rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Zuordnung der auf eigene Rechnung betriebenen Börsentermingeschäfte zum betrieblichen Bereich
Leitsatz (redaktionell)
Bei einem Stpfl., der auch Börsentermingeschäfte auf fremde Rechnung tätigt, sind auf eigene Rechnung abgeschlossene Geschäfte dem betrieblichen Bereich zuzuordnen, wenn er sämtliche Börsentermingeschäfte über eine eigene Büroorganisation abwickelt, über jahrelange Branchenerfahrung verfügt, die Geschäfte objektiv geeignet sind, das Betriebskapital zu stärken, und subjektiv die Widmung zur betrieblichen Sphäre durch eine zeitnahe betriebliche Verbuchung bereits im Rahmen der laufenden Buchführung dokumentiert wird.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 4, § 4
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Ergebnisse einer Außenprüfung für die Streitjahre 1994 bis 1996, insbesondere darüber, ob Verluste aus Börsentermingeschäften im Rahmen des Gewerbebetriebs des Klägers berücksichtigt werden können.
Der Kläger ist Volks- und Betriebswirt und war bis einschließlich 1987 als leitender Angestellter tätig, zuletzt im Vorstand der B. Er leitete unter anderem das Ressort „Finanzen und Kapitalanlagen”. Nach seinem Ausschied aus der B wollte der Kläger seine 13-jährige Berufserfahrung auf dem Gebiet von Kapitalanlagen auf eigene Rechnung verwerten. Seit 1988 betrieb er ein kaufmännisches gewerbliches Unternehmen über Vermögensanlagen. In diesem Rahmen tätigte er hauptsächlich Differenzgeschäfte an der Terminbörse mit kurzen Laufzeiten (Börsentermingeschäfte i.S. der §§ 50 ff. BörsG) für eigene und für fremde Rechnung, insbesondere Handel mit DAX-Futures, Bund-Futures und Optionen auf diese Werte. Die Geschäfte führten zu einer permanenten Umschichtung des Vermögens. Das für den Betrieb benötigte Kapital legte der Kläger aus seinem Privatvermögen ein. Bis dahin im Privatvermögen gehaltene Wertpapiere sind dem Betrieb nicht zugeführt worden (Prüfer-Handakte, Bl. 33). Ziel war es, eine im An- und Verkauf bestehende Kursdifferenz des Optionsgegenstands (z. B. ausländische Währung, Wertpapiere) zu realisieren. Der Kläger wollte durch die spekulativen Anlagen das Betriebskapital möglichst schnell zu vergrößern, um damit eine bessere Basis für den systematischen Aufbau eines festen Kundenstamms zu schaffen; darüber hinaus beabsichtigte er, das anvertraute Kapital der Kunden zu mehren und daran durch Erfolgsprovision zu partizipieren. Langfristige, auf die Erzielung von Zins- und Dividendenerträgen ausgerichtete Kapitalanlagen tätigte der Kläger nicht.
Wie in den Vorjahren ermittelte der Kläger seinen Gewinn in den Streitjahren auf der Grundlage einer maschinellen Buchführung durch Bestandsvergleich. Sämtliche Geschäftsabschlüsse verbuchte der Kläger unmittelbar betrieblich (also nicht erst im Rahmen der vorbereitenden Abschlussbuchungen oder nach Abzeichnung der Verluste). 1988 hatte der Kläger schwerpunktmäßig Aktien-, Dollar- und brit. Pfund-Optionen erworben. Insbesondere die Dollar-Optionen führten aufgrund ungünstiger Kursentwicklungen zu großen Verlusten. Da der Kläger zur Abwicklung der hoch spekulativen Börsentermingeschäfte bei den Banken eine Sicherheitsleistung (sog. Margin) erbringen musste und das Geld dafür wegen der hohen Verluste in den ersten Jahren nur noch begrenzt vorhanden war, wurde sein Handlungsspielraum bezüglich der Termingeschäfte immer geringer.
Eine 1991 für die Jahre 1988 und 1989 durchgeführte Betriebsprüfung führte nicht zur Änderung der Besteuerungsgrundlagen. Während dieser Prüfung hatte der Kläger eine namentliche Liste von 46 Personen aus dem gesamten Bundesgebiet vorgelegt, die von ihm regelmäßig besucht und betreut wurden, um mögliche Kapitalanleger zu gewinnen. Dabei war es bis 1991 zu fünf Vertragsabschlüssen gekommen. Im Zuge der Prüfung wurde die Zuordnung der Börsentermingeschäfte für eigene und für fremde Rechnung zum betrieblichen Bereich vom Beklagten nicht in Frage gestellt, allerdings ergingen die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 1990 bis 1993 vorläufig hinsichtlich der gewerblichen Einkünfte, weil der Beklagte Zweifel an der Gewinnerzielungsabsicht des Klägers hatte. Eine Differenzierung zwischen Geschäften des Klägers auf eigene Rechnung und für fremde Rechnung erfolgte im Rahmen der Vorläufigkeit nicht.
Um sein Betriebskapital wieder zu stärken, entließ der Kläger sein Personal und betätigte sich seit 1993 zusätzlich als Berater von Versicherungsgesellschaften, Privatkunden und Unternehmen, was ihm erhebliche Gewinne einbrachte (1993: 167.350 DM; 1994: 440.150; 1995: 396.857 DM; Prüfer-Handakte, Bl. 31). Die Börsentermingeschäfte betrieb der Kläger auch in den Streitjahren 1994 bis 1996, und zwar vorwiegend auf eigene Rechnung und zu einem geringen Teil für fremde Rechnung (nach Prüfer-Handakte, Bl. 31 für insgesamt drei Kunden; nach BP-Bericht, Bl. 5 nur für einen Kunden). Die Fortsetzung der Anlagetätigkeit erklärte der Kläger damit, möglichst schnell einen Kapitalstock aufbauen zu wollen, um auch später für sich und seine Ku...