkehr.

Die Klägerin erbrachte nur Agenturleistungen gegenüber der B SA. Sie schloss im Namen und Auftrag der B SA für die von dieser betriebenen Seeschiffe Befrachtungsverträge mit den Kunden ab und führte die Befrachtung durch. Die Klägerin erhielt hierfür von der B SA ihre sämtlichen Kosten erstattet zuzüglich eines prozentualen Aufschlags, der sich im Streitjahr 2016 auf ... % belief. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des zwischen der B SA und der Klägerin abgeschlossenen Agenturvertrages in der im Streitjahr 2016 gültigen Fassung vom ... 2015 Bezug genommen (...).

Gesetzliche Vertreterin der Klägerin ist ihre einzige Komplementärin, die C SA mit Sitz und Geschäftsleitung ebenfalls in der Schweiz. Die Komplementärin ist kapitalmäßig nicht an der Klägerin beteiligt. Im Streitjahr erhielt sie eine Haftungsvergütung in Höhe von ... €.

Die Klägerin unterhielt im Streitjahr mehrere Niederlassungen in Deutschland, außerdem ausländische Standorte in .... In Hamburg waren ... Prokuristen der Komplementärin und ca. ... Mitarbeiter der Klägerin tätig.

In der Feststellungserklärung für 2016 vom XX. Januar 2018 behandelte die Klägerin den Jahresüberschuss laut Handelsbilanz in Höhe von ... € - wovon ein Betrag von ... € auf die ausländischen Betriebsstätten entfiel - als nach Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) steuerfrei. Zur Begründung berief sie sich darauf, dass ihre Einkünfte aus der Agenturtätigkeit für die B SA als Nebeneinkünfte aus dem Betrieb von Seeschiffen im internationalen Verkehr gemäß Art. 8 Abs. 1 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom 11. August 1971, zuletzt geändert durch Protokoll vom 27. Oktober 2010 mit Wirkung ab dem 1. Januar 2012 (Bundesgesetzblatt Teil II -BGBl II- 2011, 1092, im Folgenden: DBA-CH) in der Schweiz zu besteuern seien, wo sich der Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung der B SA befinde.

Der Beklagte stellte mit unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erlassenem Bescheid für 2016 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom XX. April 2018 erklärungsgemäß laufende Einkünfte in Höhe von 0 € und einen Gewinn aus Sonderbetriebsvermögen der Komplementärin in Höhe von ... € fest. Der Gewerbesteuermessbetrag für 2016 wurde mit Bescheid vom selben Tag auf 0 € festgesetzt.

Aufgrund einer Prüfungsanordnung des Beklagten vom XX. Mai 2018 führte dieser bei der Klägerin eine Prüfung der gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und des Gewerbesteuermessbetrags für 2016 durch. Die Betriebsprüferin vertrat im Bericht über die Außenprüfung vom XX. Juli 2018 die Auffassung, dass die als steuerfrei erklärten Einkünfte aus der Agenturtätigkeit der Klägerin steuerpflich...

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