Entscheidungsstichwort (Thema)
Streitwertfestsetzung und Kostenerstattung
Leitsatz (redaktionell)
1) Ist im Rahmen einheitlich und gesonderter Gewinnfeststellungen streitig, ob der Höhe nach unstreitig erzielter Gewinn begünstigt zu besteuern ist, beträgt der Streitwert 10 bis 25% des streitigen Gewinns.
2) In Fällen negativer Feststellungsbescheide ist ein Streitwert von 10% des streitigen Betrags anzusetzen.
3) Kosten eines Vorverfahrens sind nur insoweit erstattungsfähig, als das Vorverfahren ins Klageverfahren übergegangen ist.
4) Die Anrechnung der Geschäftsgebühr des Vorverfahrens auf die Verfahrensgebühr gemäß Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG zur Hälfte jedoch höchstens zu 0,75 gilt auch für Steuerberater.
5) Gemäß Vorbemerkung 3 Abs. 6 VV RVG ist die Verfahrensgebühr des ersten Rechtsgangs auf die Verfahrensgebühr des zweiten Rechtsgangs anzurechnen.
6) Eine Kumulation der gesetzlichen Gebührenerhöhungssysteme durch die Addition der auf alle Beteiligten entfallenden Streitwerte und den Ansatz einer Erhöhungsgebühr ist unzulässig.
Normenkette
FGO § 139 Abs. 3 S. 3; VV RVG Vorbemerkung 3 Abs. 4, 6; VV RVG Nr. 1008; RVG § 2 Abs. 1, § 22 Abs. 1, § 7 Abs. 1; GKG § 13
Tatbestand
I.
Zwischen den Beteiligten sind verschiedene Positionen bei der Berechnung der den Erinnerungsführern vom Erinnerungsgegner zu erstattenden Kosten streitig.
Die Erinnerungsführer hatten als Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zunächst die Klage 10 K 1833/00 erhoben. Der Bundesfinanzhof hat das in dieser Sache ergangene Urteil des Finanzgerichts Köln aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Finanzgericht Köln zurückverwiesen. Daraufhin ist das Urteil 10 K 3457/08 ergangen, in dem die Kosten des Verfahrens zu 20 % den Erinnerungsführern und zu 80 % dem Erinnerungsgegner auferlegt wurden. Gegen dieses Urteil haben die Erinnerungsführer Revision beim Bundesfinanzhof eingelegt, die dort unter dem Az.: IV R 29/09 anhängig ist.
Am 12. Juli 2010 beantragten die Erinnerungsführer, die ihnen vom Erinnerungsgegner zu erstattenden Kosten festzusetzen. Dabei gingen sie von einem Gegenstandswert in Höhe von 50% des im Gewinnfeststellungsbescheid 1994 angesetzten Gesamtgewinns aus. Der Erinnerungsgegner hatte den Gewinn 1994 fast in voller Höhe als begünstigten Aufgabegewinn festgestellt. Für 1995 und 1996 gingen sie von 10% dieses in 1994 angesetzten Gesamtgewinns aus. Zusätzlich machten sie eine Erhöhungsgebühr von zweimal 3/10 geltend, da es sich um mehrere Auftraggeber gehandelt habe.
Die Kostenbeamtin des Finanzgerichts setzte die den Erinnerungsführern zu erstattenden Kosten mit Beschluss vom 15. Februar 2011 fest. Dabei rechnete sie die Einzelstreitwerte 1994 bis 1996 zusammen, da es sich um dieselbe Angelegenheit handele. Sie ging für 1994 von einem Streitwert in Höhe von 25% des festgestellten Gewinns aus. Sie setzte keine Erhöhungsgebühr an, da sie die Auffassung vertrat, dass der Mehraufwand des Bevollmächtigten bereits durch die Zusammenrechnung der Einzelstreitwerte berücksichtigt werde. Schließlich rechnete sie die auf den ersten Rechtsgang entstandene Verfahrensgebühr auf die im zweiten Rechtsgang entstandene Verfahrensgebühr an.
Mit der zulässigen Erinnerung tragen die Erinnerungsführer vor:
Für 1994 sei der Streitwert mit 50% des Feststellungsbetrags anzusetzen. Für 1995 und 1996 seien 10% des Feststellungsbetrags angebracht.
Eine Erhöhungsgebühr sei anzusetzen. Es liege keine Addition mehrerer Einzelstreitwerte zu einem Gesamtstreitwert vor. Vielmehr betrage der Streitwert bei einheitlich und gesonderter Feststellung von Einkünften pauschal 25 % bzw. einen höheren Prozentsatz. Eine Addition erfolge gerade nicht.
Die Geschäftsgebühr des Vorverfahrens, die ein Steuerberater geltend mache, sei nicht auf die Verfahrensgebühr des Rechtsanwalts im Klageverfahren anzurechnen.
Auch sei die Verfahrensgebühr des ersten Rechtsgangs nicht auf die Verfahrensgebühr des zweiten Rechtsgangs anzurechnen, da zwischen diesen beiden Aufträgen mehr als zwei Jahre lägen (Hinweis auf § 15 Abs. 5 Satz 2 RVG).
Schließlich solle der Streitwert des Vorverfahrens sich nach dem im Vorverfahren streitigen Betrag ermitteln, auch wenn nur ein niedrigerer Betrag ins Klageverfahren übergegangen sei.
Die Erinnerungsführer beantragen sinngemäß,
den angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss mit der Maßgabe zu ändern, dass die ihnen zu erstattenden Kosten gemäß dem Schriftsatz vom 12. Juli 2010 mit Ausnahme der bisher für das Einspruchsverfahren geltend gemachten Besprechungsgebühr festgesetzt werden.
Der Erinnerungsgegner beantragt,
die Erinnerung zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige Erinnerung ist unbegründet.
Der angefochtene Kostenfestsetzungsbeschluss ist rechtmäßig und verletzt die Erinnerungsführer deshalb nicht in ihren Rechten, vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO – analog.
1. Streitwert des Klageverfahrens
a) 1994
Die Kostenbeamtin hat den Streitwert zutreffend ermittelt.
aa) Nach § 13 Abs. 1 Sat...