Entscheidungsstichwort (Thema)
Berechnung des Zusatzzolls gemäß Art. 5 Abs. 1, Abs. 3 VO Nr. 2777/75 - Maßgeblichkeit des cif-Einfuhrpreises
Leitsatz (amtlich)
1. Bei der Bemessung des Zusatzzolls gemäß Art. 5 Abs. 1, Abs. 3 VO Nr. 2777/75 ist auf den cif-Einfuhrpreis abzustellen, Art. 3 Abs. 1 VO Nr. 1484/95, Art. 4 VO Nr. 1484/95, Art. 2 Abs. 1 VO Nr. 1484/95, mit dem die Ware in die Union gelangt, und zwar in der Höhe, den Marktteilnehmer ihrem drittländischen Verkäufer zahlen müssen. Insbesondere in Fällen eines weltweiten Kettengeschäftes ist dies nicht zwangsläufig der Preis, der in dem Land gezahlt werden muss, in dem die Ware ihren Ursprung im Sinne von Art. 23 Zollkodex hat, sondern der Preis, der auf der Handelsstufe zu zahlen ist, innerhalb derer die Ware in das Zollgebiet der Union gelangt. Ist also auf den im Drittland - unabhängig von der Frage des Warenursprungs - zu zahlenden Preis abzustellen, können Preise, die für ein Handelsgeschäft innerhalb der Union zu zahlen sind, keine Berücksichtigung finden.
2. Ist der cif-Einfuhrpreis nicht bekannt, kann das Hauptzollamt bei der Bemessung des Zusatzzolls den im Zolltarif festgelegten repräsentativen Preis zu Grunde legen.
3. Bei der Berechnung des cif-Einfuhrpreises darf das Hauptzollamt den amtlich veröffentlichten Umrechnungskurs nach Art. 35 Zollkodex zu Grunde legen.
Normenkette
ZK Art. 35, 220 Abs. 1; VO (EWG) Nr. 2777/75 Art. 5; EGV 1484/95 Art. 2 Abs. 1, Art. 3-4
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen die Erhebung von Zusatzzöllen.
Am 21.04.2005 meldete die A-Spedition als direkte Vertreterin der Klägerin mit vereinfachter Zollanmeldung die Überführung von 990 Kartons mit gefrorenen Teilen von Hühnern mit Ursprung in Brasilien der Code Nr. 0207 1410 00 0 zur Überführung in den freien Verkehr an. Die Waren wurden am 22.04.2005 nach Überprüfung überlassen. Die Klägerin hatte die Waren von der in Dänemark ansässigen Firma B ... erworben, die insoweit gestellte Handelsrechnung über 24.661 € fügte die Klägerin ihrer Zollanmeldung bei (Sachakte Heft I Bl. 4).
Einfuhrabgaben wurden berechnet in Höhe von insgesamt 22.196,30 € (18.916,99 € Zoll und 3.279,31 € Einfuhrumsatzsteuer).
Im Rahmen einer Nachprüfung kontrollierte der Beklagte, ob der Zusatzzoll in der nach der VO Nr. 1484/95 geschuldeten Höhe festgesetzt worden war. Daher forderte er die Klägerin mit Schreiben vom 12.06.2007 auf, die Abladerrechnung sowie einen Nachweis über die entstandenen Transport- und Versicherungskosten bis zum Ort des Verbringens zu übersenden.
Mit Schreiben vom 12.02.2008 teilte die A-Spedition für die Klägerin mit, ihr lägen Belege über die Höhe der damaligen Transport- und Versicherungskosten vor, die brasilianische Abladerrechnung würde jedoch seitens des dänischen Importeurs nicht zur Verfügung gestellt.
Mit Einfuhrabgabenbescheid vom 21.02.2008 erhob der Beklagte daraufhin gem. Art. 220 Abs. 1 Zollkodex Einfuhrabgaben in Höhe von 1.326,10 € nach und forderte Zinsen in Höhe von 225,34 € an. Zur Begründung wurde ausgeführt, es sei nicht möglich, den Zusatzzoll in gesetzlich geschuldeter Höhe festzusetzen, da die Klägerin den fob-Preis im Ursprungsland nicht mitgeteilt habe. Der Zusatzzoll sei damit auf der Grundlage des im maßgeblichen Zeitpunkt durchschnittlichen Preises im Ursprungsland (= repräsentativer Preis) in Höhe von 148,2 €/100 kg zu bestimmen und zuzüglich Zinsen anzufordern.
Mit Schreiben vom 03.03.2008 legte die Firma A Spedition für die Klägerin Einspruch gegen den Abgabenbescheid ein.
Den Einspruch wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 06.03.2009 zurück, ließ den Einspruch gegen die Erhebung der Zinsen aber ausdrücklich unbeschieden. Die ursprünglich mit der vereinfachten Zollanmeldung vorgelegte Handelsrechnung sei für den Weiterverkauf gestellt und dokumentiere daher nicht den Preis im Ursprungsland. Der cif-Einfuhrpreis habe nicht ermittelt werden können, daher sei der repräsentative Preis in Höhe von 148,20 €/100 kg zugrunde gelegt worden.
Mit ihrer am 14.04.2009 bei Gericht eingegangenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie trägt vor, entscheidend sei im Streitfall zunächst die Berechnung des cif-Einfuhrpreises. Art. 2 Abs. 1 Beistrich 2 VO Nr. 1484/95 gehe davon aus, dass der Einführer die Ware im Ursprungsland kaufe. Dies sei jedoch im Streitfall nicht der Fall gewesen. Im Falle einer - wie hier - Käuferkette könne es nicht auf den Preis im Ursprungsland ankommen, was sich bereits aus der tatsächlichen Schwierigkeit für den Einführer ergebe, die sog. Abladerrechnung vorzulegen. Das Abstellen auf den Preis im Ursprungsland stehe auch nicht im Einklang mit Art. 5 VO Nr. 2777/95 und dem Recht der WTO (Art. 5 Abs. 1 des WTO-Landwirtschaftsübereinkommens). Danach sei zeitlicher Anknüpfungspunkt für die Feststellung des relevanten Preises die Einfuhr in das Zollgebiet der EU, es sei also der Preis an der EU-Außengrenze gemeint. Das Landwirtschaftsübereinkommen gehe ...