Entscheidungsstichwort (Thema)
Europarechtskonformität der Begrenzung berücksichtigungsfähiger Schuldgeldzahlungen auf deutsche Schulen
Leitsatz (redaktionell)
Dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaft wird die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob die Begrenzung berücksichtigungsfähiger Schulgeldzahlungen in § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG in der für die Jahre 1998 und 1999 geltenden Fassung auf inländische Schulen mit den europäischen Grundfreiheiten der allgemeinen Freizügigkeit (Art. 18/8a EGV), der Arbeitnehmerfreizügigkeit (Art. 39/48 EGV) und der Dienstleistungsfreiheit (Art. 49/49) vereinbar ist.
Normenkette
EGV a.F. Art. 18 (8a), Art. 39 (48), Art. 49 (59); EStG § 10 Abs. 1 Nr. 9
Nachgehend
Tatbestand
I.
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob Aufwendungen für Kur- und Internatunterbringung von drei Kindern der Kläger als außergewöhnliche Belastungen steuermindernd zu berücksichtigen sind bzw. in welcher Höhe die Kläger Schulgeldzahlungen als Sonderausgaben abziehen können.
Die Kläger sind Eheleute, die in den Streitjahren 1998 und 1999 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden.
Die Kläger haben drei gemeinsame Kinder, die Töchter … (geb. 01.11.1981), … (geb. 16.01.1986) und den Sohn … (geb. 24.12.1987).
Da die Kläger zunächst ihre Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre nicht abgaben, wurden die Besteuerungsgrundlagen geschätzt. Gegen die Schätzungsbescheide legten die Kläger rechtzeitig Einspruch ein.
In den im Laufe der Rechtsbehelfsverfahren eingereichten Steuererklärungen machten die Kläger außergewöhnliche Belastungen in Höhe von … DM für 1998 und … DM für 1999 geltend. Hierbei handelte es sich um Aufwendungen für den Privatschulbesuch ihrer drei Kinder sowie um Aufwendungen für eine stationäre Kinderkur wegen Übergewichts und gestörten Essverhaltens der Tochter …. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Die Kläger haben drei hochbegabte Kinder, die nach ihren Angaben, wenn sie schulisch nicht entsprechend ihren geistigen Bedürfnissen und Potentialen angemessen gefordert und gefördert werden, umgehend an somatisierten Konflikten erkranken, die adäquate und erfolgversprechende Maßnahmen zur Behandlung erforderlich machen. Die einzig erfolgversprechende und zumutbare Maßnahme zur Verhinderung somatisierter Konflikte bestehe aus medizinisch-psychologischer Sicht in einer den geistigen Anlagen und Talenten der Kinder entsprechenden und somit auf die Bedürfnisse von Hochbegabung abgestellten schulischen Förderung. Unterbleibe diese, würden die Kinder, wie die Vergangenheit gezeigt habe, physisch und psychisch krank. Wegen der weiteren Begründung wird auf die Anlagen zum Schriftsatz vom 19. August 2002 Bezug genommen.
Von den Kosten entfielen 1998 DM … und 1999 DM … auf den Besuch der Cademuir International School in Schottland durch die beiden Töchter. Das hierin enthaltene Schulgeld, das nicht auf Beherbergung, Betreuung oder Verpflegung entfällt, wurde von den Klägern bisher nicht genau nachgewiesen, beläuft sich aber pro Jahr auf mindestens DM …. Wegen der weiteren Zusammenstellung wird auf die Aufstellung der Kläger, die diese den Einkommensteuererklärungen 1998 und 1999 beigefügt haben, Bezug genommen.
Der Beklagte erließ während des Einspruchsverfahrens am 13. September 2001 geänderte Einkommensteuerbescheide für die Streitjahre, in denen er den erklärten Besteuerungsgrundlagen mit Ausnahme der geltend gemachten außergewöhnlichen Belastungen folgte. Da die Kläger ihre Einsprüche weiterverfolgten, wies der Beklagte diese mit Einspruchsentscheidung vom 6. Dezember 2001 als unbegründet zurück.
Mit der Klage verfolgen die Kläger ihr Ziel der Berücksichtigung von außergewöhnlichen Belastungen weiter. Zur Begründung führen sie ergänzend aus:
Die streitgegenständlichen Aufwendungen für ihre Kinder stünden rechtlich Kosten zur Vorbeugung und Therapie von Krankheiten gleich und seien deshalb als außergewöhnliche Belastungen anzuerkennen. Sie seien ihnen als Eltern, die für das geistige und leibliche Wohl ihrer Kinder verantwortlich seien, aus sittlichen Gründen zwangsläufig erwachsen. Andere Maßnahmen zur Behandlung und Reaktion auf den Befund „Hochbegabung” hätten ihnen bei ihren Kindern und deren persönlichen Veranlagung im Streitzeitraum in Deutschland nicht zur Verfügung gestanden. Die Anmeldung bei speziellen, auf Hochbegabtenförderung spezialisierten Schulen sei aus medizinischer Sicht die einzig erfolgversprechende Maßnahme zur Therapie der Kinder gewesen. Es gehe mithin nicht primär um Kosten für Schulausbildung und schulische Förderung, sondern um die adäquate Behandlung somatisierter Konflikte, also um die Behandlung von Gesundheitsstörungen. Hätten die Kinder bei Besuch der Normalschule nicht unter einer Gesundheitsbeeinträchtigung gelitten, hätten sie diese nicht zur puren Hochbegabtenförderung auf eine Privatschule geschickt.
Die Kläger beantragen,
unter Änderung der angefochtenen Einkommensteueränderungsbescheide vom 13. September 2001 ...