Entscheidungsstichwort (Thema)
Ungleiche Grundsteuermesszahlen sind verfassungsgemäß
Leitsatz (amtlich)
Es verstößt nicht gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 GG, dass die Steuermesszahl nach § 15 GrStG für Eigentumswohnungen, die als Einfamilienhaus bewertet sind, 3,5 v. T. beträgt und nicht 2,6 v. T. wie für Einfamilienhäuser; erstens handelt es sich schon nach der rechtlichen sowie wirtschaftlichen Gestaltung um unterschiedliche Steuerobjekte und zweitens ist auf die Gesamtbelastung durch das Zusammenwirken mit den bewertungsrechtlichen Vervielfältigern abzustellen.
Normenkette
BewG §§ 80, 93; GG Art. 3; GrStG § 15
Nachgehend
Tatbestand
A.
Streitig ist im Rahmen der Neuveranlagung des Grundsteuermessbetrags für eine Eigentumswohnung die Steuermesszahl; nämlich ob auf den Einheitswert die Messzahl von 3,5 von Tausend (--v. T.--) zugrunde zu legen ist oder 2,6 v. T.
I.
Der Kläger erwarb mit Kaufvertrag vom ... 2009 für 174.500,00 Euro eine Eigentumswohnung, das heißt den im Grundbuch von A eingetragenen Miteigentumsanteil von 1.54/100.000 an einem mit einem Wohngebäude bebauten Grundstück in Hamburg-A, verbunden mit einem Sondereigentum an einer Wohnung im EG (Einheitswert- und Grundsteuerakte --EW-A-- Bl. 106).
II.
Der Beklagte (das Finanzamt --FA--) stellte mit Zurechnungsfortschreibungsbescheid vom 23. Oktober 2009 den Einheitswert für die als Einfamilienhaus bewertete Wohnung unverändert auf 28.734 Euro (entspricht 56.200 DM) fest (EW-A Bl. 110).
Dem Grundsteuermessbescheid vom 23. Oktober 2009 legte das FA eine Steuermesszahl von 3,5 v. T. zugrunde; danach ergab sich ein Steuermessbetrag von (28.734 Euro x 0,035 =) 100,57 Euro (EW-A Bl. 111).
Der Kläger legte am 16. November 2009 Einspruch gegen den Grundsteuermessbescheid ein, in dem er die Anwendung der Steuermesszahl von 3,5 v. T. rügte und entsprechend den Regelungen für Einfamilienhäuser eine Steuermesszahl von 2,6 v. T. forderte, woraus sich ein Steuermessbetrag von lediglich (28.734 Euro x 0,026 =) 74,71 Euro ergeben würde (EW-A Bl. 112).
Das FA setzte in dem mit Zahlungsaufforderung versehenen Grundsteuerbescheid vom 11. Januar 2010 die Grundsteuer für das Kalenderjahr 2010 mit einem Hebesatz von 540 % auf (100,57 Euro x 5,40 =) 543,04 Euro fest (EW-A Bl. 116 f.).
Der Kläger legte daraufhin am 18. Januar 2010 auch Einspruch gegen den Grundsteuerbescheid vom 11. Januar 2010 ein, in dem er erneut die Anwendung einer Steuermesszahl von 2,6 v. T. und der daraus resultierenden niedrigeren Grundsteuer forderte (EW-A Bl. 118).
Mit Einspruchsentscheidung vom 21. Mai 2010 wies das FA die Einsprüche des Klägers vom 16. November 2009 sowie vom 18. Januar 2010 als unbegründet zurück (EW-A Bl. 120 ff.). Bei einer als Einfamilienhaus bewerteten Eigentumswohnung sei nach § 15 Grundsteuergesetz (GrStG) in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung eine Steuermesszahl von 3,5 v. T. zugrunde zu legen, wie auch im Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 3. Dezember 1982 III R 102/79 ausgeführt (BFHE 137, 370, BStBl II 1983, 338).
III.
Der Kläger hat beim Finanzgericht (FG) am 22. Juni 2010 Klage erhoben (Finanzgerichts-Akte --FG-A-- Bl. 1 ff., 29) und trägt zur Begründung im Wesentlichen Folgendes vor:
Eine finanzielle Benachteiligung der Eigentümer und/oder mittelbar eines Mieters entstehe durch eine höhere Grundsteuerbelastung von Wohnungen. Eine Eigentumswohnung diene dem gleichen Zweck wie ein Ein- und Zweifamilienhaus, nämlich der Versorgung der Bevölkerung mit Wohnraum. Die hinsichtlich der Grundsteuermesszahl für Ein- und Zweifamilienhäuser sowie Eigentumswohnungen differenzierende Regelung des § 15 GrStG verstoße daher gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Grundgesetz (GG). Jedes Gesetz müsse für sich dem Gleichheitsgrundsatz genügen. Die Ungleichbehandlung eines Gesetzes, hier des Bewertungsgesetzes (BewG), könne nicht durch ein anderes Gesetz, hier das GrStG, ausgeglichen werden.
Das vom FA angeführte Urteil des BFH sei nicht einschlägig, da es in dem Urteil schwerpunktmäßig um Kleinwohnungen im Sinne des § 62 WEG gehe; diese Vorschrift sei vor Jahren "abgeschafft" worden. Da das Urteil bereits vor 28 Jahren ergangen sei, habe es keine Indizwirkung mehr für den vorliegenden Fall.
Der Kläger beantragt (FG-A Bl. 1, 32),
den Grundsteuermessbetragsbescheid vom 23. Oktober 2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 21. Mai 2010 dahin zu ändern, dass der Grundsteuermessbetrag herabgesetzt wird, indem für die Eigentumswohnung eine Steuermesszahl von 2,6 v. T. statt 3,5 v. T. zugrunde gelegt wird,
und
den Grundsteuerbescheid 2010 vom 11. Januar 2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 21. Mai 2010 dahin zu ändern, dass die Grundsteuer nach Maßgabe der vorstehend begehrten Herabsetzung des Grundsteuermessbetrags herabgesetzt wird.
Das FA beantragt (FG-A Bl. 12, 33),
die Klage abzuweisen.
Das FA trägt in Ergänzung der Einspruchsentscheidung folgendes vor (FG-A Bl. 14):
A...