Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt (BFH V B 34/12)
Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuer: Unternehmereigenschaft einer Zweigniederlassung
Leitsatz (amtlich)
Eine unselbständige Zweigniederlassung ist keine Unternehmerin i. Sinne von § 2 Abs. 1 Sätze 1 und 3 UStG.
Normenkette
UStG § 2 Abs. 1, §§ 14, 15 Abs. 1 Nr. 1; HGB § 13
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Vorsteuerabzugsberechtigung der Klägerin.
Die Klägerin ist eine deutsche Zweigniederlassung der Aktiengesellschaft ... Rechts A-1 mit Sitz in B, ... (im Folgenden: A-1). Sie wurde als Zweigniederlassung in das Handelsregister des Amtsgerichts C (HRB ...) unter der Firma A-2, Zweigniederlassung der A-1, eingetragen. Der Gegenstand der Klägerin ist - wie bei der ... Hauptniederlassung - der Betrieb eines ..., vornehmlich für ...
Zwischen der Klägerin und der Hauptniederlassung wurde eine zum ... April 2008 wirksame " Vereinbarung" geschlossen. Diese hat im Wesentlichen folgenden Inhalt:
Die Klägerin übernimmt die Ausbildung neuer Mitarbeiter für das A-1 ... Zusätzlich soll die Klägerin individuelle Aufgaben für A-1 durchführen und Wege finden, bei neuen Kunden in Deutschland Umsätze im Bereich ... zu generieren. Auch die Pflege deutscher Kundenkontakte kann als Aufgabe an die Klägerin weitergegeben werden. Die Hauptniederlassung besitzt alle Vertriebsrechte an den ... und übernimmt die Abrechnung für alle Kunden. Ferner bezahlt die A-1 für die Durchführung der Aufgaben an die Klägerin ein Honorar, welches den tatsächlichen Kosten inklusive Zinsen und Abschreibungen plus 5 % auf die angefallenen Lohnkosten der Klägerin entspricht.
Die Klägerin gab für sich als Unternehmerin ab 2008 Umsatzsteuererklärungen ab. In ihrer Umsatzsteuererklärung 2008 erklärte sie keine steuerpflichtigen Umsätze, aber Vorsteuerbeträge aus Rechnungen von anderen Unternehmern in Höhe von 11.532,74 €. Ein Umsatzsteuerbescheid 2008 erging nicht. Der Vorsteuerüberschuss wurde an die Klägerin ausgezahlt. In ihrer Umsatzsteuererklärung 2009 erklärte die Klägerin wiederum keine steuerpflichtigen Umsätze, sondern nur Vorsteuerbeträge in Höhe von 16.163,34 €. Ein Umsatzsteuerbescheid erging ebenfalls nicht. Der Vorsteuerüberschuss wurde an die Klägerin ausgezahlt. Mit Umsatzsteuervoranmeldung für das erste Quartal 2010 meldete die Klägerin einen Vorsteuerüberschuss in Höhe von 1.481,79 € an, der ihr ausgezahlt wurde. Für das zweite Quartal 2010 meldete sie einen Vorsteuerüberschuss von 1.920,21 € an. Dieser Betrag wurde nicht ausgezahlt. In beiden Voranmeldungen erklärte die Klägerin wiederum keine steuerbaren Umsätze.
Nach Durchführung einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung verneinte der Beklagte die Unternehmereigenschaft der Klägerin und setzte mit Änderungsbescheiden vom ... November 2010 die Umsatzsteuer für die Jahre 2008 und 2009 sowie für das erste Quartal 2010 auf jeweils 0 € fest. Die ausgezahlten Vorsteuerbeträge wurden zurückgefordert. Mit Bescheid vom ... November 2010 wurde auch die Umsatzsteuer für das zweite Quartal 2010 auf 0 € festgesetzt.
Die Klägerin legte dagegen am ... Dezember 2010 Einspruch ein. Zur Begründung trug sie im Wesentlichen vor, dass sie als Zweigniederlassung nicht rechtlich selbständig sei. Es handle sich bei ihr um einen unselbständigen Teil der Hauptniederlassung. Sie könne nicht am Rechtsverkehr teilnehmen und folglich nicht Unternehmerin sein. Zwischen der Zweig- und der Hauptniederlassung könnten auch keine Vereinbarungen geschlossen werden, weil die Zweigniederlassung als solche nicht Vertragspartner sein könne. Bei der Vereinbarung zum April 2008 handele es sich nur um eine betriebswirtschaftliche Anweisung, wie der Betriebsteil in Deutschland wirtschaftlich behandelt werden solle. Richtig sei es, auf die Hauptniederlassung in ... abzustellen. Die A-1 sei Unternehmerin im Sinne von § 2 des Umsatzsteuergesetzes (UStG). Sie werde in Deutschland durch die Zweigniederlassung tätig. Die Feststellungen des Beklagten hätten zur Folge, dass die einer Zweigniederlassung in Rechnung gestellte Vorsteuer mangels Unternehmereigenschaft niemals geltend gemacht werden könne und auch eigene Umsätze der Zweigniederlassung nicht steuerbar wären. Die Steuerbescheide seien daher gemäß § 125 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) nichtig. Sie litten an einem besonders schweren Fehler. Jedenfalls seien die Verwaltungsakte rechtswidrig.
Mit Einspruchsentscheidung vom ... Februar 2011 wies der Beklagte die zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen Einsprüche als unbegründet zurück. Die Klägerin sei als unselbständige Zweigstelle keine Unternehmerin im Sinne von § 2 Abs. 1 UStG. Sie nehme nicht selbständig am Rechtsverkehr in Deutschland teil, trage kein Unternehmerrisiko und habe zudem kein eigenes Konto. Sie habe vielmehr nur die Funktion eines Repräsentationsbüros in Deutschland; sämtliche Umsätze seien somit der Hauptniederlassung in ... zuzuordnen. Da es sich dabei um ein im Ausland ansässiges Unternehmen handele,...